|
Sehr
geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder,
wir freuen uns,
Ihnen den Start des Zentrums der verfolgten Künste und Intellektuellen
melden zu können. Im Internet ist dieses wichtige Anliegen der
ELS-Gesellschaft – und damit vieler Mitglieder - verwirklicht
worden: Realisiert im Nicht-realen. Die Agenturen dpa, DDP und epd,
die Süddeutsche Zeitung, TAZ, Rheinische Post, „Focus“,
die Deutsche Welle sowie Zeitungen in der Schweiz, in Österreich,
Bolivien, Mexiko und in der Dominikanischen Republik berichteten über
das am 24. Januar 2004 gestartete Projekt in Spanisch, Portugiesisch
und Deutsch wie folgt:
„Veronica
Ferres, Angela Winkler sowie Hannelore und Nina Hoger haben die Pa-tenschaft
für das Virtuelle Zentrum der verfolgten Künste und Intellektuellen
über-nommen. Dieses museumsähnliche Internetprojekt mit dem
Titel Exil-Archiv.de’ soll nach Angaben der Else-Lasker-Schüler-Stiftung
Verbrannte und verbannte Dichter und Künstler’ in Wup-pertal
eine andere Form der Erinnerungsarbeit darstellen als herkömmliche
Denkmäler. In einem ständigen Prozess sollen auf den Internetseiten
Biografien von verfolgten Dichtern, Journalisten, Malern und Musikern,
Architekten und sogar von Sportlern, Filmemachern und Fotografen, Natur-
und Geisteswissen-schaftlern ins weltweite Netz gestellt werden: Persönlichkeiten,
die Vorbilder sein könnten in einer vorbildlosen Zeit. Themengebiete
sind Verbrennen, Zensur und Verbieten von Büchern und Zeitungen,
Widerstand und Exil in der NS-Zeit, der DDR und in der Gegenwart.
Die Patinnen haben die Schirmherrschaft auch deshalb übernommen,
weil die vor den Nazis geflohene Jüdin Else Lasker-Schüler
eine herausragende Dramatikerin war. Zudem gab es unter den Exilanten
zahlreiche Bühnenkünstler wie zum Beispiel Max Reinhardt,
Elisabeth Bergner oder Peter Lorre. Und weil man den vielen Neonazi-Aktivitäten
im weltweiten Netz etwas Kreatives entgegenstellen will, das junge Leute
anspricht.
Bei dem Virtuellen
Zentrum der verfolgten Künste handelt es sich um ein Gemein-schaftsprojekt
von Else-Lasker-Schüler-Stiftung Verbrannte und verbannte Dich-ter/Künstler’
und dem Museum Baden (Kunst-Museum der Stadt Solingen). Partnerschaftliche
Zusammenarbeit gibt es dabei mit dem Institut für Germanistik II
der Walter-A.-Berendsohn Forschungs-stelle für deutsche Exilliteratur
an der Universität Hamburg sowie mit der Aktion Courage/SOS Rassismus,
Berlin/ Bonn, der Arbeitsgemeinschaft Frauen im Exil und der Guernica-Gesellschaft,
Karlsruhe. Weitere Kooperationen sind geplant, verschiedene „Links“
geschaltet. Fernziel ist ein reales Zentrum der verfolgten Künste
und Intellektuellen; erste Bilder- und Büchersammlungen dazu gibt
es bereits.“ – Soweit die Pressemeldung.
Veronica
Ferrres u. Hannelore Hoger
Nina Hoger u.
Angela Winkler
Die Patinnen Veronica
Ferres, München, Nina Hoger, Köln, Hannelore Hoger, Hamburg,
und Angela Winkler, Berlin, sind Mitglieder der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft.
Ihnen gilt unser Dank!
Auskünfte
geben:
Die Redakteurin Ulrike Müller, Telefon 0202 – 9463 867/ ELS-Stiftung
„Verbrannte und verbannte Dichter/Künstler“, Telefon
0202 – 305198
Dr. Rolf Jessewitsch, Direktor Museum Baden, Solingen, Telefon 0212
– 25814(0)12.
Mit dem Internetportal
sind die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft und –Stiftung einem
realen Zentrums ein Stück näher gekommen. Wie das aussehen
könnte, ist auf den Internetseiten als visueller Beitrag dargestellt:
Eine bei der TU Berlin eingereichte Diplomarbeit der jungen Architektin
Sandra Schwebel „zur Realisierung des Zentrums am Beispiel des
Museums Baden in Solingen“. Wie und was ein reales Zentrum inhaltlich
zeigen könnte, demonstrier(t)en zwei Ausstellungen: In der Saar-landvertretung
Berlin wurden Teile der Sammlung Jürgen Serke unter dem Titel „Liebes-
und Musengeschichten. Das fragile Glück im Unglück von Verfolgung
und Exil“ vorgestellt. Und das St. Annen-Museum in Lübeck
präsentiert bis zum 16. Mai die Sammlung Dr. Gerhard Schneider
„Expressive Gegenständlichkeit. Schick-sale figurativer Malerei
und Graphik im 20. Jahrhundert“.
Logo des Zentrums der verfolgten Künste
Relativ viele Zugriffe
von „Usern“ aus aller Welt auf das „Exil-Archiv“
bestätigen un-sere Bemühungen. Sie sind Anerkennung für
das Team mit Ulrike Müller, Brendan Botheroyd und Webmaster Peter
Chlistow-ski in Wuppertal, aber auch für Sie alle, die Mitglieder,
die unsere Arbeit durch die Mitgliedschaft unterstützen.
