Ausgabe 41
3. Quartal 2000 " Ich habe zu Hause ein blaues Klavier Spott |
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Auf nach Jerusalem,sehr geehrte Damen und Herren,liebe Mitglieder und Freunde!Begeisterung lässt sich nicht auf Jahre einpökeln wie Heringe. Aber ein wenig davon dürfte sich über das VIII. Else-Lasker-Schüler-Forum hinaus bei den Menschen halten, die nach Wuppertal gekommen waren und etwa bei der Matinee "Ich sah das Dunkel schon von ferne kommen" gedrängt saßen wie die eingangs zitierten Fische. Einige sind danach spontan Mitglied geworden, darunter Veronica Ferres und MILVA. Mit Angela Winkler, Otto Sander und Christian Quadflieg "hat es die Exil-Literatur nicht sonderlich schwer, ihren Weg zum Leser bzw. Hörer zu finden" schrieb die "Rheinische Post", Düsseldorf. Selbst die "Westdeutsche Zeitung" musste eingestehen, dass die "Performance" von Milva (mit ihren italienischen Übersetzungen von ELS-Gedichten) im Sinne der "exzentrischen Dichterin aus Elberfeld" gewesen sei, die selbst einmal mit Tilla Durieux und Paul Cassirer "als Ausländerin aufgedonnert" durchs nächtliche Berlin zog und in einer selbst erfundenen "Fremdsprache" redete: Milvas Auftritt hätte, klar doch, Else Lasker-Schüler "unwahrscheinlich gut gefallen." "Ichundich", Gastspiel einer Kölner Theatertruppe, musste leider wegen Erkrankung der Hauptdarstellerin ausfallen. Else-Lasker-Schüler - bei der offiziellen Kulturpolitik noch immer nicht wirklich angekommen und seit 20 Jahren in ihrer Heimatstadt nicht mehr aufgeführt! - bleibt den Wuppertalern als Dramatikerin weiterhin vorenthalten. Wer enttäuscht von dannen ging, verpasste eine eindringliche szenische Lesung von Angelika Achinger: Sie gestaltete die kurze Lebens- und Liebesgeschichte der Selma Meerbaum-Eisinger, einer "Anne Frank der Lyrik" (Jürgen Serke, Hrg. ihrer Gedichte). Mit dieser Darstellung wird Angelika Achinger auch in anderen Städten der Republik auftreten; wir sind Interessenten gern behilflich. Das achte Forum ist vorbei, das neunte findet im nächsten Jahr statt. In Jerusalem! Mit einem Programm vom Feinsten. Sie, liebe Freunde, können dazu beitragen, dass dieses ungewöhnliche Vorhaben ein Erfolg wird! Noch nie hat sich eine deutsche Literaturgesellschaft in Israel vorgestellt, obwohl inzwischen 55 Jahre nach dem Ende der Nazidiktatur vergangen sind.Sie können mit dazu beitragen, dass dieses Vorhaben ein Erfolg wird, denn je mehr Mitglieder und Freunde der Dichterin bzw. unserer Gesellschaft mitfahren, desto besser unser Erscheinungsbild. |
Angelika Winkler und MILVAhaben für das Jerusalem-Forum! zugesagtDer Star aus Mailand, der im Frühsommer 2000 zwei erfolgreiche Konzerte am Tel Aviv Museum of Art absolviert hat, rezitiert beim IX. Forum unserer Gesellschaft in Jerusalem erneut einige Else Lasker-Schüler-Gedichte (auf Italienisch und, vielleicht, auf Deutsch), wird jedoch vor allem Brecht-Weill-Songs singen (24. März). Sie alle, Mitglieder und Freunde, sind eingeladen: Vom 23./24. bis 31. März 2001 in die Hauptstadt Israels, wo Else Lasker-Schüler gelebt hat und wo sie gestorben ist:Wir wandeln auf den Spuren des Prinzen Jussuf durch Jerusalem. Zum Tycho-Haus, wo der Prolog für "Ichundich" einsetzt und wo ein kleines Programm eingeplant ist. Weiter geht es zu dem Haus, wo die Dichterin gewohnt hat. Dann zum Ölberg, wo ELS gleich drei Grabsteine gesetzt sind.
