Ausgabe 57

3. Quartal 2004

 

 

 

" Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.
Es steht im Dunkel der Kellertür,
seitdem die Welt verrohte...."

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Esther Ofarim
bei Prag-Forum

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Weitere Promis:
Havel, Shmueli
Biller, Gruša,
Rübner, Anne &
David Bennent

> Jeder 3. kennt:
Forsa-Umfrage
zu Exilanten

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  Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder,

damit Sie sich rechtzeitig und entspannt mit dem Programm des XII. ELS-Forums vom 16. bis 24. Oktober 2004 in Prag beschäftigen können, haben wir dieser Sommerausgabe den (vorläufigen) Ablauf beigefügt.

In der tschechischen Hauptstadt wird es ein Wiedersehen mit guten Bekannten geben, die besonders mit unserem Gastland verbunden sind, wie etwa Fritz Beer, dem ehemaligen Präsidenten des „Exil-PEN“, der aus Brünn stammt. Oder mit dem Lyriker Tuvia Rübner, der vor 80 Jahren in Pressburg/Bratislava geboren wurde, mit Lenka Reinerova, Pavel Kohout und Maxim Biller. Oder mit Jiri Gruša. Der Präsident des Internationalen PEN und Jürgen Serke sind bei diesem Forum unverzichtbar.

Mit Ilana Shmueli haben wir die Herausgeberin eines der interessantesten Bücher der jüngsten Zeit gewinnen können, nämlich ihren Briefwechsel mit Paul Celan. Frau Shmueli war eine Freundin aus Czernowitzer Jugendtagen und aus der Zeit des Ghettos. Nach Jahrzehnten der Trennung waren der berühmt gewordene Dichter und die mittlerweile in Israel lebende Ilana Shmueli einander 1965 in Paris wiederbegegnet. Aber erst im Oktober 1969, mit Celans Reise nach Israel, beginnt eine dichte Korrespondenz und Beziehung.
Die Lesung von Ilana Shmueli aus Czernowitz und Tuvia Rübner aus Bratislava - er lebt heute im Kibbuz Merchavia in Israel - bildet den Auftakt des XII. Else-Forums am Samstag, d. 16. Oktober 2004 im Goethe-Institut, das gemeinsam mit der Föderation der jüdischen Gemeinden in der Republik Tschechien unser Kooperationspartner ist.

Mit dabei in Prag ist Milan Uhde, ehemaliger Kultusminister und Parlamentspräsident. Er hatte sich beim I. Forum 1993 in Wuppertal mit einem Vortrag als profunder Kenner der deutschen Dichterin in seinem Heimatland erwiesen: „Auf den Prager Spuren des Prinzen Jussuf“ hieß der Uhde-Vortrag, den wir im Programm-Magazin zum Forum noch einmal veröffentlichen wollen. Mit dem Text in der Hand kann man diesen Spuren an Ort und Stelle nachgehen. Darin ist nachzulesen, wie die Dichterin 1913 am Altstädter Ring ihrer 25köpfigen Begleitung eine flammende Rede auf „Arabisch“ gehalten haben und dafür von der Polizei wegen „Nachtruhestörung“ festgehalten worden sein soll.

Anne und David Bennent, das Geschwisterpaar, wird Texte von Else Lasker-Schüler und Paul Leppin, dem „König von Böhmen“ lesen. Über den „Versuch, in der Wahrheit zu leben“ sprechen Václav Havel, Lech Walesa, Lennart Meri und Arpad Göncz, die ersten Präsidenten nach dem Ende des Kommunismus in Tschechien, Polen, Estland und Ungarn.


Václav Havel, Lech Walesa, Arpad Göncz, Lennart Meri (v.l.n.r.)

Auch ein bundesrepublikanischer Politiker hat sich in die Geschichtsannalen eingeschrieben: Hans-Dietrich Genscher, der Schirmherr unseres XII. Forums: Vor 15 Jahren konnte er den 4.000 DDR-Flüchtlingen im Garten der deutschen Botschaft die Ausreise nach West-Deutschland verkünden.

Hans-Dietrich Genscher, seit rund einem Jahrzehnt Mitglied der ELS-Gesellschaft, wird über seine Prager Erfahrungen als Außenminister im Gespräch mit Jürgen Serke erzählen, der selbst während des „Prager Frühlings“ zunächst deutscher Korrespondent und später dort persona non grata war.

Das Forum in Prag soll auch im Rückblick auf die zerstörerische Geschichte des 20. Jahrhunderts Perspektiven einer fruchtbaren europäischen Zusammenarbeit unter Berücksichtigung des EU-Beitritts der Tschechischen Republik entwickeln.