Wir danken Ihnen, unseren Mitgliedern, insbesondere
allen Spendern, für die För-derung dieses Anliegens. Das Exil-Archiv
bietet zudem allen Interessenten die Möglichkeit, aktiv mitzuhelfen:
So sind wir dankbar etwa für Hinweise aus den Städ-ten unserer
Mitglieder über Widerständige, die keine großen Namen
tragen und die heute weitgehend vergessen sind. Oder die als Immigranten
in der Bundesrepublik leben. Manuskripte sind ebenfalls willkommen.
Herzlich Ihr
Hajo Jahn
Peter Hille-Feier
Der Dichtervagant
Peter Hille war eine der zentralen Persönlichkeiten im Freund-schaftsgeflecht
von Else Lasker-Schüler. Auch deshalb ist die ELSG mit der Hille-Gesellschaft
in Ostwestfalen kooperativ verbunden, die vom 10. bis 12. September
2004 ein „Jubiläumswochenende zum 150. Geburtstag und 100.
Todestag“ des Vagantendichters ausrichtet. Dazu schrieb Vorsitzender
Helmut Birkelbach: „Zum 25. Todestag im Mai 1929 reiste Else Lasker-Schüler
eigens aus Berlin nach Erwitzen, um an einer Feier teilzunehmen, die
ein großer Verehrer und späterer Biograph Hilles, Alois Vogedes,
zusammen mit dem Eggegebirgsverein Bad Driburg dort veranstaltete. Dieser
weitere Beweis für die große Huldigung, die E.L.S. zeitlebens
ihrem großen Mentor entgegenbrachte, spielt bei der Ausrichtung
unseres diesjährigen 24. Hille-Wochenende eine große Rolle“.
Helmut Birkelbach wird am 11. September 2004 um 17 Uhr über „Peter
Hille aus der Sicht Else Lasker-Schülers“ referieren.
Peter Hille
Um 15 Uhr beginnt
die Professorin Dorothee Ostmeier von der University of Oregon, USA,
mit dem Vortrag „Else Lasker-Schüler über Peter Hille“.
Er nannte sie den „schwarzen Schwan Israels“. Sie hatte
ihn in der „Neuen Gemeinschaft“ in Berlin kennen gelernt,
wo es u.a. um eigene Standpunkte in einer zunehmend materialistisch
werdenden Welt ging. Dieser Gruppierung gehörten so unterschiedliche
Geister wie Peter Hille - den sie mit christlichen Motiven in einem
eigenen „Peter-Hille-Buch“ besang - Gustav Landauer, der
spätere Verfechter der Bayrischen Räterepublik, und der aus
Galizien stammende Martin Buber an.
Anmeldungen und weitere Informationen - auch über die CD, auf der
Christian Quadflieg Texte von Hille liest - über: Peter-Hille-Gesellschaft,
H. Birkelbach, Am Enskeberg 13, D-33039 Nieheim. Tel. 05274 –
404. –
Wir haben inzwischen geholfen, der be-freundeten Organisation eine (mit
uns zudem verlinkte) Homepage einzurichten:
www.peter-hille-gesellschaft.de
135. Geburtstag
E. L. S.
Am 11. Februar 1869
wurde die Dichterin in Elberfeld geboren. Daran erinnerte in der Berliner
Ausstellung „Liebes- und Musengeschichten. Das fragile Glück
im Unglück von Verfolgung und Exil“ ein eigener Raum für
Else Lasker-Schüler. Die Landesvertretung des Saarlandes, die Gastgeber
dieser vierwöchigen Präsen-tation der Sammlung Jürgen
Serke war, konnte durch Vermittlung unserer Gesell-schaft erstmals (!)
15 Originalzeichnungen ausstellen, die 1937 aus der Berliner Nationalgalerie
von den Nazis als „entartet“ entfernt worden waren.
*
„Es dürfte
kaum einen Dichter geben, der mehr Briefe geschrieben hat als Else Lasker-Schüler“,
erklärte Prof. Heinz Rölleke, einer der Herausgeber der Kritischen
ELS-Ausgabe im Jüdischen Verlag/Suhrkamp. Sein Kollege Prof. Norbert
Oellers fügte ergänzend hinzu: „Trotz Tausender von
Briefen ist sie dennoch wohl die Dichterin, über die wir am wenigsten
wissen. Denn über sich selbst, über die Bücher, die sie
gelesen, über die Autoren, die sie beeinflusst haben könnten,
ist nichts überliefert. Es existieren keine Tagebücher, die
diesen Schleier der Geheimnisse, wer sie wirklich war, lüften könnte.“
Wie witzig und anrührend,
wie zum Weinen komisch und oft auch erschütternd diese Briefe sind,
kann man in diesem ersten von mindestens drei Briefbänden nachlesen.
Wem sich Texte der Lasker-Schüler sonst nicht erschließen,
der sollte die Briefe lesen, die allerdings eine Einbahnstraße
sind. Denn die Korrespondenz stammt ausschließlich von Else Lasker-Schüler,
Antwortbriefe sind nicht überliefert. Das ELS-Archiv der Stadtbibliothek
Wuppertal präsentierte dazu gemeinsam mit dem Historiker Prof.
Klaus Goebel Autografen der Dichterin anlässlich der Geburtstagsfeier,
die in der Wupper-taler Buchhandlung Köndgen veranstaltet wurde.
Die Herausgeber Norbert Oellers, Bonn, und Heinz Rölleke, Wuppertal,
stellten mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Stefan Neumann den „Brief“-Band
der Kritischen Gesamtausgabe vor und mit Hilfe der einfühlsam rezitierenden
Schauspielerin Claudia Gahrke, Solingen, unter Beweis, daß ELS
nicht der „Germanistenschreck“ ist, wie Erich Fried einst
behauptete.
Weil auch das zu einem Geburtstags gehört, konnten die Zuhörer
in der von Christian Sabisch moderierten unkonventionellen Feier auf
das Wohl des Prinzen von Theben anstoßen. Der Wermutstropfen ist
der Preis, den dieser Band hat: 124,--Euro.