Sie können die Sprache der Dichterin genießen in einem (von Brigitte Landes am Berliner Ensemble) inszenierten Einpersonenstück. Der "schwarze Schwan Israels" wird dargestellt von einer der am meisten gefeierten Schauspielerin-nen Deutschlands; das Stück, das auch dem IX. Forum den Namen gibt, trägt den Titel "Die Reise nach Jerusalem". Die Künstlerin heißt Angela Winkler ("Die Blechtrommel", "Die verlorene Ehre der Katharina Blum"). Gespielt wird am 26. März. Dichterlesungen mitprominenten Autoren Wir besuchen das Else Lasker-Schüler-Archiv in der Nationalbibliothek, das Denkmal, das ihr der Bildhauer Horst Meister (Viersen) als Zitat des Gedichts "Ich suche allerlanden eine Stadt, die einen Engel vor der Pforte hat" gesetzt hat, und die Gedenkstätte Yad Vashem. Die Lesung der Autoren Herta Müller, Ingrid Bachér, Hans Joachim Schädlich und Jürgen Serke steht unter dem Titel "Erinnern an...", und zwar am 27. März. Als Moderator ist Jakob Hessing, Jerusalem, gebeten. Aus Israel wirken die Dichter Asher Reich, Tuvia Rübner und Lev Berinski mit. Manfred Lemm, der bei einem internationalen Workshop in einer Highschool in Haifa mit Jugendlichen aus Israel und Deutschland jiddische (und hebräische) Lieder einstudiert, wird mit seinem Ensemble das Abschlußkonzert der Schüler begleiten, das nachdem gesamten Lehrgang benannt ist: "Erinnern für die Zukunft" (25.3.). Bei der Fahrt durch das Heilige Land werden die interessantesten touristischen Punkte angesteuert Qumran, Totes Meer, Massada, das römische Amphitheater von Cesarea. Wir haben die israelischen Poeten Tuvia Rübner und Asher Reich gebeten, dort ihre ins Deutsche übersetzen Gedichte zu lesen. Die Konzertsängerin Monika Fey wird Else Lasker-Schüler-Gedichten vortragen, vertont von Charles Kalman. Die Veranstaltung wird moderiert von Elazar Benyoetz, Jerusalem. Ausserdem sind Gespräche mit den Herausgebern der Kritischen Ausgabe und mit Nachlaßverwalter Prof. Paul Alsberg vorgesehen sowie mit Meira Bein. Sie ist als Mädchen mit der Dichterin verbotenerweise immer ins Kino gegangen. (Änderungen vorbehalten).Rund 2.380 DM soll der einwöchige Aufenthalt kosten, mit 5 Übernachtungen in Jerusalem und zwei am See Genezareth (4-Sterne-Hotels mit Halbpension, Transfers). Wir bieten also an mindestens fünf Abenden ein exzellentes Kulturprogramm -die Teilnehmer der "Reise nach Jerusalem" haben freien Eintritt! Nach Auskunft des Goethe-Instituts Jerusalem hat es eine solche Veranstaltungund Präsentation einer Literaturgesellschaft noch nie in israel gegeben.Noch preiswerter wird es für die Teilnehmer, die nach fünf Tagen zurückreisen oder private Quartiermöglichkeiten haben Nähere Auskünfte und Anmeldungen bitte über den Israel-Reisespezialisten "All-Tours" - Alisa Fränkel GmbH, Herrn Dieter Brosseit, Saint-Andrè-Str. 10, 41542 Dormagen. Fax 02133 299 797, Telefon... 299 799 Kostenlose Lufthansa-Zubringerflüge von allen deutschen Flughäfen, wenn wir mit der LH fliegen sollten, Verfügbarkeit vorausgesetzt. - Damit wir, vor allem Reisebüro und Lufthans disponieren können, erbitten wir Ihre baldigen Anmeldungen. Es steht nur eine begrenzte Anzahl von Plätzen in den Flugzeugen zur Verfügung. Es empfiehlt sich deshalb dringend, schon jetzt zu buchen!!! |
Liebhaber-Doppel-CD hilft Stiftung