In einer Mischung von klassischer und populärer Musik wie der Kinderoper „Brundibár“, Werken der „Theresienstädter Komponisten“ und mit einem Konzert von Esther Ofarim im Theatersaal der Stadtbibliothek, mit Podiumsdiskussionen, Dichterlesungen, Ausstellungen und wissenschaftlichen Vorträgen in der Karls-Universität wollen wir zeigen, wie eine lustvolle Auseinandersetzung die alten Streitformen auflöst und gewinnbringend für alle Seiten sein kann.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen schönen Sommer und hoffe auf einen goldenen Oktober mit vielen Mitgliedern beim XII. ELS-Forum, das seinen Titel einem Lasker-Schüler-Text verdankt: „Manchmal habe ich Sehnsucht nach Prag“.

Herzlich Ihr Hajo Jahn

PS: Für Fragen der Reiseplanung kontakten Sie bitte das Lufthansa-City-Center: 42477 Radevormwald, Kaiserstr. 91-93, Tel. 02195- 91050, Fax –9105 55, E-Mail: rvr@-tours.de.

„Die Wupper“ wieder in Wuppertal

Die neue Spielzeit am Schauspielhaus Wuppertal wird mit dem Drama eröffnet, das die Dichterin ihrer Geburtsstadt gewidmet hat: „Die Wupper“ wird nach 38 Jahren erstmals wieder da gezeigt, wo das Stück spielt. Was gab es nicht alles für Vorankündigungen. Dortmund wollte im Frühjahr 2004 mit einem Lasker-Schüler-Stück herauskommen. Gerüchte brodelten in Süddeutschland und Berlin, sogar aus New York kam Geraune (um „Ichundich“). Als der neue Generalintendant in der Schwebebahnstadt vor drei Jahren sein Amt antrat, wollte er Wuppermäßig beginnen. Nichts davon wurde realisiert. Doch jetzt ist es soweit: Am 19. September in Wuppertal-Elberfeld. Die Regie hat Thorsten Pitoll.
Bereits am Sonntag, dem 12. September 2004, wird der Pädagoge, Autor und ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Else-Gesellschaft, Dr. Klaus Becker, in einer Einführungsmatinee deutlich machen, welche sprachliche Kraft dieses Stück noch heute besitzt, rund acht Jahrzehnte nach seiner Entstehung.

Wer macht mit bei Lesungen zur Erinnerung an Bücherverbrennung?

Künftig sollen in allen Städten, in denen 1933 Bücherverbrennungen stattgefunden haben, öffentliche Lesungen durchgeführt werden. Überwiegend am 10. Mai. Für diese Aktion erhoffen wir uns die Mitwirkung von möglichst vielen Mitgliedern vor Ort in jenen mehr als 50 Kommunen, in denen die Nazis mit den Büchern auch die Biografien von Autoren wie Erich Maria Remarque, Erich Kästner, Else Lasker-Schüler, Alfred Döblin, Bertolt Brecht oder Anna Seghers auslöschen wollten. Die Idee für eine bundesweite wiederkehrende Kampagne entstand am 1. April d. J. in Wuppertal, als der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner auf dem Rathausplatz mit schwarzer Farbe einen symbolischen Brandfleck applizierte.


W. Kastner am authentischen Ort der ersten
Bücherverbrennung in NRW: Wuppertal

Jugendliche einer Hauptschule und der Gesamtschule Else Lasker-Schüler trugen Texte verfolgter Dichter vor, sorgten mit Trommeln für akustische Aufmerksamkeit und rappten Else Lasker-Schüler-Gedichte. „In Wuppertal geht’s“ schrieb die Süddedutsche Zeitung in Anspielung darauf, dass Kastner in München und Nürnberg Schwierigkeiten mit den Behörden bekommen hatte. In Wuppertal hatte sich allerdings ein Politiker für das Vorhaben eingesetzt: Bürgermeister Rolf Köster, der sich - leider vergeblich - für ein Denkmal auf dem Rathauplatz eingesetzt hatte, also an authentischer Stelle.

Die Veranstaltung, die gemeinsam mit der Gemarker Kirche und der Gewerkschaft ver-di durchgeführt wurde, endete mit Vorträgen in dem Gotteshaus, in dem vor 70 Jahren der bescheidene Widerstand im deutschen Protestantismus gegen die NS-Diktatur mit der „Barmer theologischen Erklärung“ begann. Die Vorträge, die sich mit „Biedermännern und Brandstiftern“ befassten, sind auf der Homepage der ELS-Gesellschaft und im „Exil-Archiv“ veröffentlicht. - In Deutschland fanden die ersten Bücherverbrennungen in Kaiserslautern am 26. März, in Wuppertal am 1. April und in Leipzig am 3. Mai 1933 statt.

