Ausgabe 56

2. Quartal 2004

 

 

 

" Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.
Es steht im Dunkel der Kellertür,
seitdem die Welt verrohte...."

>

„Zentrum“ im
Internet realisiert

>

Ehrung für
Mentor P. Hille

> 135. Geburtstag
der Dichterin
> H.-D. Genscher
und Otto Schily
beim XII. Forum
ELS-Forum

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Info-Archiv

Wieviel ist Ihnen unsere Homepage wert?
Konto-Nr.: 968 768, BLZ 330 500, Stadtsparkasse Wuppertal
Spenden sind abzugsfähig.

 
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder,

wir freuen uns, Ihnen den Start des Zentrums der verfolgten Künste und Intellektuellen melden zu können. Im Internet ist dieses wichtige Anliegen der ELS-Gesellschaft – und damit vieler Mitglieder - verwirklicht worden: Realisiert im Nicht-realen. Die Agenturen dpa, DDP und epd, die Süddeutsche Zeitung, TAZ, Rheinische Post, „Focus“, die Deutsche Welle sowie Zeitungen in der Schweiz, in Österreich, Bolivien, Mexiko und in der Dominikanischen Republik berichteten über das am 24. Januar 2004 gestartete Projekt in Spanisch, Portugiesisch und Deutsch wie folgt:

„Veronica Ferres, Angela Winkler sowie Hannelore und Nina Hoger haben die Pa-tenschaft für das Virtuelle Zentrum der verfolgten Künste und Intellektuellen über-nommen. Dieses museumsähnliche Internetprojekt mit dem Titel Exil-Archiv.de’ soll nach Angaben der Else-Lasker-Schüler-Stiftung Verbrannte und verbannte Dichter und Künstler’ in Wup-pertal eine andere Form der Erinnerungsarbeit darstellen als herkömmliche Denkmäler. In einem ständigen Prozess sollen auf den Internetseiten Biografien von verfolgten Dichtern, Journalisten, Malern und Musikern, Architekten und sogar von Sportlern, Filmemachern und Fotografen, Natur- und Geisteswissen-schaftlern ins weltweite Netz gestellt werden: Persönlichkeiten, die Vorbilder sein könnten in einer vorbildlosen Zeit. Themengebiete sind Verbrennen, Zensur und Verbieten von Büchern und Zeitungen, Widerstand und Exil in der NS-Zeit, der DDR und in der Gegenwart.

Die Patinnen haben die Schirmherrschaft auch deshalb übernommen, weil die vor den Nazis geflohene Jüdin Else Lasker-Schüler eine herausragende Dramatikerin war. Zudem gab es unter den Exilanten zahlreiche Bühnenkünstler wie zum Beispiel Max Reinhardt, Elisabeth Bergner oder Peter Lorre. Und weil man den vielen Neonazi-Aktivitäten im weltweiten Netz etwas Kreatives entgegenstellen will, das junge Leute anspricht.

Bei dem Virtuellen Zentrum der verfolgten Künste handelt es sich um ein Gemein-schaftsprojekt von Else-Lasker-Schüler-Stiftung Verbrannte und verbannte Dich-ter/Künstler’ und dem Museum Baden (Kunst-Museum der Stadt Solingen). Partnerschaftliche Zusammenarbeit gibt es dabei mit dem Institut für Germanistik II der Walter-A.-Berendsohn Forschungs-stelle für deutsche Exilliteratur an der Universität Hamburg sowie mit der Aktion Courage/SOS Rassismus, Berlin/ Bonn, der Arbeitsgemeinschaft Frauen im Exil und der Guernica-Gesellschaft, Karlsruhe. Weitere Kooperationen sind geplant, verschiedene „Links“ geschaltet. Fernziel ist ein reales Zentrum der verfolgten Künste und Intellektuellen; erste Bilder- und Büchersammlungen dazu gibt es bereits.“ – Soweit die Pressemeldung.


Veronica Ferrres u. Hannelore Hoger


Nina Hoger u. Angela Winkler

Die Patinnen Veronica Ferres, München, Nina Hoger, Köln, Hannelore Hoger, Hamburg, und Angela Winkler, Berlin, sind Mitglieder der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft. Ihnen gilt unser Dank!

Auskünfte geben: Die Redakteurin Ulrike Müller, Telefon 0202 – 9463 867/ ELS-Stiftung „Verbrannte und verbannte Dichter/Künstler“, Telefon 0202 – 305198
Dr. Rolf Jessewitsch, Direktor Museum Baden, Solingen, Telefon 0212 – 25814(0)12.

Mit dem Internetportal sind die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft und –Stiftung einem realen Zentrums ein Stück näher gekommen. Wie das aussehen könnte, ist auf den Internetseiten als visueller Beitrag dargestellt: Eine bei der TU Berlin eingereichte Diplomarbeit der jungen Architektin Sandra Schwebel „zur Realisierung des Zentrums am Beispiel des Museums Baden in Solingen“. Wie und was ein reales Zentrum inhaltlich zeigen könnte, demonstrier(t)en zwei Ausstellungen: In der Saar-landvertretung Berlin wurden Teile der Sammlung Jürgen Serke unter dem Titel „Liebes- und Musengeschichten. Das fragile Glück im Unglück von Verfolgung und Exil“ vorgestellt. Und das St. Annen-Museum in Lübeck präsentiert bis zum 16. Mai die Sammlung Dr. Gerhard Schneider „Expressive Gegenständlichkeit. Schick-sale figurativer Malerei und Graphik im 20. Jahrhundert“.



Logo des Zentrums der verfolgten Künste

Relativ viele Zugriffe von „Usern“ aus aller Welt auf das „Exil-Archiv“ bestätigen un-sere Bemühungen. Sie sind Anerkennung für das Team mit Ulrike Müller, Brendan Botheroyd und Webmaster Peter Chlistow-ski in Wuppertal, aber auch für Sie alle, die Mitglieder, die unsere Arbeit durch die Mitgliedschaft unterstützen.


Wir danken Ihnen, unseren Mitgliedern, insbesondere allen Spendern, für die För-derung dieses Anliegens. Das Exil-Archiv bietet zudem allen Interessenten die Möglichkeit, aktiv mitzuhelfen: So sind wir dankbar etwa für Hinweise aus den Städ-ten unserer Mitglieder über Widerständige, die keine großen Namen tragen und die heute weitgehend vergessen sind. Oder die als Immigranten in der Bundesrepublik leben. Manuskripte sind ebenfalls willkommen.

Herzlich Ihr
Hajo Jahn

Peter Hille-Feier

Der Dichtervagant Peter Hille war eine der zentralen Persönlichkeiten im Freund-schaftsgeflecht von Else Lasker-Schüler. Auch deshalb ist die ELSG mit der Hille-Gesellschaft in Ostwestfalen kooperativ verbunden, die vom 10. bis 12. September 2004 ein „Jubiläumswochenende zum 150. Geburtstag und 100. Todestag“ des Vagantendichters ausrichtet. Dazu schrieb Vorsitzender Helmut Birkelbach: „Zum 25. Todestag im Mai 1929 reiste Else Lasker-Schüler eigens aus Berlin nach Erwitzen, um an einer Feier teilzunehmen, die ein großer Verehrer und späterer Biograph Hilles, Alois Vogedes, zusammen mit dem Eggegebirgsverein Bad Driburg dort veranstaltete. Dieser weitere Beweis für die große Huldigung, die E.L.S. zeitlebens ihrem großen Mentor entgegenbrachte, spielt bei der Ausrichtung unseres diesjährigen 24. Hille-Wochenende eine große Rolle“.
Helmut Birkelbach wird am 11. September 2004 um 17 Uhr über „Peter Hille aus der Sicht Else Lasker-Schülers“ referieren.