*
In der Zeitschrift
„Der Literat“ schrieb Robert Erdmann zum Geburtstag
der Dichterin eine Serie unter dem beziehungsreichen Titel „Wer
war Else Lasker-Schüler?“ in den Ausgaben Januar/Februar
und März/April 2004. Die Artikel sorgen für einige Klarstellungen,
etwa wenn es heißt: „Bis 1993, als Jakob Hessing Die Heimkehr
einer jüdischen Emigrantin’ im Max-Niemeyer-Verlag veröffentlicht
und antritt, der Rezeption historische Manipulation’ nachzuweisen,
sind die Ergebnisse der Berührungen von Werk und Lebensgeschichte
teils mythifizierend, teils entstammen sie Identifika-tionen oder Weiterreichungen
der Le-gendenbildung. Versachlichung, wie sie Jürgen Serke mit
dem Kapitel über ELS in seiner Anthologie "Die verbrannten
Dichter" anstrebt, bleibt eher die Ausnahme. In kleinen Theatern
halten szenische Lesun-gen zur Lasker-Schüler-Gottfried-Benn-Beziehung
Hof für eine voyeuristisch interessierte Fangemeinde.“
Im zweiten Teil der Serie geht es u.a. um das authentische Else Lasker-Schüler-Haus
und das Exil der Dichterin. - Zu bestellen ist „Der Literat“
über Postfach 191923, 14008 Berlin, Fax 030 – 30107006, Einzelpreis
7,60 €.
*
„Else Lasker-Schüler
zum 135. Geburtstag“ war eine Benefizveranstaltung am 28. März
in der Friedenskirche Bochum gewidmet, zugunsten einer Synagoge, mitgestaltet
von der ELS-Gesell-schaft. Der „Freundeskreis Bochumer Synagoge“
hilft so bei der Baufinanzierung. Die Stadt Bochum hat bereits ein Grundstück
zur Verfügung gestellt. Zur Zeit zählt die Jüdische Gemeinde
Bochum-Herne-Hattingen fast 1.100 Mitlieder. Ihre religiösen und
weltlichen Veranstaltungen müssen in einer ehemaligen Stadtbiblio-thek
durchgeführt werden.
*
Ulrike Schrader
hat in dem Band „Geschichte im Wuppertal“ des Bergischen
Geschichtsvereins „Neuigkeiten über den Maler Alfred Jacob
Schüler“ unter dem Titel „Dem ältesten bin ich
ein fremdes Kind geblieben...“ veröffentlicht. Der Bruder
der Dichterin lebte verarmt in Hamburg. In der Todesanzeige heißt
es, daß der „Kunstmaler Alfred Schüler, wohnhaft Hudtwalckerstraße
22, im Universitätskrankenhaus Eppendorf am 3. Juli 1938 an Anämie,
Greisentum und Herzschwäche im Alter von 79 Jahren verstorben ist“.
Im Bildarchiv Preussischer Kulturbesitz in der Hamburger Kunsthalle
befindet sich das von Alfred Schüler gemalte Aquarell „Zwei
Segelboote“.
*
Mit einem Else Lasker-Schüler-Abend
(„Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen...“)
eröffnete Carmen Renate Köper ihren ganzjährigen „Literarischen
Salon“ im Frankfurter Holzhausschlösschen.
Weitere Veranstaltungen waren Ingeborg Bachmann und Sylvia Plath gewidmet,
geplant sind Abende u.a. über Dorothy Parker, Ricardfa Huch (siehe
auch Termine).
*
Die Gesamtschule
Else Lasker-Schüler in Wuppertal richtete am 11. Februar eben-falls
eine „Geburtstagsfeier“ für die Namenspatronin aus.
Uraufgeführt wurde dabei eine Vertonung des Gedichts "Viva"
für Stimme, Bass, Klarinette und Baghlama (orientalische Langhalslaute)
von Uli Klan. Zum weitgehend von Jugendlichen gestalteten Programm gehörte
auch die Vertonung von A.T. Wegners "Der Riese Landschaft"
, Musik von George Dreyfus.
*
Die Deutsch-Israelische
Gesellschaft in Münster plant, den Else-Lasker-Schüler-Abend
von Hannelore Hoger (Rezitation) und Reinald Noisten (Klarinette - evtl.
mit seinem Ensemble) bundesweit zu organisieren, auch in Zusammenwirken
mit der ELS-Gesellschaft. – Weitere Lasker-Schüler-Programme
von Schauspielerinnen unter unseren Mitgliedern sind über das „Else-Büro“
in Wuppertal zu erfahren.
Blue Velvet
für die Ohren von ELS-Fans
Ab sofort hat das
Berliner Artist Mana-gement von Wolfgang Galler das Booking für
die Musikprogramme der Environment- und Performancespezialisten von
ARTCORE übernommen. Für die Event-praxis ist unter dem Titel
Existenzia-listendisko ein Dancefloor- und Lounging-Angebot entwickelt
worden, das auch in die vielen Situationen passt, bei denen ein konzentriertes
Zuhören nicht möglich oder erwünscht ist. Zu samtig-sanften
Grooves werden Zitate aus Nouvelle Vague-Filmen und von Anne Sexton
bis Heiner Müller live gesungen und gesprochen.
Für die Zuhörerin
und den Zuhörer ist das die Perle, die in der Auster zu entdecken
ist. Und für den, der in Kino und Literatur nicht zu Hause ist,
bleiben es angenehme Grooves, die mit dem diskreten Charme der Poesie
auch einfach nur einen schönen klanglichen und bildlichen Hintergrund
geben. Die Existenzialisten-disko ist ein Dancefloor- und Lounging-Projekt
um die Sängerin und Schauspielerin Claudia Gahrke, DJ Kic und den
S.Y.P.H.-Bassisten Jojo Wolter mit Video-Projektionen von Voodoo Voyage.