Als Partner für die bundesweite Aktion haben wir die Gewerkschaft ver-di ange-sprochen und Kontakte aufgenommen zu Mitgliedern wie Bischöfin Maria Jepsen von der Nordelbischen evangelisch-lutherischen Kirche, Hamburg, die einst mit einer Weihnachtspredigt über Else Lasker-Schüler ihre Sympathie für die verfolgte Dichterin öffentlich gemacht hat. „Ich will“, antwortete sie, „diese Anregung weitergeben an die EKD, denn in der Tat sind wir als Kirche des Wortes und Kirche des Buches in einer besonderen Verantwortung auch über Biblisches und Christliches hinaus.“

Interessenten können sich gern bei uns anmelden. Wir veröffentlichen rechtzeitig in den nächsten Rundbriefen und auf der Homepage www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de nähere Einzelheiten der geplanten Aktionen rund um den 10. Mai 2005.

 

Vereinsinterna

Neue Mitglieder: Regine Walther, Ratingen; Norbert Renkl, Stuttgart; Petra Reategui, Köln; Gerda Freise, Göttingen.


Ausgeschieden: Regine Walde, Hamburg; Anne Dahm-Puchalla, Köln; Paul Manteuffel, Oberlenningen, Lukas Rölli, Bonn; Monika Pauli, Köln; Hanna Jordan, Wuppertal.

Forum der Kreativen in der ELSG

Hans Dieter Zimmermann, Professor am Institut für Literaturwissenschaft der TU Berlin, hat im April in der Beckschen Reihe des C.H. Beck-Verlags sein neues Buch über Franz Kafka veröffentlicht: „Kafka für Fortgeschrittene" (ISBN: 3406510833; € 12,90). Es ist der Versuch, Kafka nicht auf seine Biographie zu reduzieren, sondern seine Texte im Zusammenhang der Kultur
und Literatur des jüdischen Prag zu sehen.

Zimmermann ist auch Geschäftsführender Herausgeber der Tschechischen Bibliothek in deutscher Sprache, einer Initiative der Robert Bosch Stiftung; von den geplanten 33 Bänden sind inzwischen 22 erschienen, zuletzt der Roman von Eva Kanturkova „Freundinnen aus dem Haus der Traurigkeit" über ihre Zeit im kommunistischen Gefängnis und eine Anthologie des tschechischen Poetismus „Adieu Musen", der großen literarischen Bewegung im Prag der zwanziger und dreißiger Jahre, herausgegeben von Ludvik Kundera und Eduard Schreiber. Die Bände erscheinen in der DVA München. – Hans Dieter Zimmermann nimmt am XII. ELS-Forum in Prag an einer Diskussion teil, die am 24. Oktober 2004 um 11 Uhr stattfindet: „Die tschechische Literatur in Deutschland. Die deutsche Literatur in Tschechien. Was wissen wir voneinander?“

Christiane Walesch-Schneller, Vorsitzende des Vereins ehemaliges jüdisches Gemeindehaus Breisach, ist im Abgeordnetenhaus von Berlin mit dem „Obermayer German Jewish History Award“ geehrt worden. Neben vier weiteren Preisträgern wurde sie für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet, das ehemalige Gemeindehaus vor dem Abriss bewahrt zu haben.


Christine Walesch-Schneller mit Senatspräsident Walter Momper

Heute ist das „Blaue Haus“ eine Anlaufstelle für deutsche und ausländische Juden, die Wurzeln in Breisach haben, aber auch ein Ort der Forschung und der Kultur, in dem u.a. auch das von der ELS-Gesellschaft herausgegebene Buch „Momente in Jerusalem“ mit der Biographie von Else Lasker-Schüler vorgestellt wurde. Frau Walesch-Schneller war zudem mit einer Fotoausstellung von Josef A. Kornwein am XI. ELS-Forum in Breslau beteiligt, Titel: „Zone 30 – Rückkehr aus dem Exil: Auf der Suche nach Spuren der jüdischen Familien in Breisach“. - In ihrer Laudatio im Berliner Abgeordnetenhaus würdigte die Vizepräsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, die Preisträgerin. Sie wies darauf hin, dass diese sich zwar mit Geschichte beschäftige, aber mit großem Gegenwartsbezug: „Im Blauen Haus in Breisach treffen sich wieder Menschen und plötzlich kehrt auch das Interesse für die zerstörte jüdische Gemeinde der Stadt zurück. Es ist somit wieder erlebbar, dass es jüdisches Leben gab, und welche nicht zu füllende Lücke der Holocaust hinterlassen hat.“

Blanche Kommerell, Schauspielerin und Lyrikerin („Der blaue Schmetterling“, „atemlos / stille halten“) hat zum 135. Geburtstag von Else Lasker-Schüler ein Programm erarbeitet, das sie vor zahlreichen Besuchern im Literaturhaus Berlin am 11. Februar 2004 und zuvor in Offenburg vorgestellt hat. Sie sei, schreibt uns die Künstlerin, die seit den Gründungstagen Mitglied der Gesellschaft und an der Universität Witten/Herdecke als Dozentin für Sprache und Schauspiel tätig ist, „weiterhin im Stillen an der Verbreitung des Werks der mir lieben Dichterin beteiligt.“

Veronica Ferres, eine der Patinnen des Internetprojekts „Exil-Archiv“, ist mit dem „Blauen Panther“ ausgezeichnet worden, einem Fernsehpreis des Bayerischen Rundfunks.