Peter Hille

Um 15 Uhr beginnt die Professorin Dorothee Ostmeier von der University of Oregon, USA, mit dem Vortrag „Else Lasker-Schüler über Peter Hille“. Er nannte sie den „schwarzen Schwan Israels“. Sie hatte ihn in der „Neuen Gemeinschaft“ in Berlin kennen gelernt, wo es u.a. um eigene Standpunkte in einer zunehmend materialistisch werdenden Welt ging. Dieser Gruppierung gehörten so unterschiedliche Geister wie Peter Hille - den sie mit christlichen Motiven in einem eigenen „Peter-Hille-Buch“ besang - Gustav Landauer, der spätere Verfechter der Bayrischen Räterepublik, und der aus Galizien stammende Martin Buber an.
Anmeldungen und weitere Informationen - auch über die CD, auf der Christian Quadflieg Texte von Hille liest - über: Peter-Hille-Gesellschaft, H. Birkelbach, Am Enskeberg 13, D-33039 Nieheim. Tel. 05274 – 404. –
Wir haben inzwischen geholfen, der be-freundeten Organisation eine (mit uns zudem verlinkte) Homepage einzurichten:
www.peter-hille-gesellschaft.de

 

135. Geburtstag E. L. S.

Am 11. Februar 1869 wurde die Dichterin in Elberfeld geboren. Daran erinnerte in der Berliner Ausstellung „Liebes- und Musengeschichten. Das fragile Glück im Unglück von Verfolgung und Exil“ ein eigener Raum für Else Lasker-Schüler. Die Landesvertretung des Saarlandes, die Gastgeber dieser vierwöchigen Präsen-tation der Sammlung Jürgen Serke war, konnte durch Vermittlung unserer Gesell-schaft erstmals (!) 15 Originalzeichnungen ausstellen, die 1937 aus der Berliner Nationalgalerie von den Nazis als „entartet“ entfernt worden waren.

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„Es dürfte kaum einen Dichter geben, der mehr Briefe geschrieben hat als Else Lasker-Schüler“, erklärte Prof. Heinz Rölleke, einer der Herausgeber der Kritischen ELS-Ausgabe im Jüdischen Verlag/Suhrkamp. Sein Kollege Prof. Norbert Oellers fügte ergänzend hinzu: „Trotz Tausender von Briefen ist sie dennoch wohl die Dichterin, über die wir am wenigsten wissen. Denn über sich selbst, über die Bücher, die sie gelesen, über die Autoren, die sie beeinflusst haben könnten, ist nichts überliefert. Es existieren keine Tagebücher, die diesen Schleier der Geheimnisse, wer sie wirklich war, lüften könnte.“

Wie witzig und anrührend, wie zum Weinen komisch und oft auch erschütternd diese Briefe sind, kann man in diesem ersten von mindestens drei Briefbänden nachlesen. Wem sich Texte der Lasker-Schüler sonst nicht erschließen, der sollte die Briefe lesen, die allerdings eine Einbahnstraße sind. Denn die Korrespondenz stammt ausschließlich von Else Lasker-Schüler, Antwortbriefe sind nicht überliefert. Das ELS-Archiv der Stadtbibliothek Wuppertal präsentierte dazu gemeinsam mit dem Historiker Prof. Klaus Goebel Autografen der Dichterin anlässlich der Geburtstagsfeier, die in der Wupper-taler Buchhandlung Köndgen veranstaltet wurde. Die Herausgeber Norbert Oellers, Bonn, und Heinz Rölleke, Wuppertal, stellten mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Stefan Neumann den „Brief“-Band der Kritischen Gesamtausgabe vor und mit Hilfe der einfühlsam rezitierenden Schauspielerin Claudia Gahrke, Solingen, unter Beweis, daß ELS nicht der „Germanistenschreck“ ist, wie Erich Fried einst behauptete.
Weil auch das zu einem Geburtstags gehört, konnten die Zuhörer in der von Christian Sabisch moderierten unkonventionellen Feier auf das Wohl des Prinzen von Theben anstoßen. Der Wermutstropfen ist der Preis, den dieser Band hat: 124,--Euro.

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In der Zeitschrift „Der Literat“ schrieb Robert Erdmann zum Geburtstag der Dichterin eine Serie unter dem beziehungsreichen Titel „Wer war Else Lasker-Schüler?“ in den Ausgaben Januar/Februar und März/April 2004. Die Artikel sorgen für einige Klarstellungen, etwa wenn es heißt: „Bis 1993, als Jakob Hessing Die Heimkehr einer jüdischen Emigrantin’ im Max-Niemeyer-Verlag veröffentlicht und antritt, der Rezeption historische Manipulation’ nachzuweisen, sind die Ergebnisse der Berührungen von Werk und Lebensgeschichte teils mythifizierend, teils entstammen sie Identifika-tionen oder Weiterreichungen der Le-gendenbildung. Versachlichung, wie sie Jürgen Serke mit dem Kapitel über ELS in seiner Anthologie "Die verbrannten Dichter" anstrebt, bleibt eher die Ausnahme. In kleinen Theatern halten szenische Lesun-gen zur Lasker-Schüler-Gottfried-Benn-Beziehung Hof für eine voyeuristisch interessierte Fangemeinde.“
Im zweiten Teil der Serie geht es u.a. um das authentische Else Lasker-Schüler-Haus und das Exil der Dichterin. - Zu bestellen ist „Der Literat“ über Postfach 191923, 14008 Berlin, Fax 030 – 30107006, Einzelpreis 7,60 €.

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„Else Lasker-Schüler zum 135. Geburtstag“ war eine Benefizveranstaltung am 28. März in der Friedenskirche Bochum gewidmet, zugunsten einer Synagoge, mitgestaltet von der ELS-Gesell-schaft. Der „Freundeskreis Bochumer Synagoge“ hilft so bei der Baufinanzierung. Die Stadt Bochum hat bereits ein Grundstück zur Verfügung gestellt. Zur Zeit zählt die Jüdische Gemeinde Bochum-Herne-Hattingen fast 1.100 Mitlieder. Ihre religiösen und weltlichen Veranstaltungen müssen in einer ehemaligen Stadtbiblio-thek durchgeführt werden.

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Ulrike Schrader hat in dem Band „Geschichte im Wuppertal“ des Bergischen Geschichtsvereins „Neuigkeiten über den Maler Alfred Jacob Schüler“ unter dem Titel „Dem ältesten bin ich ein fremdes Kind geblieben...“ veröffentlicht. Der Bruder der Dichterin lebte verarmt in Hamburg. In der Todesanzeige heißt es, daß der „Kunstmaler Alfred Schüler, wohnhaft Hudtwalckerstraße 22, im Universitätskrankenhaus Eppendorf am 3. Juli 1938 an Anämie, Greisentum und Herzschwäche im Alter von 79 Jahren verstorben ist“. Im Bildarchiv Preussischer Kulturbesitz in der Hamburger Kunsthalle befindet sich das von Alfred Schüler gemalte Aquarell „Zwei Segelboote“.

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Mit einem Else Lasker-Schüler-Abend („Es wird ein großer Stern in meinen Schoß fallen...“) eröffnete Carmen Renate Köper ihren ganzjährigen „Literarischen Salon“ im Frankfurter Holzhausschlösschen.
Weitere Veranstaltungen waren Ingeborg Bachmann und Sylvia Plath gewidmet, geplant sind Abende u.a. über Dorothy Parker, Ricardfa Huch (siehe auch Termine).

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Die Gesamtschule Else Lasker-Schüler in Wuppertal richtete am 11. Februar eben-falls eine „Geburtstagsfeier“ für die Namenspatronin aus. Uraufgeführt wurde dabei eine Vertonung des Gedichts "Viva" für Stimme, Bass, Klarinette und Baghlama (orientalische Langhalslaute) von Uli Klan. Zum weitgehend von Jugendlichen gestalteten Programm gehörte auch die Vertonung von A.T. Wegners "Der Riese Landschaft" , Musik von George Dreyfus.