Für das (allen Interessenten empfohlene) Programm Real Poetry mit
den Else-Lasker-Schüler-Gedichten macht Wolfgang Galler ebenfalls
das Booking.
www.realpoetry.de
Wolfgang Galler Artist Management Tel.: 0 30 / 44 05 93 44
Andreas
Schäfer
Armin
T. Wegner
Zivilcourage als Programm
“Zivilcourage
braucht positive Beispiele“ - so Bundespräsident J. Rau.
In der Tat: Wir wissen von zu wenigen. Ein solches Beispiel ist der
Dichter und “Gerechte der Völker“ Armin T. Wegner.
Ein Prominenter, der nicht wegschaute. Der handeln musste, “wenn
das Herz sich vor Empörung zusammenzieht“, wie er schrieb.
Auch, als er noch nicht prominent war. Sein Beispiel ist gegenwärtig:
Neben der literarischen Wiederentdeckung in der 2004 startenden Armin-T.-Wegner-Werkausgabe
trägt ein soeben in den USA gestifteter Menschenrechtspreis seinen
Na-men: “Armin T. Wegner-Humanitarian Award“.
Tollkühn Wegners
legendärer Protestbrief an Hitler, als die Nazis die Macht schon
übernommen hatten. Wegner setzte sich darin nicht nur für
die jüdischen Mitbürger ein, sondern auch für die Moral
und das Ansehen Deutschlands: “Wahren Sie die Würde des deutschen
Volkes“ beschwor er den Nazi-Kanzler.
Armin T. Wegner
Außergewöhnlich
couragiert auch sein Ein-spruch gegen den Völkermord, den die jungtürkische
Regierung 1915 / 16 an den Armeniern verübte. Wegner war im 1.
Weltkrieg Augenzeuge dieses beispiel-losen Verbrechens, er besuchte
die Todeslager der Armenier im Gebiet des heutigen Irak. So etwas aufzudecken,
erforderte Mut - hier wie dort. In seinem Geburtsland wurde er, anders
als in anderen Ländern, beschämend lange “vergessen“.
Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ehrt Wegner
bleibend als “Gerechten der Völker”, die Armenier verneigen
sich weltweit vor dem Dichter, der zugleich auch positiv mit der türkischen
Kultur verbunden ist: Zu seinen Meisterwerken gehören nicht nur
die “Türkischen Novellen”. Er verwahrte sich auch stets
gegen moslem- oder türken-feindliche Vorurteile und differenzierte
in seinem Einspruch gegen den Völkermord: “Ich klage nicht
den Islam an. Ich klage nicht das einfache türkische Volk an, dessen
Seele von tiefer Sittlichkeit erfüllt ist.”
Else Lasker-Schüler
wusste um diese Zusammenhänge. Es gibt einen Brief von ihr an Armin
T. Wegner, in dem sie darauf anspielt – in der ihr eigenen Verdichtung:
“Wertester Armin Theophil, ich freue mich, dass Sie meiner gedachten
und wäre Ihnen sehr verbunden, wenn die Türkei die Schulden
meiner bunten Stadt Theben bezahlen würde. Ihr Prinz von Theben”.
Geboren wurde der
Dichter wie Else in (Wuppertal-)Elberfeld. Heute ist Wuppertal der Sitz
der Armin-T.-Wegner-Gesell-schaft, die nun das Werk und das Beispiel
dieses Mannes verstärkt der Öffentlichkeit zugänglich
macht - aktuell mit dem interkulturellen Uraufführungs- und CD-Projekt
“Picture of a voice / Bildnis einer Stimme - Wege der Verständigung“.
Gestartet im Dezember 2003, im 25. Todesjahr des Dichters, realisiert
das ambitionierte Projekt bis Ende 2004 Uraufführungen neuer Wegner-Verto-nungen
bedeutender internationaler Musiker und die Produktion einer Doppel-CD.
Live-Aufführungen sind bisher geplant in Rom, Wuppertal, Köln,
Bochum, Rheinsberg (Brandenburg) und Berlin.
“Meine Schreibtafel
ist die Erde“ schrieb Armin T. Wegner in einem seiner Gedich-te.
Eines der wenigen derzeit greifbaren Wegner-Bücher heißt
“Odyssee der See-le“. Sein 92-jähriger Lebensweg verschlug
ihn wie Odysseus in die Fremde – aller-dings ohne comeback:
Nach Folter und KZ-Haft in der NS-Zeit, nach Ausbür-gerung und
Verbrennung seiner Bücher musste er Deutschland verlassen. Gestrandet
am Golf von Neapel und auf der Vulkaninsel Stromboli starb Wegner 1978
in Rom – übriggeblieben’ im Exil.
Von Armin T. Wegner
sind gegenwärtig im Buchhandel erst wenige Werke wieder erhältlich,
so neben der erwähnten “Odyssee“ der “Brief an
Hitler“ - beide im Wuppertaler Peter Hammer Verlag. Der Wallstein-Verlag,
Göttingen, bereitet eine Werkausgabe ab 2004 vor. Der Berliner
Verlag “Das Arsenal“ steht vor der Ausgabe des Briefwechsels
von Armin T. Wegner und Lola Landau - Zeugnisse der Liebe und der Fremdheit
eines tragischen, deutsch-jüdischen “Jahrhundert-Paares“.
Ulrich
Klan
Kontakt: Armin T.