Der WDR hat für sein 3. Fernsehprogramm die ELS-Matinee "Ich sah das Dunkel schon von ferne kommen" aufgezeichnet. Mitwirkende waren Veronica Ferres (Erich Fried-Texte), Otto Sander (Carl Einstein, Max Hermann-Neiße, Albert Ehrenstein) Christian Quadflieg (Ernst Toller, Yvan Goll, Jakob Haringer) und Angela Winkler (Else Lasker-Schüler), moderiert von Jürgen Serke. Eine 45minütige Sendung soll davon ausgestrahlt werden. Wegen der vierteljährlichen Erscheinungsweise der Rundbriefe können wir möglicherweise das Datum nicht rechtzeitig mitteilen. Wir versuchen jedoch, den Termin auf unserer Homepage (ELS.Gesellschaft. Wtal.de) bekannt zu geben und verweisen auf die Fernsehprogramme in den Printmedien. Vom gemeinsamen Mitschnitt (Masterband) der Matinee und den Rezitationen der "Else"-Gedichte von MILVA in Italienisch hat Toningenieur Raimund Rennebaum in mühevoller und langwieriger Arbeit eine Doppel-CD zusammengestellt. Angela Winkler und MILVA sind mit ELS-texten auf einer Silberscheibe vertreten (ca. 41 Minuten lang); Otto Sander, Veronica Ferres und Christian Quadflieg lesen Texte "verbrannter" Dichter, u.a. von Ernst Toller, Erich Fried, Yvan Goll, Jakob Haringer, Max Herrmann-Neiße und Albert Ehrenstein. Diese einmalige Gelegenheit sollten Sie nutzen: Vier großartige Künstler haben mitgewirkt. Nur auf dieser Doppel-CD ist diese "Sternstunde" (so die einhellige Meinung vieler Besucher der ausverkauften Vorstellung) festgehalten. Die Doppel-CD ist nur über uns zu bekommen, so lange der kleine Vorrat reicht. Von der limitierten Auflage bieten wir 20 Stück zum Kauf an. Die höchsten Gebote erhalten als (abzugsfähige) Spende den Zuschlag. Der Erlös dieser im Handel nicht erhältlichen CD fließt in die Stiftung "Verbrannte und verbannte Dichter/KünstlerInnen". Der Mindestpreis liegt bei 100 Mark. Wir erwarten Ihre Angebote schriftlich: Else Lasker-Schüler-Gesellschagt, Kolöingstr. 8, 42103 Wuppertal. Erinnern an vergessenen DichterIn Gelsenkirchen, also im Ruhrgebiet, hat sich die "Paul-Zech-Gesellschaft" vorgestellt. Vorsitzende und Gründerin ist die Argentinierin Mabel Sabadin. Die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft ist mit der neuen Literaturvereinigung eine Mitgliedschaft auf Gegenseitigkeit eingegangen. Denn die beiden Namenspatrone sind aufs engste miteinander verknüpft: Der 1881 in Westpreußen geborene, in (Wuppertal-) Elberfeld aufgewachsene Dichter Paul Zech rebellierte aus "sozialem Idealismus" gegen kaiserliche Politik und die Macht des Geldes. Ob er unter Tage gearbeitet hat, wie er selbst behauptet, ist umstritten. Das Einwohnerregister Wuppertals weist ihn als Bäckerlehrling aus. Auch die Biografie seines Vaters hat Zech nach Belieben ausgemalt. Er bietet ihn wechselweise als Pfarrer, Lehrer oder Bergmann an. Den Bergleuten jedenfalls widmet er seinen ersten wichtigen Lyrikband "Das schwarze Revier". Kohle war für ihn" der schwarze Baal", bei dem die Arbeiter ausbeuterisch "auf das alltägliche Kreuz" genagelt wurden. Zech war zugleich fasziniert von den Arbeitsbedingungen in 1000 Metern Teufe unter der Erde, von den geologischen Schichten und "der Schwärze dort unten". In seiner Lyrik beklagt Zech die Verdinglichung der Menschen durch den Arbeitsprozess, durch die Anpassung der Menschen an die Maschine und die Folge daraus, dass die Arbeiter sich dem eigentlichen, nämlich instinktiv-schöpferischen Leben entfremden. Dagegen revolutionieren? Das ist die Sache des oft als "Arbeiterdichter" bezeichneten, mit der Sozialdemokratie sympathisierenden Zech nicht. Seine Freundin aus Elberfelder Tagen, Else Lasker-Schüler, holt