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Die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Münster plant, den Else-Lasker-Schüler-Abend von Hannelore Hoger (Rezitation) und Reinald Noisten (Klarinette - evtl. mit seinem Ensemble) bundesweit zu organisieren, auch in Zusammenwirken mit der ELS-Gesellschaft. – Weitere Lasker-Schüler-Programme von Schauspielerinnen unter unseren Mitgliedern sind über das „Else-Büro“ in Wuppertal zu erfahren.

Blue Velvet für die Ohren von ELS-Fans

Ab sofort hat das Berliner Artist Mana-gement von Wolfgang Galler das Booking für die Musikprogramme der Environment- und Performancespezialisten von ARTCORE übernommen. Für die Event-praxis ist unter dem Titel Existenzia-listendisko ein Dancefloor- und Lounging-Angebot entwickelt worden, das auch in die vielen Situationen passt, bei denen ein konzentriertes Zuhören nicht möglich oder erwünscht ist. Zu samtig-sanften Grooves werden Zitate aus Nouvelle Vague-Filmen und von Anne Sexton bis Heiner Müller live gesungen und gesprochen.

Für die Zuhörerin und den Zuhörer ist das die Perle, die in der Auster zu entdecken ist. Und für den, der in Kino und Literatur nicht zu Hause ist, bleiben es angenehme Grooves, die mit dem diskreten Charme der Poesie auch einfach nur einen schönen klanglichen und bildlichen Hintergrund geben. Die Existenzialisten-disko ist ein Dancefloor- und Lounging-Projekt um die Sängerin und Schauspielerin Claudia Gahrke, DJ Kic und den S.Y.P.H.-Bassisten Jojo Wolter mit Video-Projektionen von Voodoo Voyage. Für das (allen Interessenten empfohlene) Programm Real Poetry mit den Else-Lasker-Schüler-Gedichten macht Wolfgang Galler ebenfalls das Booking.

www.realpoetry.de Wolfgang Galler Artist Management Tel.: 0 30 / 44 05 93 44

Andreas Schäfer

Armin T. Wegner
Zivilcourage als Programm

“Zivilcourage braucht positive Beispiele“ - so Bundespräsident J. Rau. In der Tat: Wir wissen von zu wenigen. Ein solches Beispiel ist der Dichter und “Gerechte der Völker“ Armin T. Wegner. Ein Prominenter, der nicht wegschaute. Der handeln musste, “wenn das Herz sich vor Empörung zusammenzieht“, wie er schrieb. Auch, als er noch nicht prominent war. Sein Beispiel ist gegenwärtig: Neben der literarischen Wiederentdeckung in der 2004 startenden Armin-T.-Wegner-Werkausgabe trägt ein soeben in den USA gestifteter Menschenrechtspreis seinen Na-men: “Armin T. Wegner-Humanitarian Award“.

Tollkühn Wegners legendärer Protestbrief an Hitler, als die Nazis die Macht schon übernommen hatten. Wegner setzte sich darin nicht nur für die jüdischen Mitbürger ein, sondern auch für die Moral und das Ansehen Deutschlands: “Wahren Sie die Würde des deutschen Volkes“ beschwor er den Nazi-Kanzler.


Armin T. Wegner

Außergewöhnlich couragiert auch sein Ein-spruch gegen den Völkermord, den die jungtürkische Regierung 1915 / 16 an den Armeniern verübte. Wegner war im 1. Weltkrieg Augenzeuge dieses beispiel-losen Verbrechens, er besuchte die Todeslager der Armenier im Gebiet des heutigen Irak. So etwas aufzudecken, erforderte Mut - hier wie dort. In seinem Geburtsland wurde er, anders als in anderen Ländern, beschämend lange “vergessen“. Die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem ehrt Wegner bleibend als “Gerechten der Völker”, die Armenier verneigen sich weltweit vor dem Dichter, der zugleich auch positiv mit der türkischen Kultur verbunden ist: Zu seinen Meisterwerken gehören nicht nur die “Türkischen Novellen”. Er verwahrte sich auch stets gegen moslem- oder türken-feindliche Vorurteile und differenzierte in seinem Einspruch gegen den Völkermord: “Ich klage nicht den Islam an. Ich klage nicht das einfache türkische Volk an, dessen Seele von tiefer Sittlichkeit erfüllt ist.”

Else Lasker-Schüler wusste um diese Zusammenhänge. Es gibt einen Brief von ihr an Armin T. Wegner, in dem sie darauf anspielt – in der ihr eigenen Verdichtung: “Wertester Armin Theophil, ich freue mich, dass Sie meiner gedachten und wäre Ihnen sehr verbunden, wenn die Türkei die Schulden meiner bunten Stadt Theben bezahlen würde. Ihr Prinz von Theben”.

Geboren wurde der Dichter wie Else in (Wuppertal-)Elberfeld. Heute ist Wuppertal der Sitz der Armin-T.-Wegner-Gesell-schaft, die nun das Werk und das Beispiel dieses Mannes verstärkt der Öffentlichkeit zugänglich macht - aktuell mit dem interkulturellen Uraufführungs- und CD-Projekt “Picture of a voice / Bildnis einer Stimme - Wege der Verständigung“. Gestartet im Dezember 2003, im 25. Todesjahr des Dichters, realisiert das ambitionierte Projekt bis Ende 2004 Uraufführungen neuer Wegner-Verto-nungen bedeutender internationaler Musiker und die Produktion einer Doppel-CD. Live-Aufführungen sind bisher geplant in Rom, Wuppertal, Köln, Bochum, Rheinsberg (Brandenburg) und Berlin.

“Meine Schreibtafel ist die Erde“ schrieb Armin T. Wegner in einem seiner Gedich-te. Eines der wenigen derzeit greifbaren Wegner-Bücher heißt “Odyssee der See-le“. Sein 92-jähriger Lebensweg verschlug ihn wie Odysseus in die Fremde – aller-dings ohne comeback:
Nach Folter und KZ-Haft in der NS-Zeit, nach Ausbür-gerung und Verbrennung seiner Bücher musste er Deutschland verlassen. Gestrandet am Golf von Neapel und auf der Vulkaninsel Stromboli starb Wegner 1978 in Rom – übriggeblieben’ im Exil.

Von Armin T. Wegner sind gegenwärtig im Buchhandel erst wenige Werke wieder erhältlich, so neben der erwähnten “Odyssee“ der “Brief an Hitler“ - beide im Wuppertaler Peter Hammer Verlag. Der Wallstein-Verlag, Göttingen, bereitet eine Werkausgabe ab 2004 vor. Der Berliner Verlag “Das Arsenal“ steht vor der Ausgabe des Briefwechsels von Armin T. Wegner und Lola Landau - Zeugnisse der Liebe und der Fremdheit eines tragischen, deutsch-jüdischen “Jahrhundert-Paares“.

Ulrich Klan

Kontakt: Armin T. Wegner-Gesellschaft e.V., Else Lasker-Schüler-Str. 45, 42107 Wuppertal Tel: 0049- 202 - 305725 (arco-Verlag), e-mail: mediadea@aol.com

Vereinsinterner

Neue Mitglieder:
Carmen Ulrich, Daugavpils (Lettland); Renée Rauchalles, München; Patricia Löffler und Ulrike Damm, beide Berlin; Cornelia Frenkel, Freiburg; Anton Stephan Reyntjes, Recklinghausen; Malte Hahlbeck, Kiel; Marion Rabe, Wuppertal; Inge Ruhs, Leichlingen; Dorothee Ostmeier, Oregon, USA.