Wegner-Gesellschaft e.V., Else Lasker-Schüler-Str. 45, 42107 Wuppertal
Tel: 0049- 202 - 305725 (arco-Verlag), e-mail: mediadea@aol.com
Vereinsinterner
Neue Mitglieder:
Carmen Ulrich, Daugavpils (Lettland); Renée Rauchalles, München;
Patricia Löffler und Ulrike Damm, beide Berlin; Cornelia Frenkel,
Freiburg; Anton Stephan Reyntjes, Recklinghausen; Malte Hahlbeck, Kiel;
Marion Rabe, Wuppertal; Inge Ruhs, Leichlingen; Dorothee Ostmeier, Oregon,
USA.
Ausgeschieden:
Horst Ernestus und Ursula Heller, Wuppertal; Sabine Köhne, Essen;
Ilse Finkenrath, Wermelskirchen/ Burscheid; Albrecht Aulich, Neuss.
Forum
der Kreativen in der Gesellschaft
Der erfolgreiche
Revolutionär
Konrad Schily hat
endgültig das Amt des Präsidenten der von ihm vor 20 Jahren
ge-gründeten Universität Witten/Herdecke abgegeben. Bereits
1999 war er offiziell ver-abschiedet worden. Sein Nachfolger W. Zimmerli
blieb nur zwei Jahre. Schily, der „Menschenfischer“, der
so viele einfluss-reiche Persönlichkeiten in Politik und Wirt-schaft
zu überzeugen wusste – mit Alfred Herrhausen war er befreundet
– musste noch einmal in die Bresche springen, um die Geschäfte
dieser Universität, die Vorbild für private Hochschulen in
Deutschland wurde, weiter zu führen. Seit 1993 ist er Mitglied
der ELS-Gesellschaft und kämpfte mit für das „Zentrum
der verfolgten Künste“, das u.a. befehdet wurde, weil auch
der zweite Totalitarismus in Deutschland zu dessen Themen gehö-ren
soll (ohne die NS-Verbrechen zu rela-tivieren). Dr. Konrad Schily hat
Erfahrung mit solchen Widerständen.
Konrad Schily
Als junger Neurologe
hatte er sich mit befreundeten Medizinern und Kranken-schwestern für
die Idee eines Gemeinnützigen Krankenhauses (in Süddeutschland)
engagiert, das schließlich in Herdecke an der Ruhr realisiert
wurde. Eine stille Revolution im deutschen Krankenhauswesen: Ohne hierarchische
Strukturen wie Chefärzte und Oberschwestern, aber mit offenen Besuchszeiten
und Rooming in, um nur einige Neuerungen zu nennen, die inzwischen in
den meisten Hospitälern Einzug gehalten haben. Daraus entwickelte
sich fast zwangsläufig die erste private Universität der Bundesrepublik
mit dem „Studium fundamentale“, um jungen Menschen auch
Zusammenhänge zu vermitteln und nicht zu „Fachidioten“
auszubilden. Die von Konrad Schily geprägten Leitbildern lauten:
„Zur Freiheit ermutigen“. „Soziale Verantwortung fördern“.
„Nach Wahrheit streben“.
Tuvia Rübner,
israelischer Lyriker, hat sein 80. Lebensjahr vollendet. In Nr. 13 der
Warmbronner Schriften ist jetzt die Übersetzung einer Erzählung
von Agnon mit einem Essay über Agnon und Kafka von ihm erschienen.
Im Januar 2004 war der emeritierte Literaturprofessor, der seit 1943
im Kibbuz Merchavia lebt, zu Gast in der Bayerischen Staatsbibliothek.
Er las aus seinen Lyrikbänden „Zypressenlicht“,
„Von Luft zu Luft“ sowie Passagen aus der noch unveröffentlichten
Biographie „Ein langes kurzes Leben. Unterbrochene Erinnerungen“.
Tuvia Rübner
Die Journalistin
Nora Niemann schrieb über diesen Abend in München: „Der
Gast begann seinen Rückblick auf seine Wanderung Von Pressburg
nach Merchavia mit dem Gedanken: ‚Ich lebe in einem blutigen
Land.’ Die Verfolgung, der er sich 1942 gemeinsam mit acht anderen
Jugendlichen auf einer abenteuerlichen Flucht ins damalige Palästina
entzog, hat auf ganz andere Weise für ihn nie wirklich aufgehört,
weil Israel nicht zur Ruhe kommen kann. Früher, so Rübner,
habe er wild am Leben’ gehangen, weil er sich – stellvertretend
für seine Familie – zum Leben erkoren fühlte’.
...Rübner erzählte, wie es einst bei seiner Ankunft gewesen
war: Als ich kam, war der Ort voll Staub’. Er erinnerte sich an
seine Anfänge ‚als unbeschriebenes Blatt’ und daran,
wie er Werner Kraft und Ludwig Strauß kennengelernt hatte: Es
gehört zu den Paradoxien meines Lebens, daß das meiste von
dem, was ich mir von der deutschen Literatur einverleibt habe, in Israel
geschah.’ Er fühle sich wie ein Baum, dessen Wurzeln in die
Luft ragen’.“
Ute Remus,
Köln, war die Autorin des Stücks "Sollst je du sollst
du Schwänin auf dem Ozean" . Nach den erfolgreichen Aufführungen
dieser Hommage an Lou Straus-Ernst in Brühl, Bonn und Köln
liegt nun ein Hörbuch unter dem gleichen Titel vor. Der Lebensweg
der Kölner Kunsthistorikerin und Publizistin Louise Straus-Ernst,
die Max Ernst "Rosa Bonheur des Dadas" nannte, endete 1944
in Auschwitz. Anders als der Künstler Max Ernst, der in erster
Ehe mit ihr verheiratet war und ihr gemeinsamer Sohn Jimmy, denen die
Emigration glückte, wartete sie in Südfrankreich vergeblich
auf ihr Visum. Der von Ute Remus nacherzählte Lebensweg lässt
nicht nur die Dadaisten der frühen 2oer Jahre wieder lebendig werden,
die Autorin zeigt die schreibende Lou Straus-Ernst in ihrer Angst und
Neugier auf das, "was jenseits der Berge liegt." Jürg
Löw (Max Ernst), Axel Gottschick (Jimmy Ernst), Ute Remus (Lou
Straus-Ernst) geben der CD gemeinsam mit Anne Fink, Gerhardt Haag, Claudia
Holzapfel und Christian Ingomar eine dichte Athmosphäre zwischen
Witz und Tragik, die durch die Klaviermusik von Wolfgang Hoyer unterstrichen
wird. - Das Hörbuch "Sollst je du sollst du Schwänin
auf dem Ozean" ist im Schmidt von Schwind Verlag, Titustrasse 4,
50678 Köln erschienen und kostet 19.8o € - ISBN 3-932050-23-1
Beate Schroedl,
Bildhauerin in Wuppertal, hat auf der IV. Internationalen Biennale für
zeigenössische Kunst in Florenz einen der renommierten „Lorenzo
il Magnifico“-Prei-se erhalten. Sie war eine von nur 17 deutschen
Künstlerin, die zur Biennale eingeladen waren - bei insgesamt 870
internationalen Künstlern in Florenz .