ihn 1912 nach Berlin.Kennen gelernt haben dürfte er die Dichterin "in einer Runde Elberfelder LiteraturjüngerInnen, die sich im Literatencafé der Stadt für die Verse Stefan Georges und Reiner Maria Rilkes begeistern", so der ebenfalls aus Elberfeld stammende Berliner Autor Jörg Aufenanger. Und weiter: George und Rilke "hinterlassen dann auch deutliche Spuren in den ersten Gedichten Zechs. Aber die Luft für Literatur in dieser Stadt ist zu dünn. &Mac226;Hier wird für alles Mögliche Geld ausgegeben, nur nicht für Gedichte', schreibt Zech an Georg Heym und fügt später hinzu: &Mac226;Nur den Kaufmann läßt die graue Luft hoch'. " Else Lasker-Schüler widmete ihm ein Gedicht, in dem es heißt, dass Paul Zech seine Verse wie mit der Axt schreibe. Und, an anderer Stelle: "Er ist der einzige Heimatdichter im großen Stil".Zech war Expressionist, der in pathetischen Appellen die geschundene Kreatur feierte. Darin lag seine belletristische Stärke: Sehet, was Menschen Menschen antun! Eine seiner schönsten und zugleich bösesten Geschichten ist "Das Pferdejuppchen" von 1917: Ein 14jähriger, der Grubenpferde betreut, wird von dem durch ein Unglück abgetrennten Schädel seines Lieblingsgauls erschlagen.Ähnlich wie die Lasker-Schüler hat auch Zech seine biografischen Daten nach eigenem Gutdünken gedeutet und das Wupper-Tal nie ganz verlassen. Immer wieder taucht es auch in seinem Werk auf. Im Schauspiel "Der Turm" und in der Novelle "Das Ereignis" schildert Zech den religiösen Fanatismus der Sekten, in seinem wichtigsten Roman der zwanziger Jahre, "Peregrins Heimkehr", beschreibt er die sozialen Gegensätze der Stadt. In vielen seiner Gedichte ("Gardinenweberstadt"", "Aus den Fenstern eines Kesselhauses") drücken sich seine hier gemachten sozialen Erfahrungen aus; u.a. hat er an der Wupper als Packer und als Heizer in einer Kesselfabrik gearbeitet. |
Selbst im fernen Exil in Argentinien beschäftigte ihn die Schwebebahnstadt weiter. In dem Nachlass-Roman "Deutschland- Dein Tänzer ist der Tod" spielt ein zentrales Kapitel in Elberfeld, in dem Zech den Terror der SA, aber auch den Widerstand gegen die Nazis beschreibt. In Berlin hat er sich als Dramaturg, Übersetzer, Lektor, Redakteur und PR-Texter durchgeschlagen. Daneben gab er von 1913 bis 1920 mit Gleichgesinnten die Zeitschrift "Das neue Pathos" heraus
Auf der Flucht vor den Nazis gelangte er über Prag und Paris nach Argentinien, wo er in Buenos Aires Fuß zu fassen versuchte. Das gelang ihm nicht. Er musste sich in armseligen Verhältnissen abquälen, hungerte, hoffte auf einen literarischen Durchbruch, versank in einen Dämmerzustand des Außenseiters und Verzweifelten. 1946 starb er vereinsamt in Argentinien, nachdem er eine Villon-Biographie gerade noch abgeschlossen hatte.Wie der französische Vagabund fühlte sich Paul Zech als Außenseiter, "der schrieb, um zu überleben - mit äußerster Mühe und wenig Gewinn. Ein Autorenschicksal, wie es viele gab und noch gibt" (Hans-Jörg Loskill). Doch in seinen weit verstreuten, in verschiedenen Verlagen erschienenen acht Gedichtbänden, acht Romanen, 28 dramatische Stücken, Essays und Novellensammlungen lebt er weiter. Der Aachener Shaker Verlag hat sich um Paul Zech verdient gemacht, in dem er 1998/99 fünf Bände "Auserwählte Werke" herausgab, verantwortet von Bert Kasties und Dieter Beuer, zusammengestellt am Germanistischen Institut der TH Aachen. Die Agentur "Interpress" hat 1956 über den Dichter aus Elberfeld