Ausgeschieden:
Horst Ernestus und Ursula Heller, Wuppertal; Sabine Köhne, Essen; Ilse Finkenrath, Wermelskirchen/ Burscheid; Albrecht Aulich, Neuss.

Forum der Kreativen in der Gesellschaft

Der erfolgreiche Revolutionär

Konrad Schily hat endgültig das Amt des Präsidenten der von ihm vor 20 Jahren ge-gründeten Universität Witten/Herdecke abgegeben. Bereits 1999 war er offiziell ver-abschiedet worden. Sein Nachfolger W. Zimmerli blieb nur zwei Jahre. Schily, der „Menschenfischer“, der so viele einfluss-reiche Persönlichkeiten in Politik und Wirt-schaft zu überzeugen wusste – mit Alfred Herrhausen war er befreundet – musste noch einmal in die Bresche springen, um die Geschäfte dieser Universität, die Vorbild für private Hochschulen in Deutschland wurde, weiter zu führen. Seit 1993 ist er Mitglied der ELS-Gesellschaft und kämpfte mit für das „Zentrum der verfolgten Künste“, das u.a. befehdet wurde, weil auch der zweite Totalitarismus in Deutschland zu dessen Themen gehö-ren soll (ohne die NS-Verbrechen zu rela-tivieren). Dr. Konrad Schily hat Erfahrung mit solchen Widerständen.


Konrad Schily

Als junger Neurologe hatte er sich mit befreundeten Medizinern und Kranken-schwestern für die Idee eines Gemeinnützigen Krankenhauses (in Süddeutschland) engagiert, das schließlich in Herdecke an der Ruhr realisiert wurde. Eine stille Revolution im deutschen Krankenhauswesen: Ohne hierarchische Strukturen wie Chefärzte und Oberschwestern, aber mit offenen Besuchszeiten und Rooming in, um nur einige Neuerungen zu nennen, die inzwischen in den meisten Hospitälern Einzug gehalten haben. Daraus entwickelte sich fast zwangsläufig die erste private Universität der Bundesrepublik mit dem „Studium fundamentale“, um jungen Menschen auch Zusammenhänge zu vermitteln und nicht zu „Fachidioten“ auszubilden. Die von Konrad Schily geprägten Leitbildern lauten: „Zur Freiheit ermutigen“. „Soziale Verantwortung fördern“. „Nach Wahrheit streben“.

Tuvia Rübner, israelischer Lyriker, hat sein 80. Lebensjahr vollendet. In Nr. 13 der Warmbronner Schriften ist jetzt die Übersetzung einer Erzählung von Agnon mit einem Essay über Agnon und Kafka von ihm erschienen. Im Januar 2004 war der emeritierte Literaturprofessor, der seit 1943 im Kibbuz Merchavia lebt, zu Gast in der Bayerischen Staatsbibliothek. Er las aus seinen Lyrikbänden „Zypressenlicht“, „Von Luft zu Luft“ sowie Passagen aus der noch unveröffentlichten Biographie „Ein langes kurzes Leben. Unterbrochene Erinnerungen“.


Tuvia Rübner

Die Journalistin Nora Niemann schrieb über diesen Abend in München: „Der Gast begann seinen Rückblick auf seine Wanderung Von Pressburg nach Merchavia mit dem Gedanken: ‚Ich lebe in einem blutigen Land.’ Die Verfolgung, der er sich 1942 gemeinsam mit acht anderen Jugendlichen auf einer abenteuerlichen Flucht ins damalige Palästina entzog, hat auf ganz andere Weise für ihn nie wirklich aufgehört, weil Israel nicht zur Ruhe kommen kann. Früher, so Rübner, habe er wild am Leben’ gehangen, weil er sich – stellvertretend für seine Familie – zum Leben erkoren fühlte’. ...Rübner erzählte, wie es einst bei seiner Ankunft gewesen war: Als ich kam, war der Ort voll Staub’. Er erinnerte sich an seine Anfänge ‚als unbeschriebenes Blatt’ und daran, wie er Werner Kraft und Ludwig Strauß kennengelernt hatte: Es gehört zu den Paradoxien meines Lebens, daß das meiste von dem, was ich mir von der deutschen Literatur einverleibt habe, in Israel geschah.’ Er fühle sich wie ein Baum, dessen Wurzeln in die Luft ragen’.“

Ute Remus, Köln, war die Autorin des Stücks "Sollst je du sollst du Schwänin auf dem Ozean" . Nach den erfolgreichen Aufführungen dieser Hommage an Lou Straus-Ernst in Brühl, Bonn und Köln liegt nun ein Hörbuch unter dem gleichen Titel vor. Der Lebensweg der Kölner Kunsthistorikerin und Publizistin Louise Straus-Ernst, die Max Ernst "Rosa Bonheur des Dadas" nannte, endete 1944 in Auschwitz. Anders als der Künstler Max Ernst, der in erster Ehe mit ihr verheiratet war und ihr gemeinsamer Sohn Jimmy, denen die Emigration glückte, wartete sie in Südfrankreich vergeblich auf ihr Visum. Der von Ute Remus nacherzählte Lebensweg lässt nicht nur die Dadaisten der frühen 2oer Jahre wieder lebendig werden, die Autorin zeigt die schreibende Lou Straus-Ernst in ihrer Angst und Neugier auf das, "was jenseits der Berge liegt." Jürg Löw (Max Ernst), Axel Gottschick (Jimmy Ernst), Ute Remus (Lou Straus-Ernst) geben der CD gemeinsam mit Anne Fink, Gerhardt Haag, Claudia Holzapfel und Christian Ingomar eine dichte Athmosphäre zwischen Witz und Tragik, die durch die Klaviermusik von Wolfgang Hoyer unterstrichen wird. - Das Hörbuch "Sollst je du sollst du Schwänin auf dem Ozean" ist im Schmidt von Schwind Verlag, Titustrasse 4, 50678 Köln erschienen und kostet 19.8o € - ISBN 3-932050-23-1

Beate Schroedl, Bildhauerin in Wuppertal, hat auf der IV. Internationalen Biennale für zeigenössische Kunst in Florenz einen der renommierten „Lorenzo il Magnifico“-Prei-se erhalten. Sie war eine von nur 17 deutschen Künstlerin, die zur Biennale eingeladen waren - bei insgesamt 870 internationalen Künstlern in Florenz .

Hermann Schulz, Wuppertal, legt in diesem Frühjahr gleich zwei neue Bücher vor: "Schluss mit lustig!" ist ein Kinderroman im Carlsen Verlag. Dabei geht es um einen schlitzohrigen Polizeihund. ISBN 3-551-55327-0, € 7,90.
„Söhne ohne Väter“ handelt von den Erfahrungen der Kriegsgeneration. Ein Erzähler (Schulz), ein Analytiker und Arzt (Radebold) und der Historiker Jürgen Reulecke wenden sich einem lange verdrängten Thema zu: den "Kriegsopfern", den Söhnen, die kriegsbedingt vaterlos aufwachsen mussten. 40 Lebensgeschichten werden ausgewertet, zahlreiche Erfahrun-gen von Leidensdruck, Einsamkeit, Identi-tätsproblemen und überstarken Mutterbindungen werden erzählt und analysiert.

Hermann Schulz/ Hartmut Radebold/ Jürgen Reulecke „Söhne ohne Väter - Erfahrungen der Kriegsgeneration“,
200 Seiten, gebunden, ca. 14,.90 € , Chr. Links Verlag, Berlin, ISBN 3-86153-320-0.

Renée Rauchalles, München, produzierte eine CD über Else Lasker-Schüler. In Zwischentexten stellt sie die Dichterin vor und liest deren schönste Gedichte sowie Texte und Gedichte von Sylvia Plath. Zu beziehen ist die CD zum Preis von 12,50 € über: ZEITfürKUNST-GALERIE, Renée Rauchalles, Fax: 089-482567, Wörthstr. 39, 81667 München, e-mail: rauchalles@gmx.de

Ruth Tesmar, Berlin, hat neue Bilder und Collagen mit Bild- und Schriftmotiven vorgestellt. Die Ausstellung, die am 19. März in der Galerie Forum Amalienpark in Berlin-Pankow zu Ende ging, trug den Titel „Zwiegespräche“ und war Christa Wolf gewidmet.