Hermann
Schulz, Wuppertal, legt in diesem Frühjahr gleich zwei
neue Bücher vor: "Schluss mit lustig!" ist ein
Kinderroman im Carlsen Verlag. Dabei geht es um einen schlitzohrigen
Polizeihund. ISBN 3-551-55327-0, € 7,90.
„Söhne ohne Väter“ handelt von den Erfahrungen
der Kriegsgeneration. Ein Erzähler (Schulz), ein Analytiker und
Arzt (Radebold) und der Historiker Jürgen Reulecke wenden sich
einem lange verdrängten Thema zu: den "Kriegsopfern",
den Söhnen, die kriegsbedingt vaterlos aufwachsen mussten. 40 Lebensgeschichten
werden ausgewertet, zahlreiche Erfahrun-gen von Leidensdruck, Einsamkeit,
Identi-tätsproblemen und überstarken Mutterbindungen werden
erzählt und analysiert.
Hermann Schulz/
Hartmut Radebold/ Jürgen Reulecke „Söhne ohne Väter
- Erfahrungen der Kriegsgeneration“,
200 Seiten, gebunden, ca. 14,.90 € , Chr. Links Verlag, Berlin,
ISBN 3-86153-320-0.
Renée Rauchalles, München, produzierte
eine CD über Else Lasker-Schüler. In Zwischentexten stellt
sie die Dichterin vor und liest deren schönste Gedichte sowie Texte
und Gedichte von Sylvia Plath. Zu beziehen ist die CD zum Preis von
12,50 € über: ZEITfürKUNST-GALERIE, Renée Rauchalles,
Fax: 089-482567, Wörthstr. 39, 81667 München, e-mail: rauchalles@gmx.de
Ruth Tesmar,
Berlin, hat neue Bilder und Collagen mit Bild- und Schriftmotiven vorgestellt.
Die Ausstellung, die am 19. März in der Galerie Forum Amalienpark
in Berlin-Pankow zu Ende ging, trug den Titel „Zwiegespräche“
und war Christa Wolf gewidmet.
Sigrid Bauschinger
hat „die erste Biographie, die auch das bisher unbekannte Briefwerk
Else Lasker-Schülers berücksichtigt“, geschrieben, heißt
es in der Verlagsankündigung zu ihrem neuesten Buch über die
Dichterin. Und weiter:
„Else Lasker-Schülers Werk liegt nun seit einigen Jahren
in einer Kritischen Ausgabe vor, in deren Rahmen auch der erste Brief-band
inzwischen erschienen ist (Jüdischer Verlag/Suhrkamp). Sigrid Bauschinger
konnte auf diese und alle weiteren noch zu edierenden Briefe zurückgreifen
und so aufgrund des umfangreichen, teilweise unbekannten Materials zeigen,
unter welchen Bedingungen Lasker-Schülers Werk entstand. Nicht
die zahllosen Anekdoten über ihre exzentrische Erscheinung, sondern
tatsächliche Ereignisse machen das Leben dieser außerordentlichen
Dichterin aus.
Seit vielen Jahren
gilt Sigrid Bauschinger als eine der besten Kennerinnen des Werkes von
Else Lasker-Schüler. Aus der Kenntnis des gesamten, teilweise bisher
ungedruckten Briefe hat sie diese profunde Biographie geschrieben.“
Siegrid Bauschinger „Else-Lasker-Schüler Biographie“,
496 Seiten, ca. 63 Abb., geb., Wallstein-Verlag, Göttingen, 04/2004;
ISBN: 3-89244-440-4, € 38,00. - Sie liest - in einer Gemeinschaftsveranstaltung
der "Else-Gesellschaft" und der Buchhandlung Nettesheim -
am 4. Mai um 20 Uhr im "Haus der Bücher" in Wuppertal-Elberfeld
- hier stand bis zur Zerstörung durch Bomben das Geburtshaus der
Dichterin.
Weitere Lesetermine finden Sie unter "Termine".
Briefe/Mails an die ELSG
„Die Etablierung
des Kontaktes zur Lasker-Schueler-Gesellschaft steht schon lange auf
meinem Programm. Leider habe ich im letzten Sommer einen Besuch in Wuppertal
nicht mehr geschafft, würde ihn aber gern im September dieses Jahres,
wenn ich sowieso zum Peter Hille Archiv reise, um einen Vortrag über
die Beziehungen zwischen Lasker-Schueler und Hille zu halten, nachholen.