geschrieben:"Viele kehrten nach 1945 zurück, Prominente und Namenlose. Andere starben und verdarben in der Fremde: unter ihnen Paul Zech, der sich so sehr danach gesehnt hatte, mit einem Volk das reiche, erworbene Gut seiner seiner südamerikanischen Jahre zu teilen. Breitschultrig, gedrungen, mit massivem, kantigen Schädel meisterte er sein Los. Er war Hausierer zwischen den Lagerschuppen und Gefrierballen am Hafen der argentinischen Hauptstadt, umschritt tausendmal den Bahnhof namens &Mac226;Verfassung'. Er war nicht daheim am Märchenstrand von Copacabana, auf der Sonnenseite der Reichen und Übersatten. Paul Zech schrieb Briefe an die Lieben in der Heimat und schickte die Grusszeilen niemals ab, wohl um die Macht der Zensur wissend." In der Wuppertaler Stadtbibliothek, in der sich auch das Else-Lasker-Schüler-Archiv und das Armin T. Wegener-Zimmer befinden, schlummert eine nahezu einzigartige Sammlung von Zech-Büchern, Briefen und Handschriften. In einem Lebenslauf für eine 1919 erschienene Anthologie über den Expressionismus fordert Zech den Leser auf: "Bestrafe mich nicht, in Museen zu verstauben." |
Nachrichten aus der ELS-GesellschaftNeu eingetreten: Julia Alexandra Noack, Köln; Bettina Pedersen, Slagelse, Dänemark; Michaela Heiser, Langenfeld; Harald Theinken, Schweinfurt; Angelika Krtil, Armin Juhre, Ursula Heller, Renate Engel, Renate und Hans-Joachim Flohr, Lilo Westbeld, Ulrike Hülsmann-Günzing, Elke Riess - alle Wuppertal; Gabriele Schnabel, Velbert; Angelika Achinger, Kranenburg; Veronica Ferres, München, MILVA, Mailand; Michael Rohrwasser, Berlin; Ulrike Kutzleb, Hilden; Franz Hannig und Christian Peiseler, Remscheid; Oliver Vollbrecht, Düsseldorf; Sylvia Mandt, Solingen; Ingo Plueckhahn, Moers; Jürgen Löchter, Witten.
"Erlkönigs Tochter"überschrieb Andreas Wilink seinen Beitrag zum 65. Geburtstags von Sarah Kirsch, aus dem wir hier zitieren: "Das ist lyrische Gangart: den Dingen auf allmählich näher kommen. Ihr dichterischer Impuls ist die Sehnsucht: das Land der Küsten und Winde, des Regens und Moors (den sie &Mac226;Schwingrasen' nennt) mit der Seele suchend. Diese Stimme - obschon ganz und gar eigen - ist Echo auch etwa auf die Lyrik Goethes, auf Stifters &Mac226;sanftes Gesetz' und &Mac226;kosmisches Erschrecken', auf die Droste und natürlich Heine als Dichter der &Mac226;Nordsee' und &Mac226;Harzreise', wo die Kirsch am 16. April 1935 in Limlingerode geboren wurde. Das vergängliche ist ihr Thema - unvergänglich." Hai (Heinrich) Frankl, geboren in Bad Charlottenbrunn, heute Polen, aufgewachsen in Wiesbaden, wohnhaft in Stocksund bei Stockholm, ist 80 geworden. Wir gratulieren aus vollem Herzen! Freunde richteten ihm auf der Burg Waldeck eine Feier aus. Der Jubilar - von bündischer Jugend und Quäkern vor den Nazis gerettet und nach Schweden geflüchtet - wurde im Exil und später auch in der BRD bekannt durch seine Bellman- und Jiddische Arbeiterlieder, die er mit seiner Frau Topsy auf Platten und bei zahlreichen Konzerten (auch auf der Waldeck) vorstellte. Die wichtigsten Aufnahmen von "Hai und Topsy" sind soeben in einer Kassette mit 4 CDs bei "Thorofon" erschienen und ihr S. Fischer-Taschenbuch "Jiddische Lieder" ist im Gütersloher Verlag unter dem Titel "Wenn der Rabbi singt" neu heraus gebracht worden. Beim "Surfen": Wir haben zwar bereits Mitglieder in Nordeuropa, sind aber jetzt mit Bettina Pedersen erstmals auch in Dänemark vertreten. Sie hatte sich über das Internet