Sigrid Bauschinger hat „die erste Biographie, die auch das bisher unbekannte Briefwerk Else Lasker-Schülers berücksichtigt“, geschrieben, heißt es in der Verlagsankündigung zu ihrem neuesten Buch über die Dichterin. Und weiter:
„Else Lasker-Schülers Werk liegt nun seit einigen Jahren in einer Kritischen Ausgabe vor, in deren Rahmen auch der erste Brief-band inzwischen erschienen ist (Jüdischer Verlag/Suhrkamp). Sigrid Bauschinger konnte auf diese und alle weiteren noch zu edierenden Briefe zurückgreifen und so aufgrund des umfangreichen, teilweise unbekannten Materials zeigen, unter welchen Bedingungen Lasker-Schülers Werk entstand. Nicht die zahllosen Anekdoten über ihre exzentrische Erscheinung, sondern tatsächliche Ereignisse machen das Leben dieser außerordentlichen Dichterin aus.

Seit vielen Jahren gilt Sigrid Bauschinger als eine der besten Kennerinnen des Werkes von Else Lasker-Schüler. Aus der Kenntnis des gesamten, teilweise bisher ungedruckten Briefe hat sie diese profunde Biographie geschrieben.“
Siegrid Bauschinger „Else-Lasker-Schüler Biographie“, 496 Seiten, ca. 63 Abb., geb., Wallstein-Verlag, Göttingen, 04/2004; ISBN: 3-89244-440-4, € 38,00. - Sie liest - in einer Gemeinschaftsveranstaltung der "Else-Gesellschaft" und der Buchhandlung Nettesheim - am 4. Mai um 20 Uhr im "Haus der Bücher" in Wuppertal-Elberfeld - hier stand bis zur Zerstörung durch Bomben das Geburtshaus der Dichterin.
Weitere Lesetermine finden Sie unter "Termine".


Briefe/Mails an die ELSG

„Die Etablierung des Kontaktes zur Lasker-Schueler-Gesellschaft steht schon lange auf meinem Programm. Leider habe ich im letzten Sommer einen Besuch in Wuppertal nicht mehr geschafft, würde ihn aber gern im September dieses Jahres, wenn ich sowieso zum Peter Hille Archiv reise, um einen Vortrag über die Beziehungen zwischen Lasker-Schueler und Hille zu halten, nachholen. Denn Lasker-Schüler interessiert mich nicht nur im Kontext meiner Lehre, sondern vor allem in Bezug auf mein derzeitiges Forschungsprojekt über Konstruktionen der Geschlechtlichkeit im frühen zwanzigsten Jahrhundert. Da untersuche ich die poetischen Dialoge zwischen Dichtern und Intellektuellen, die vor allem im Austausch von Gedichten zwischen Partnern stattfanden. Bis jetzt habe ich mich den Dialogen zwischen Lasker-Schueler und Benn, "Gender Debates between Rainer Maria Rilke and Lou Andreas-Salomé", Brecht und Margarete Steffin gewidmet. Ueber Hille und Lasker-Schueler werde ich nun intensiver arbeiten.
Mit freundlichen Gruessen,
Ihre Dorothee Ostmeier, University of Oregon, USA“

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„Meine Beschäftigung mit Lasker-Schülers Werk ist eine längerfristige Forschungs-arbeit. Ich habe meine Magisterarbeit (2001) in Ungarn an der Universität Debrecen mit dem Titel: ,Die Masken und Rollen Else Lasker-Schülers’ geschrieben (Betreuer: Univ.-Doz. Kálmán Kovács). Seit 2002 bin ich Doktorandin an der Uni Tübingen, am Lehrstuhl für Komparatistik bei Prof. Jürgen Wertheimer. Meine Dissertation mit dem Titel: ,Der transgressive Autor. Untersuchung anhand der Texte von Else Lasker-Schüler und Fernando Pessoa’ (Betreuer: Prof. Jürgen Wertheimer und Prof. Hans-Georg Kemper) wird voraussichtlich 2005 abgeschlossen.
Mit freundlichen Grüßen: Réka Kiss“

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„Vom 1.-3. April gibt es an der Renmin Universität China in Beijing ein Symposium ueber deutsche Literatur. Ich halte dabei einen Vortrag über Else Lasker-Schuelers Widmungsgedichte für Gottfried Benn. Das Symposium trägt den Titel: Die Litera-turgeschichte - Sackgasse oder "Literaturstrasse"? Veranstaltet wird es von der
Redaktion des chinesisch-deutschen Jahrbuches "Literaturstrasse", in dem chine-sische und deutsche Autoren Artikel zu Sprache, Literatur u. Kultur ver-öffentlichen. Im 3. Band dieses Buches, in dem ich einen Beitrag ueber ELS geschrie-ben habe, steht auch eine persoenliche Interpretation von Ulla Hahn zu ihrem Gedicht "Ars poetica". Ab 2004 wird jähr-rlich einmal ein solches Symposium stattfinden. Herzliche Grüße- Aihong Jiang, Beijing Institute of Technology

Buchtipps

„Wenn Wahnbilder Sie bedrängen, so schließen Sie nicht die Augen, sondern versuchen Sie einmal, diese Bilder in sich deutlich werden zu lassen... Auch der Wahnsinn hat seine heilige Seite....“. Nein, nicht Else Lasker-Schüler erhielt diesen Brief von Hermann Hesse, sondern der junge Carl Stern, der ihm anvertraute, mit welcher Akkuratesse seine Familie und von dieser zu Rate gezogenene Psycho-logen sich bemühten, die in ihm wirkende und zum Ausbruch drängende Fantasie als Resultat einer verkappten Nervenkrankheit abzustempeln. – Es ist eine spannende Lebensgeschichte die Tilly Zacharow nach langer Recherche zu Papier gebracht hat – die Geschichte eines starken Sohnes, der eine noch stärkere Mutter hatte, die ihn aber schließlich schwach machte: 1918 in Troppau, Böhmen, geboren, gehörte er dem deutschen Kulturkreis an. Das in Prag begonnene Jurastudium wurde durch den Einmarsch der Hitler-Wehrmacht 1939 abgebrochen. Noch vor seinen zögernden Eltern flüchtete er nach Palästina, wo er nur schwer heimisch wurde. Seinen Lebensunterhalt verdiente er als Fotograf. Zu seinen Bekannten gehörte Else Lasker-Schüler. Aber wie viele Exilanten starb er vereinsamt. Das war 1985 in Jerusalem – Das vorliegende Buch, eine Mischung aus Erzählung, Lyrik und Prosa, ist mehr als nur eine Dokumentation über das Leben eines Suchenden .
Tilly Zacharow „Ich bin der Welt abhanden gekommen. Leben und Werk des Dichters Carl Stern aus Jerusalem“, 304 Seiten, gebunden M. u. N. Boescher Verlag, Berlin – Haifa, € 16,50, ISBN 3-923809-75-1

Andrea Henneke-Weischer hat in der renommierten Reihe „Theologie und Literatur“ von Karl-Josef Kuschel und Georg Langenhorst ihre Dissertation als Band 14 vorgelegt, bei der es um die Bibel im Werk Else Lasker-Schülers geht. Die Bedeutung der Bibelrezeption der Dichte- rin liegt, wie die Autorin eindrucksvoll darstellt, darin, dass es Else Lasker-Schüler gelingt, eine allzu starre Gegenüberstellung von biblischer Exegese einerseits und literarischer Verarbeitung der Bibel andererseits zu überwinden und so die Theologie in der Weise einer provokatorischen Verstörung wichtige Impulse zu geben.
Andrea Henneke-Weischer „Poetisches Judentum. Die Bibel im Werk Else Lasker-Schülers“, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz,475 Seiten, € 36,00,
ISBN 3-7867-2430-X.