Denn Lasker-Schüler interessiert mich nicht nur im Kontext meiner
Lehre, sondern vor allem in Bezug auf mein derzeitiges Forschungsprojekt
über Konstruktionen der Geschlechtlichkeit im frühen zwanzigsten
Jahrhundert. Da untersuche ich die poetischen Dialoge zwischen Dichtern
und Intellektuellen, die vor allem im Austausch von Gedichten zwischen
Partnern stattfanden. Bis jetzt habe ich mich den Dialogen zwischen
Lasker-Schueler und Benn, "Gender Debates between Rainer Maria
Rilke and Lou Andreas-Salomé", Brecht und Margarete Steffin
gewidmet. Ueber Hille und Lasker-Schueler werde ich nun intensiver arbeiten.
Mit freundlichen Gruessen, Ihre
Dorothee Ostmeier, University of Oregon, USA“
*
„Meine Beschäftigung
mit Lasker-Schülers Werk ist eine längerfristige Forschungs-arbeit.
Ich habe meine Magisterarbeit (2001) in Ungarn an der Universität
Debrecen mit dem Titel: ,Die Masken und Rollen Else Lasker-Schülers’
geschrieben (Betreuer: Univ.-Doz. Kálmán Kovács).
Seit 2002 bin ich Doktorandin an der Uni Tübingen, am Lehrstuhl
für Komparatistik bei Prof. Jürgen Wertheimer. Meine Dissertation
mit dem Titel: ,Der transgressive Autor. Untersuchung anhand der
Texte von Else Lasker-Schüler und Fernando Pessoa’ (Betreuer:
Prof. Jürgen Wertheimer und Prof. Hans-Georg Kemper) wird voraussichtlich
2005 abgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen: Réka Kiss“
*
„Vom
1.-3. April gibt es an der Renmin Universität China in Beijing
ein Symposium ueber deutsche Literatur. Ich halte dabei einen Vortrag
über Else Lasker-Schuelers Widmungsgedichte für Gottfried
Benn. Das Symposium trägt den Titel: Die Litera-turgeschichte
- Sackgasse oder "Literaturstrasse"? Veranstaltet wird
es von der
Redaktion des chinesisch-deutschen Jahrbuches "Literaturstrasse",
in dem chine-sische und deutsche Autoren Artikel zu Sprache, Literatur
u. Kultur ver-öffentlichen. Im 3. Band dieses Buches, in dem ich
einen Beitrag ueber ELS geschrie-ben habe, steht auch eine persoenliche
Interpretation von Ulla Hahn zu ihrem Gedicht "Ars poetica".
Ab 2004 wird jähr-rlich einmal ein solches Symposium stattfinden.
Herzliche Grüße- Aihong Jiang, Beijing Institute of Technology
Buchtipps
„Wenn Wahnbilder
Sie bedrängen, so schließen Sie nicht die Augen, sondern
versuchen Sie einmal, diese Bilder in sich deutlich werden zu lassen...
Auch der Wahnsinn hat seine heilige Seite....“. Nein, nicht Else
Lasker-Schüler erhielt diesen Brief von Hermann Hesse, sondern
der junge Carl Stern, der ihm anvertraute, mit welcher Akkuratesse seine
Familie und von dieser zu Rate gezogenene Psycho-logen sich bemühten,
die in ihm wirkende und zum Ausbruch drängende Fantasie als Resultat
einer verkappten Nervenkrankheit abzustempeln. – Es ist eine spannende
Lebensgeschichte die Tilly Zacharow nach langer Recherche zu Papier
gebracht hat – die Geschichte eines starken Sohnes, der eine noch
stärkere Mutter hatte, die ihn aber schließlich schwach machte:
1918 in Troppau, Böhmen, geboren, gehörte er dem deutschen
Kulturkreis an. Das in Prag begonnene Jurastudium wurde durch den Einmarsch
der Hitler-Wehrmacht 1939 abgebrochen. Noch vor seinen zögernden
Eltern flüchtete er nach Palästina, wo er nur schwer heimisch
wurde. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Fotograf. Zu seinen Bekannten
gehörte Else Lasker-Schüler. Aber wie viele Exilanten starb
er vereinsamt. Das war 1985 in Jerusalem – Das vorliegende Buch,
eine Mischung aus Erzählung, Lyrik und Prosa, ist mehr als nur
eine Dokumentation über das Leben eines Suchenden .
Tilly Zacharow „Ich bin der Welt abhanden gekommen. Leben und
Werk des Dichters Carl Stern aus Jerusalem“, 304 Seiten, gebunden
M. u. N. Boescher Verlag, Berlin – Haifa, € 16,50, ISBN 3-923809-75-1
Andrea Henneke-Weischer
hat in der renommierten Reihe „Theologie und Literatur“
von Karl-Josef Kuschel und Georg Langenhorst ihre Dissertation als Band
14 vorgelegt, bei der es um die Bibel im Werk Else Lasker-Schülers
geht. Die Bedeutung der Bibelrezeption der Dichte- rin liegt, wie die
Autorin eindrucksvoll darstellt, darin, dass es Else Lasker-Schüler
gelingt, eine allzu starre Gegenüberstellung von biblischer Exegese
einerseits und literarischer Verarbeitung der Bibel andererseits zu
überwinden und so die Theologie in der Weise einer provokatorischen
Verstörung wichtige Impulse zu geben.
Andrea Henneke-Weischer „Poetisches Judentum. Die Bibel im Werk
Else Lasker-Schülers“, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz,475
Seiten, € 36,00,
ISBN 3-7867-2430-X.