angemeldet: "Ich habe mich in letzter Zeit wieder einmal stärker mit ELS beschäftigt, die mich schon lange fasziniert. In diesem Zusammenhang bin ich beim &Mac226;Surfen' sehr schnell auf Sie gestoßen. Und Ihre Zielsetzung und Aktivitäten sprachen mich ganz spontan an. Gerade das Schicksal der verb(r)annten Dichter ist auf so traurige Weise symptomatisch, weil es zeigt, wie Inhumanität zuerst geistig und dann mit gnadenloser Folgerichtigkeit auch physisch ausgeübt wird, wie wichtig daher die Verteidigung der geistigen Freiheit und der Menschenwürde ist, und nicht zuletzt wie unentbehrlich die geschriebene Erinnerung in diesen so vergessensseligen Zeiten als individuelles Zeugnis und Lernmaterial für die Zukunft ist. Literatur kann sich ja zum Glück auch ohne Anwesenheit des Autors unmittelbar an den Leser/Zuhörer wenden... Unmittelbarer Auslöser für mich war dann noch Ärger, ganz konkret über die neuesten kultur- und menschenfeindlichen Schlagzeilen aus Österreich, die es sehr viel stiller und unauffälliger auch hier in Dänemark gibt, sozusagen ein &Mac226;jetzt-reicht's-mir-wo-sind-die-vernünftigen-Leute-Effekt. Darum also gerade jetzt und hier. Med mange venskabelige hilser - Ihre Bettina Pedersen". |
Wir trauern um... ...Alphons Silbermann. Im Februar war der "Flaneur des Jahrhunderts" noch in Wuppertal bei einer Lesung. Er klagte über eine Erkältung und freute sich auf die Veranstaltung im Museum Baden in Solingen. Dort wollte er in der Ausstellung "Verfemt. Vergessen. Wiederentdeckt" sein jüngstes Werk vorstellen, über "Erinnern und Vergessen in Deutschland: Auschwitz - nie gehört?".
Seine letzte wissenschaftliche Arbeit (mit dem Pädagogen Manfred Stoffers) hatte erschreckende Wissenslücken über den Holocaust bei der zweiten, dritten Nachkriegsgeneration aufgedeckt. Für viele Jugendliche ist Auschwitz leider kein Thema mehr. In seiner Autobiografie "Verwandlungen" markierte Alphons Silbermann die Rollen seines 9ojährigen Lebens: "Jurist, Musiker, Emigrant, Drucksachenverkäufer, Kellner, Hamburger-König, Privatgelehrter, Homosexueller, Soziologe, Universitätsprofessor, Jude." Mitglied der ELS-Gesellschaft war er, "um die Idee eines Zentrums der verfolgten Künste zu unterstützen". Dass möglicherweise ein solches Museum im israelischen Raanana verwirklicht werden könnte, nannte er "eine wichtige Ergänzung. Doch in Deutschland mit seiner barbarischen NS- und der DDR-Diktatur ist das eine Notwendigkeit." Der Doyen der Kultursoziologie war in den 50er Jahren aus dem australischen Exil zurückgekehrt. Er starb am 4. März 2000 in seiner Geburtsstadt Köln. Autoren in der GesellschaftAstrid Freyeisen hat ein Buch über Shanghai und die Politik des "Dritten Reichs" veröffentlicht. Nachdem die Autorin bereits im Band "Zwischen Theben und Shanghai" (Oberbaum Verlag, Berlin) vertreten ist, legt sie nun eine umfangreiche Publikation zu diesem spannenden, aber wenig bekannten Thema vor. Zu Shanghais berüchtigtem Ruf als Metropole des Lasters, des Geldes und des Abenteuers passen die dortigen Nationalsozialisten in bizarrer Weise: 1932 gründeten kaufmännische Angestellte die NSDAP-Ortsgruppe gegen die Widerstände alteingesessener Firmenchefs. Sie verspotteten das nationalistische Gehabe im kosmopolitischen Shanghai. NS-Gedankengut war durch Chiang Kaisheks Militärs nach China gekommen. Mit der Machtergreifung der Nazis in Deutschland stieg die Zahl der PGs in der Hafenmetropole auf bald 300 (bei insgesamt rd. 2400 Deutschen). Der NSDAP gelang es Zug um Zug, die Organisationen der Deutschen gleichzuschalten. Aus Pfadfindern wurde die Hitler-Jugend, aus der evangelischen Frauenhilfe die NS-Frauenschaft, und auch eine SA entstand. |