Betty Falkenberg veröffentlichte in den USA die – nach eigenen Angaben - erste ELS-Biografie in Englisch. In der Verlagsankündigung heißt es u.a.: „Else Lasker-Schüler, a pivotal figure in German Expressionism, presided over avant-garde café life in pre-World War I Berlin in much the same way Gertrude Stein did in Paris around the same time. While her work is not yet very well known in the English-speaking world, it has been enjoying a critical and popular revival in Germany and in Israel. This fulllength biography of Lasker-Schüler explores her poem, plays, prose and graphic works in light of her life. It begins with her fleeing to Switzerland after Hitler’s accession to power in 1933, looks back at her childhood in Wuppertal, the follows her life though to its end in Jerusalem in January 1945. As a Jew, a woman and a bohemian, Lasker-Schüler defied every category. Her two marriages – first to Dr. Berthold Lasker, then to Herwarth Walden, founder of the leading avant-garde periodical, gallery and publishing house, „Der Sturm“ – as well as her interactions with Karl Kraus, Franz Marc, Gottfried Benn, Martin Buber and Gershom Scholem, are documented in letters and poems, many included here both in the original and in translation.. –Über die Autorin heißt es u.a.: „Betty Falkenberg is a Five College Research Associate and a member of the Biography Seminar of New York University, and was a longtime correspondent for the International Herald Tribune. She lives in South Hadley, Massachusetts. –

Betty Falkenberg „Else Lasker-Schüler. A Life“, 248 pages, soft cover. Photographs, chronology, notes, appendices, biblio-graphy, index. McFarland & Company, Inc. Box 611, Jefferson, North Carolina 28640, USA. ISBN 0-7864-1460-X

Meldungen der Stiftung Verbrannte und verbannte Dichter/Künstler

War bislang die Erforschung deutsch-sprachiger Emigration nach 1933 bevorzugt eine Domäne von Literatur-wissenschaftlern und Kunsthistorikern, so beginnt seit den 1980er Jahren auch die (deutsche) Kunstgeschichte, das Exil als neues Terrain zu entdecken. Die Ende des vergangenen Jahres erschienene umfang-reiche Arbeit von Rosamunde Neugebauer ist ein – nicht nur für Fachwissenschaftler – lesenswerter Deutungsversuch ästhe-tischer Zeichen im bildnerischen Werk deutschsprachiger Emigranten.

Die Bildsprache, die die 30 von ihr untersuchten (prominenten wie unbe-kannten) Künstler mit ins Exil nahmen, so Neugebauer in ihrer Analyse, erwies sich als ähnlich grosses Hindernis wie die deutsche Muttersprache für exilierte Schriftsteller. Ein Schaffenskontinuum war für sie die Ausnahme. Der Bruch die Regel. Der sentimentalen Vorstellung eines „Aufbruchs zu neuen Ufern“, verbunden mit dem


Rosamunde Neugebauer

Charme eines Neubeginns, stand im Alltag die Realität des Exils meist als glanzlose Praxis entgegen, als individuelle Krisenerfahrung, die sich eben nur bedingt symbolisch auf- und umwerten ließ. Das bisherige Lebensgefüge wurde radikal erschüttert und zeigte Risse, die eventuell noch gekittet und übertüncht, aber nie mehr ungeschehen gemacht werden konnten – und ihre Spuren nicht zuletzt auch in Werk und Leben der emigrierten Künstler hinterlassen haben. „The open door“, eine Pressezeichnung des Karrikaturisten Victor Weisz, geboren 1913 in Berlin, seit 1936 britischer Staatsbürger und einer der führenden Cartoonisten Englands, bringt die Sache auf den Punkt: sein Politcartoon vom 10. Oktober 1938 ist ein bitter-ironischer Kommentar zur Verfolgung und gesellschaftlichen Ausgrenzung von Juden in NS-Deutschland sowie zu der geringen Bereitschaft im Ausland, Emigranten aufzunehmen. Einzig der Selbstmord bietet sich als „gangbarer Ausweg“ für den mit Sack und Pack in einem von Türen begrenzten, leeren Raum sitzenden Mann. Alle anderen Türen, auch die nur angelehnte Türe in die Immigration, sind mit Stacheldraht versperrt...Vicky Victor Weisz nahm sich 1966 in London das Leben. – Ulrike Müller (ausführliche Rezension auf der Homepage www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de)

Rosamunde Neugebauer: „Zeichnen im Exil – Zeichen des Exils. Handzeichnung und Druckgraphik deutschsprachiger Emigranten ab 1933“ Schriften der Guernica-Gesellschaft Band 14, Weimar 2003 ISBN 3-89739-329-8, Preis: € 73,50

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Der Deutschlandfunk musste kurzfristig die für den Holocaust-Gedenktag 27. Januar 2004 angekündigte Sendung über das XI. ELS-Forum in Wroclaw/Breslau absetzen. Wir erfuhren davon leider auch erst zu spät. Deshalb konnten wir den neuen Sendetermin 17. Februar 2004 nur auf der Homepage www.Else-Lasker-Schueler-gesellschaft.de veröffentlichen. Wir bitten um Nachsicht und Verständnis. Das gilt auch für den folgenden Hinweis:

Der Druckfehlerteufel müsste heutzutage Computerteufel heißen. Beim für den Druck notwendigen Umformatieren des Manuskripts im PC hat sich ein verhäng-nisvolles „k“ im Bericht über das Forum in Breslau eingeschlichen. In dem Text über Karol Sauerland, der mit seinen Eltern über Paris nach Moskau floh, hieß es, daß er später von Ostberlin nach Warschau ging. Richtig hätte es heißen müssen, daß Polen zwar auch eine Diktatur war, wenn auch weniger miefig und spießig als die DDR. Mit dem eingeschmuggelten „k“ wurde jedoch fälschlich aus „eine“ das Wort „keine“. Der Vortrag von Karol Sauerland wird wie die übrigen Breslauer Texte im neuen ELS-Almanach „Zweisee-lenstadt: Breslaw“ veröffentlicht.

   
 

XII. ELS-Forum in Prag

1989, vor 15 Jahren, verkündete der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher den DDR-Flüchtlingen im Garten der deutschen Botschaft die mit Erleichterung und Jubel aufgenomm-ene Nachricht von der freien Ausreise. Auch daran wird zu erinnern sein, wenn vom 16. bis 24. Oktober 2004 das Else-Lasker-Schüler-Forum in Tschechiens Hauptstadt stattfindet. H.-D.Genscher hat nicht nur die Schirmherrschaft übernommen, sondern auch seine Teilnahme zugesagt. Innenminister Otto Schily wird im barocken Kreuzgang der Nationalbibliothek die Ausstellung „Liebes- und Musenge-schichten. Das fragile Glück im Unglück von Verfolgung und Exil“ eröffnen. Es ist ein Teil der Sammlung Jürgen Serke, dessen ins Tschechische übersetzte „Böhmischen Dörfer“ 2002 zum „Buch des Jahres“ gekürt worden waren. Jürgen Serke hat das Programm für das Forum zusammengestellt, eine Mischung aus Diskussionen, Vorträgen, Ausstellungen, Lesungen und Konzerten. Der Titel ist ein Zitat Else Lasker-Schülers: „Manchmal habe ich Sehnsucht nach Prag“. Partner vor Ort ist die Föderation der jüdischen Gemeinden in der Tschechischen Repu-blik, die als einen Veranstaltungsort die traumhaft schöne Spanische Synagoge zur Verfügung stellt. Dort ist ein Konzert mit Kompositionen der „Komponisten von Theresienstadt“ vorgesehen und die Auf-führung der Kinderoper „Brundibár“ als Einstudierung des Thomas Mann-Gymna-siums und der Grundschule der deutsch-tschechischen Grundschule Prag. Mit da-bei: Greta Klingsberg aus Jerusalem, die Hauptdarstellerin der berühmten Auffüh-rung von Theresienstadt. – Interessenten, die am Forum teilnehmen möchten, em-pfehlen wir das RVR Reise- u. Verkehrs-büro/ Lufthansa City Center, Kaiserstr. 91-93, D-42477 in Radevormwald. Fax 02195 – 9105(0)55, Tel. 02195 9105-0, e-mail: rvr@rvr-tours.de