Betty Falkenberg
veröffentlichte in den USA die – nach eigenen Angaben - erste
ELS-Biografie in Englisch. In der Verlagsankündigung heißt
es u.a.: „Else Lasker-Schüler, a pivotal figure in German
Expressionism, presided over avant-garde café life in pre-World
War I Berlin in much the same way Gertrude Stein did in Paris around
the same time. While her work is not yet very well known in the English-speaking
world, it has been enjoying a critical and popular revival in Germany
and in Israel. This fulllength biography of Lasker-Schüler explores
her poem, plays, prose and graphic works in light of her life. It begins
with her fleeing to Switzerland after Hitler’s accession to power
in 1933, looks back at her childhood in Wuppertal, the follows her life
though to its end in Jerusalem in January 1945. As a Jew, a woman and
a bohemian, Lasker-Schüler defied every category. Her two marriages
– first to Dr. Berthold Lasker, then to Herwarth Walden, founder
of the leading avant-garde periodical, gallery and publishing house,
„Der Sturm“ – as well as her interactions with Karl
Kraus, Franz Marc, Gottfried Benn, Martin Buber and Gershom Scholem,
are documented in letters and poems, many included here both in the
original and in translation.. –Über die Autorin heißt
es u.a.: „Betty Falkenberg is a Five College Research Associate
and a member of the Biography Seminar of New York University, and was
a longtime correspondent for the International Herald Tribune. She lives
in South Hadley, Massachusetts. –
Betty Falkenberg
„Else Lasker-Schüler. A Life“, 248 pages, soft cover.
Photographs, chronology, notes, appendices, biblio-graphy, index. McFarland
& Company, Inc. Box 611, Jefferson, North Carolina 28640, USA. ISBN
0-7864-1460-X
Meldungen
der Stiftung Verbrannte und verbannte Dichter/Künstler
War bislang die
Erforschung deutsch-sprachiger Emigration nach 1933 bevorzugt eine Domäne
von Literatur-wissenschaftlern und Kunsthistorikern, so beginnt seit
den 1980er Jahren auch die (deutsche) Kunstgeschichte, das Exil als
neues Terrain zu entdecken. Die Ende des vergangenen Jahres erschienene
umfang-reiche Arbeit von Rosamunde Neugebauer ist ein – nicht
nur für Fachwissenschaftler – lesenswerter Deutungsversuch
ästhe-tischer Zeichen im bildnerischen Werk deutschsprachiger Emigranten.
Die Bildsprache,
die die 30 von ihr untersuchten (prominenten wie unbe-kannten) Künstler
mit ins Exil nahmen, so Neugebauer in ihrer Analyse, erwies sich als
ähnlich grosses Hindernis wie die deutsche Muttersprache für
exilierte Schriftsteller. Ein Schaffenskontinuum war für sie die
Ausnahme. Der Bruch die Regel. Der sentimentalen Vorstellung eines „Aufbruchs
zu neuen Ufern“, verbunden mit dem
Rosamunde Neugebauer
Charme eines Neubeginns,
stand im Alltag die Realität des Exils meist als glanzlose Praxis
entgegen, als individuelle Krisenerfahrung, die sich eben nur bedingt
symbolisch auf- und umwerten ließ. Das bisherige Lebensgefüge
wurde radikal erschüttert und zeigte Risse, die eventuell noch
gekittet und übertüncht, aber nie mehr ungeschehen gemacht
werden konnten – und ihre Spuren nicht zuletzt auch in Werk und
Leben der emigrierten Künstler hinterlassen haben. „The open
door“, eine Pressezeichnung des Karrikaturisten Victor Weisz,
geboren 1913 in Berlin, seit 1936 britischer Staatsbürger und einer
der führenden Cartoonisten Englands, bringt die Sache auf den Punkt:
sein Politcartoon vom 10. Oktober 1938 ist ein bitter-ironischer Kommentar
zur Verfolgung und gesellschaftlichen Ausgrenzung von Juden in NS-Deutschland
sowie zu der geringen Bereitschaft im Ausland, Emigranten aufzunehmen.
Einzig der Selbstmord bietet sich als „gangbarer Ausweg“
für den mit Sack und Pack in einem von Türen begrenzten, leeren
Raum sitzenden Mann. Alle anderen Türen, auch die nur angelehnte
Türe in die Immigration, sind mit Stacheldraht versperrt...Vicky
Victor Weisz nahm sich 1966 in London das Leben. – Ulrike Müller
(ausführliche Rezension auf der Homepage www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de)
Rosamunde
Neugebauer: „Zeichnen im Exil – Zeichen des Exils.
Handzeichnung und Druckgraphik deutschsprachiger Emigranten ab 1933“
Schriften der Guernica-Gesellschaft Band 14, Weimar 2003 ISBN 3-89739-329-8,
Preis: € 73,50
Fehler in
Info 55
Der Deutschlandfunk
musste kurzfristig die für den Holocaust-Gedenktag 27. Januar 2004
angekündigte Sendung über das XI. ELS-Forum in Wroclaw/Breslau
absetzen. Wir erfuhren davon leider auch erst zu spät. Deshalb
konnten wir den neuen Sendetermin 17. Februar 2004 nur auf der Homepage
www.Else-Lasker-Schueler-gesellschaft.de veröffentlichen. Wir bitten
um Nachsicht und Verständnis. Das gilt auch für den folgenden
Hinweis:
Der Druckfehlerteufel
müsste heutzutage Computerteufel heißen. Beim für den
Druck notwendigen Umformatieren des Manuskripts im PC hat sich ein verhäng-nisvolles
„k“ im Bericht über das Forum in Breslau eingeschlichen.
In dem Text über Karol Sauerland, der mit seinen Eltern über
Paris nach Moskau floh, hieß es, daß er später von
Ostberlin nach Warschau ging. Richtig hätte es heißen müssen,
daß Polen zwar auch eine Diktatur war, wenn auch weniger miefig
und spießig als die DDR. Mit dem eingeschmuggelten „k“
wurde jedoch fälschlich aus „eine“ das Wort „keine“.
Der Vortrag von Karol Sauerland wird wie die übrigen Breslauer
Texte im neuen ELS-Almanach „Zweisee-lenstadt: Breslaw“
veröffentlicht. |