Mit Kriegsbeginn rückte Shanghai in die Position eines Spionagezentrums auf. Der wohl bekannteste Propagandist war Klaus Mehnert, späterer Erfolgsautor mit Büchern über Asien. SS und Gestapo überwachten die Deutschen in Shanghai, wo unterdessen rd. 18.000 meist jüdische Flüchtlinge eingetroffen waren, die 1943 von der japanischen Besatzungsmacht in ein Ghetto mit katastrophalen Zuständen eingewiesen wurden. Ob die Deutschen dafür verantwortlich waren, wird im Buch ebenso diskutiert wie Gerüchte über ein geplantes KZ in Shanghai.Astrid Freyeisen: "Shanghai und die Politik des Dritten Reiches", Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg, 544 Seiten, ISBN 3-8260-1690-4, DM 126,--
Waltraud Weiß hat wieder ein Buch herausgegeben. Die im Titel genannten "Kids, Kinder, Knirpse" erklären "alles! Und Bücher sind mein Kindersatz", sagt sie. Zudem: " Das ist eigentlich eine Fortsetzung zu &Mac226;Ich liebe Pflaumenmarmelade und Salzgkurken'. " "Ich liebe... Kids, Kinder, Knirpse", 90 Seiten, gebunden; illustriert von Margarete Wohlfarth.ISBN 3-9806002-2-X, Verlag Wort und Mensch, Köln, Preis DM 25,-- Stefanie Stockhorst vom Seminar für Deutsche Philologie an der Georg-August-Universität Göttingen hat eine neue Arbeit über ELS geschrieben: " &Mac226;Ich, nein, bin ja kein Tristan und nicht Isolde.' Überlegungen zur Androgynität Else Lasker-Schülers im Spiegel ihrer Pseudonyme". Ein Verlag wird z. Z. noch gesucht. Hans Dieter Zimmermann, bereits im neuen Almanach der ELS-Gesellschaft mit einem Beitrag über die Gräben in der deutschen Literatur vertreten, hat dieses Thema in seinem neuesten Buch vertieft: "Literaturbetrieb Ost/West. Die Spaltung der deutschen Literatur von 1948 bis 1998". Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 214 S., DM 44,-- "Buch des Monats" wurde im April 2000 "Die Zukunft sitzt uns im Nacken" von Elazar Benyoetz ("mein Lebenswerk"). Der bei Hanser erschienene Band wurde von einer Jury ausgewählt, der u. a. W. Genazio, G. Stachelmeier, W.H.Fritz, R.Michaelis, P.Härtling und P. Benz angehören. Dieses Gremium wählt aus der Halbjahresproduktion aller deutschen Verlage ein als besonders wertvoll angesehenes Buch aus. Caroline Tudyka, Paris, hat Else Lasker-Schüler-Gedichte ins Französische übersetzt; sie wurden von Wolfgang Schmidt in seiner Homepage veröffentlicht - über ein Link von den Internetseiten der ELS-Gesellschaft schnell zu erreichen oder direkt über: "www.laskerschuler.de". Dort finden Sie unter "Poèmes en francais" u.a. "Sulamite", "Mère" , "Mon peuple", "Jerusalem" oder "Mon piano bleu". Hier noch einmal unsere Internet-Adresse, weil im letzten Rundbrief wieder ein Zeichen falsch war, sorry: "ELS.Gesellschaft.Wtal.de".Mailingliste im Netz |
Unsere Homepage "www.ELS.Gesellschaft.Wtal.de" ist einmal mehr modernisiert worden: "Webmaster" Uwe Platzek installierte eine Mailingliste. Wenn Sie über Änderungen, Aktualisierungen oder neue Links unserer Website automatisch informiert werden möchten, dann teilen Sie uns doch bitte Ihre E-Mailadresse mit, damit diese in die Mailingliste eingetragen werden kann. Natürlich können Sie das per E-Mail machen, aber es geht auch über unser modifiziertes Anmeldeformular im Netz.