Das ausführliche Programm ist schon jetzt abrufbar unter:
XII. Else-Lasker-Schüler-Forum in der tschechischen Hauptstadt 16.-24.Oktober 2004

 

  Termine 2004
Freitag - Samstag, 26.-27. März 2004
Die Wolfsburg, Katholische Akademie, Mühleim/Ruhr, Falkenweg 6
„Else Lasker-Schüler“
– Klassiker des 20. Jahrhunderts, Literaturseminar.

In Kooperation mit der Else-Lassker-Schüler-Gesellschaft, der Fachstelle für kirchliche Büchereien und Medien im Bistum Essen und dem Borromäusverein Bonn. Referenten: Dr. Ricarda Dick, Dr. Herbert Fendrich, Gisela Paul, Hajo Jahn. Themen u.a.: Biografie, literarisches Schaffen, Gedichtinterpretation, Kunst und Literatur begegnen sich, Gedichte und Bilder, Mein Herz – ein Liebesroman, Vor-tröge „Lektion über Literatur und Moral“, „Jerusalemer Exil“. - Anmeldung zur „Ta-gung Nr. 3007“ über Tel.0208 99919-106.

Samstag, 27. März 2004, 20 Uhr
Kulturwerkstatt Hiddenhausen
Maschstraße 26
Hiddenhausen bei Herford

14. Mai 2004, 19:30 Uhr
St. Nikolai Kirche Eckernförde

Im Rahmen der Ausstellung Juden und Christen 1933-1945

16. Mai 2004, 18 Uhr
Lagerkirche Sandbostel b. Bremervörde

„Gedichte von Selma-Meerbaum-Eisinger für Ihren Freund Lejser Fichmann“ – Ein Theaterabend

Sonntag, 28. März 2004, 19.00 Uhr
Friedenskirche, Bochum-Stahlhausen, Halbachstraße

Benefizveranstaltung für den Bau einer Synagoge in Bochum: Else Lasker-Schüler zum 135. Geburtstag. Einführung Hajo Jahn. Mit Charlotte Sieglin und John Wesley Zielmann (Rezitationen), Wolfgang Sellner, Violoncello, und Aloisius Groß, Klavier.

Donnerstag, 1. April 2004
17.00 Uhr Rathausvorplatz Wuppertal-Barmen
Brandspur der Bücher
- Aktion zur Erinnerung an die ersten Bücherverbren-nungen in Nordrhein-Westfalen vor dem Rathaus Wuppertal-Barmen am 1. April 1933. Wolfram Kastner, Leiter des Instituts für Kunst und Forschung, München, wird einen symbolischen Brandfleck mit Farbe auftragen. Jugendliche der Hauptschule Barmen-Emilienstraße (mit Rektor Ulrich Föhse) und der Gesamtschule Else Lasker-Schüler (mit Heiner Bontrup) rezitieren Lyrik „verbrannter Dichter“. Mitwirkende: Trommel-AG der Gesamt-schule, und Bürgermeister Rolf Köster.
Anschließend:

Donnerstag, 1. April 2004, 18.00 Uhr
Gemarker Kirche, Wuppertal-Barmen, Zwinglistraße

„Die Vergangenheit in der Gegenwart“
Vorträge von Wolfram Kastner, München: „Die Spur der Bücher“, und Dr. Dieter Nelles, Historiker, Wuppertal „Fragen an einen Lebenslauf: Biedermann – Brand-stifter? Vom Chefpropagandisten des NS-Studentenbundes zum stellv. Chefredak-teur einer Wuppertaler Zeitung“
. Rezitation aus Rolf Hochhuths Rede zur „Bücher-verbrennung“ in Wien: Bernd Kuschmann. Musik: Wolfgang Schmidtke

Chor und Musiker der Gesamtschule Else Lasker-Schüler. Eine Veranstaltung der ELS-Gesellschaft mit der Gewerkschaft und der City Kirche Barmen-Gemarke , die
in 2004 Veranstaltungen zum 70. Jahres-tag der „Barmer theologischen Erklärung“ durchführen wird.

Sonntag, 4. April 2004, 20 Uhr
Rex-Theater, Kipdorf 29,
Wuppertal-Elberfeld
Gastspiel des Experimentellen Theaters Günzburg:

INMITTEN WEITER FERNE
Janusz Korczaks Weg ins Licht. Ein Gedankenzyklus von Siegfried Steiger mit Bildern und Musik. Kompositionen: Matthias Grimminger, Dortmunder Philhar-moniker; Illustrationen: Itzchak Belfer, Tel-Aviv (ehemaliger Zögling von Korczak) Fotographie: Markus Lenz.
Eine Gemeinschaftsveranstaltung von ELS-Stiftungannal und Theater Rex.


Janusz Korczak Denkmal in Günzburg
von Itzchak Belfer

Ostersonntag, 11. April 2004, 20 Uhr
Berliner Philharmonie am Potsdamer Platz

Konzert von und mit George Dreyfus. Er dirigiert einen Teil des Konzertes mit dem Stabsmusikkorps, hauptsächlich Film-musiken.

Sonntag, 18. April, 17 Uhr
Frankfurt/M., Holzhausenschlösschen, Justinianstr. 5

"...ich will nicht mit ihm tanzen. Ich will mit niemandem tanzen.
Und selbst wenn ich es wollte, dann nicht mit dem."

Dorothy Parker – vorgestellt von Carmen Renate Köper („Literarischer Salon“), musikalische Begleitung Susanne Kohnen.

... bis Sonntag, 18. April 2004
Deutsches Werkzeugmuseum
Remscheid
Ausstellung „Chthonische Gottheiten –
Gottheiten der Erde“

Werke von Barbara Held u. Boris Meißner.

Samstag, 23. April 2004 21 Uhr
BIS-Zentrum Mönchengladbach und
Donnerstags, 29.April 2004, 20 Uhr
Bergische Universität Wuppertal
Gaußstr., Musiksaal, Gebäude ZH
Anat Kumar"
Schreiben zwischen Kulturen: Die uferlosen Geschichten"
(Buchvorstellung - Lesung)

Sonntag, 27. Juni, 17 Uhr
Frankfurt/M., Holzhausenschlösschen, Justinianstr. 5

"Oh, Ihr neidischen Götter, Spiel-verderber...!"
Ricarda Huch – vorgestellt von Carmen Renate Köper („Literarischer Salon“), musikalische Begleitung Susanne Kohnen.
(Änderungen vorbehalten)

Neues aus dem „Else-Shop“:
Über die Gesellschaft sind per Post oder E-Mail verschiedene Bücher zu beziehen. U.a. „Die verbrannten Dichter“ mit Benefiz-CD für € 13,-- (statt € 16,95). „Momente in Jerusalem“, Doppelband mit Schwarz-weiß-Fotos € 15,-- statt € 26,- Nicht im Handel, aber sofort bei der ELS-Gesellschaft sind ausgefallene Damen- und Herrenuhren zu bestellen: Das Zifferblatt ist das Selbstbildnis der Dichterin (und unser Logo).