"Netdays" zum Thema Zensur Das von der Else-Lasker-Schüler-Stiftung "Verbrannte und verbannte Dichter" und "Schulen ans Netz (SaN)" initierte Internet-Archiv "Exil-Club" wird deutsche Schüler auffordern, an dem Europa-Projekt "Netdays" teilzunehmen. Gesucht wurde ein Thema, das im gesamten Abendland von Relevanz ist. Unser (akzeptierte) Vorschlag lautete "Zensur", denn das ist eine (traurige) Konstante in der europäischen Geistesgeschichte. Zensur gab es sogar in der jungen Bundesrepublik, in verschärfter Form in der Sowjetunion, der DDR, in den damals noch faschistischen Staaten Spanien und Portugal, heute noch in der Türkei, in Jugoslawien und wieder in Rußland. Und im Internet ist das ein ganz heißes Thema. Nach den Ferien werden unsere Aktionen in den Schulen anlaufen. Shi Ming, Publizist und Mitglied in der ELSG, wird vom 7.-9.September in Newcastle an der Konferenz "Zensur: Phänomenologie, Repräsentation, Kontexte" teilnehmen. Wir werden darüber auf unseren Websites berichten.Unsere Mitglieder, die keinen Zugang zum Internet haben, bitten wir um Nachsicht. Aber wollen wir die jungen Generationen erreichen und die Erfahrungen weitergeben, die verfolgte Künstler und Intellektuelle wie Else Lasker-Schüler und andere gemacht haben, müssen wir uns der neuen Medien und Techniken bedienen - da mag Jeanne Moreau noch so sehr darüber klagen, dass wir heutzutage zu viele Ingenieure und zu wenige Poeten hätten. Die Mischung macht's. In diesem Sinne wünschen wir Ihnen einen schönen Sommer mit viel Poesie.Herzlich Ihr Hajo Jahn |
Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e.V. * Kolpingstraße 8 * 42103 Wuppertal; Telefon & Fax: 0202 30 51 98 e-mail: ELS.Gesellschaft@Wtal.de Homepage: http://www.els.gesellschaft.wtal.de Vorsitzender: Hajo Jahn; Stellvertreter: Dr. Klaus Becker; Schatzmeister: Herbert Beil; Schriftführerin: Renate Dohm; Pressesprecher: Christian Sabisch; Beisitzer: Wendla Boettcher-Streim, Monika Fey und Prof. Dr. Manfred Brusten sowie die Autoren Herta Müller, Hans Joachim Schädlich und Jiri Grusa. Bankverbindungen: Stadtsparkasse Wuppertal, BLZ 330 500 00 Beitragskonto: 968 768 / Spendenkonto: 958 900 Stiftung "Verbrannte und verbannte Dichter-/ Künstler-innen": Stadtsparkasse Wuppertal, BLZ 330 500 00 Konto: 902 999 Homepage der Stiftung "Verbrannte und verbannte Dichter-/ Künstler-innen": www.Exil-Archiv.de |
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