Die Uhren haben beide ein silberfarbenes Gehäuse; die Damenuhr hat weiße und die Herrenuhr schwarze Zeiger.
Preis: € 32,- , incl. Versand.
Lieferbar ist zum selben Preis auch eine runde Wanduhr mit dem Logo, Durchmesser 17 cm..

Letzte Meldung

Aktion8000 zur Rettung der Bibliothek der verbrannten Bücher
Am 16. März 2004 wurde im Literaturhaus in München zur Rettung der Bibliothek der verbrannten Bücher (Sammlung Georg P. Salzmann) der gemeinnützige Verein "Aktion 8000 Patenschaften für verbrannte Bücher" gegründet. Durch 8000 Patenschaften á 100 Euro soll die Erwerbung der Bibliothek ermöglicht werden. Noch ist nichts definitiv. - Inzwischen besteht auch eine Homepage:
http://www.aktion8000.de

   
   
   
 

XII. Else-Lasker-Schüler-Forum in der tschechischen Hauptstadt
16.-24.Oktober 2004

„Manchmal habe ich Sehnsucht nach Prag“
(Else Lasker-Schüler)

Schirmherr Hans-Dietrich Genscher, Außenminister a.D.

Gefördert von: Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds, Auswärtiges Amt, Bundesministerium des Innern
Kooperationspartner in Prag: Föderation der Jüdischen Gemeinden in der Tschechischen Republik
Medienpartner: Deutschlandfunk. Unterstützt von der Friedrich-Ebert- und der Bosch-Stiftung

Im Brožik-Saal des Historischen Rathauses zu Prag wird am Abend des 17. Oktober 2004 das inzwischen XII. Else-Lasker-Schüler-Forum offiziell eröffnet. Zuvor finden Interviews mit Hans-Dietrich Genscher statt, eröffnet Innenminister Otto Schily eine Ausstellung in der Nationalbibliothek. Damit präsentiert sich erstmals eine deutsche Literaturgesellschaft in der tschechischen Hauptstadt, der Stadt mit der ersten deutschen Universität und dem über weite Strecken meistens friedlichen Nebeneinander von Religionen und Sprachen. Mit den Foren in Breslau und Prag stell(t)en die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft und –Stiftung aus Anlass der EU-Erweiterung das „Zentrum der verfolgten Künste und Intellektuellen“ in den Nachbarländern vor, mit denen wir über Kultur und Geschichte besonders eng verbunden sind.

   
 
Der alte Tempel in Prag

Tausend Jahre zählt der Tempel schon in Prag;
Staubfällig und ergraut ist längst sein Ruhetag
Und die alten Väter schlossen seine Gitter.

Ihre Söhne ziehen nun in die Schlacht.
Der zerborstene Synagogenstern erwacht,
Und er segnet seine jungen Judenritter.

Wie ein Glücksstern übt Böhmens Judenstadt,
Ganz aus Gold, wie nur der Himmel Sterne hat.
Hinter seinem Glanze beten wieder Mütter.

Else Lasker-Schüler, 1915

© Suhrkamp

 

Von Havel bis Hein - Mitwirkende in Prag
Die Dichterin Else Lasker-Schüler war oft in Prag zu Lesungen und befreundet mit den dortigen deutschsprachigen Dichtern wie Franz Werfel oder Paul Leppin, ihrem „König von Böhmen“.
Texte von ELS und Paul Leppin werden Anne und David Bennent lesen. Über die „Prager Spuren des Prinzen Jussuf“ hat der ehema-lige tschechoslowakische Parlamentspräsident Milan Uhde im ELS-Almanach „Meine Träume fallen in die Welt“ geschrieben. Neben den dichtenden Politikern Vaclav Havel, Milan Uhde und Jirí Gruša wer-den beim XII. Forum Dichter und Musiker aus Tschechien, Polen, Ungarn, Israel, Deutschland, den USA und der Schweiz mitwirken: Marta Kubišová, die Sängerin, die sich nach 1968 dem Regime nicht beugte, Lenka Reinerová, György Konrád, Imre Kertesz, Pawel Huelle, Adam Zagajewski, Arnost Lustig, Greta Klingsberg, Aharon Appelfeld, Olga Tokarczuk, Joseph Hahn, Barbara von Wulffen, Irina Liebmann, Christoph Hein, Jörg Bernig u.a. Das Tschechische Kammerorchester wird Werke der „Theresienstädter Komponisten“ Pavel Haas, Victor Ullmann, Gideon Klein, Karel Reiner und Sigmund Schul aufführen. Dieses Konzert findet ebenso wie die Aufführung von „Brundibár“ in der Spanischen Synagoge statt, eine Einstudierung des Prager Thomas-Mann-Gymnasiums und der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung.
   
  Das Forum ist eine Hommage an ein Land, das 1933 die wiederständige deutsche Literatur aufnahm – hier sei nur Thomas Mann erwähnt - und nach 1968 selbst jenen Widerstand leistete, der zum Zusammenbruch des kommunistischen Totalitarismus führte. Jürgen Serke, der 1977 mit seinem Buch „Die verbrannten Dichter“ die Wiederentdeckung jener Autoren einleitete und 1987 mit seinen „Böhmischen Dörfern“ die deutschsprachige Literatur der Tschechoslowakei ins Bewusstsein zurückholte, hat das Programm des Forums konzipiert. Seine ins Tschechische übersetzten „Böhmischen Dörfer“ wurden 2002 in Prag zum „Buch des Jahres“ gewählt – das Buch eines Deutschen, obwohl gerade die Auseinandersetzungen um die Beneš-Dekrete tobten.

Die Tapferkeit und der Mut dieses Landes bei der Aufnahme der Flüchtlinge aus Nazideutschland ab 1933, aber auch im Kampf gegen den kommunistischen Totalitarismus - manifestiert in Persönlichkeiten wie Václav Havel, Jirí Gruša und Pavel Kohout, die ihre Teilnahme bereits zugesagt haben - sind weitere Gründe für das XII. ELS-Forum 2004 in Prag.

   
 
ANMELDUNGEN: RVR Reise- u. Verkehrsbüro/ Lufthansa City Center, Kaiserstr. 91-93, D-42477 in Radevormwald. Fax 02195 – 9105(0)55, Tel. 02195 9105-0, e-mail: rvr@rvr-tours.de
Alle Veranstaltungen sind öffentlich, doch empfiehlt sich eine Rückmeldung beim Reisebüro. Wer sich selbst um Unter-kunft bemühen möchte, sollte das frühzeitig tun, denn Prag ist ein überaus begehrtes Reiseziel. Wir freuen uns, möglichst viele Mitglieder dort begrüßen zu können.
   
 
Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e.V.; Herzogstr. 42; D-42103 Wuppertal; Tel: 0202-305198; Fax: 0202-7475433; E-mail: vorstand@else-lasker-schueler-gesellschaft.de. Homepage: www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de Vorsitzender: Hajo Jahn; Stellvertreter: Heiner Bontrup; Schatzmeisterin: Monika Knopp; Schriftführerin: Anne Grevé; Beisitzer: Prof. Manfred Brusten, Monika Fey, Dorothee Kleinherbers-Boden, Wolfgang Drost sowie die Autoren Ulla Hahn und Jiri Gruša, Tschechien. Bankverbindung: Stadtsparkasse Wuppertal, BLZ 33050000, Kontonummer: 968768.
Stiftung „Verbrannte- und verbannte Dichter-/ KünstlerInnen“ – Kuratorium: Hans-Dietrich Genscher, Annemarie Renger, Dr. Jörg Mittelsten Scheid, Ingrid Bachér, Ursula Schulz-Dornburg, Jürgen Serke. Konto: Stadtsparkasse Wuppertal, BLZ 33050000, Kontonummer: 902999.


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