Veronica Ferres küsst den Panther

Wir gratulieren. Die Preisübergabe erfolgte im Rahmen einer Gala im Münchner Prinzregententheater durch den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Für das nächste Mal schlagen wir vor, diese Auszeichnung in Erinnerung an Else Lasker-Schüler in „Blauer Jaguar“ umzunennen.

Thomas Blomenkamp konnte beim Pfingstfestival in Bad Salzuflen sein „Trio Opus 8“ uraufführen, gespielt von der Nordwestdeutschen Philharmonie. Eine weitere Uraufführung des Komponisten aus Meerbusch ist im Oktober 2004 in der Brüsseler Oper („Neues Werk“) vorgesehen. Die „Drei Stücke für Oktett“ aus dem Jahr 2002 werden am 17. Oktober 2004 in der Berliner Philharmonie und am 26. November im Zeughaus Neuss in der Reihe „WDR-Kammerkonzerte in NRW“ vorgestellt.

Paul Alsberg, emeritierter Professor für Archivkunde an der Jerusalemer Universität, hat seinen 85. Geburtstag vollendet. Der promovierte Historiker wurde am 13. März 1919 in Elberfeld geboren, dem heutigen Wuppertal. Der langjährige Vorsitzende der Vereinigung von Einwanderern aus Mitteleuropa in Israel ist Verwalter des literarischen Nachlasses der Dichterin Else Lasker-Schüler, das in elf Abteilungen gegliedert Teil der Nationalbibliothek Israels ist. Prof. Dr. Paul Alsberg lebt mit seiner Frau Betti in Omer im Negev.
Der Vorstand der ELS-Gesellschaft gratuliert besonders herzlich.


Paul Alsberg

Else Lasker-Schüler kündigt sich an... zu einem Besuch in Wieck bei Greifswald. Davon berichtet Paul Adolf Seehaus in einem Brief nach Bonn an August Macke, und dass er schon gespannt sei, „was das für einen Betrieb gibt.“ Der junge Seehaus, einziger „Meisterschüler“ Mackes, hielt sich 1914 an der Ostsee auf und sollte Else Lasker-Schüler persönlich kennen lernen. Unzählige Arbeiten sind vor Ort entstanden; sicherlich legte er einige davon der Dichterin und Zeichnerin vor. Das August-Macke-Haus in Bonn zeigt vom 18.06. bis zum 12.09.2004 eine große Paul Adolf Seehaus-Retrospektive, darunter auch Arbeiten aus Wieck. Nähere Informationen unter www.august-macke-haus.de oder Tel. 0228-65 55 31. Kostenlose Führung sonntags 11.30 Uhr.

Buchtipp
Geniale Gedichte

„Als Karl Kraus 1910 in seiner Zeitschrift Die Fackel’ die neunzeilige Kostbarkeit’ nachdruckte – Deine Seele, die die meine liebet, Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet – gehörte Mut dazu, die Dichterin als die stärkste und unwegsamste lyrische Erscheinung des modernen Deutschland’ zu bezeichnen – in bürgerlichen Zeitungen wurde sie als Kaffeehausberühmtheit’ mit Gehirnerweichnung’ geschmäht. Und nach dem Krieg wurde lange nach einem Verlag für das Werk Else Lasker-Schülers gesucht... Wie es sich für eine Klassikerin der Moderne geziemt, ist nun auch vor kurzem eine Ausgabe der sämtlichen Gedichte in einem Band im handlichen Taschenbibelformat erschienen. Herausgeber Karl Jürgen Skrodzki, der an der großen kritischen Werkausgabe mitgearbeitet hat, bürgt dabei für editorische Sorgfalt. In diesem schönen Leinenband sind alle Gedichte, auch die aus Zeitschriften und Anthologien, in ihrer ursprünglichen Chronologie und ihrem ursprünglichen Wortlaut wiedergegeben. Und erstmals wurde auch der Nachlass vollständig berücksichtigt.

Damit entsteht ein umfassendes Bild der Lyrikerin, von der ihr westfälischer Freund Peter Hille übrigens gesagt hat, sie sei der schwarze Schwan Israels, eine Sappho, der die Welt entzwei gegangen ist. Strahlt kindlich, ist urfinster’.“
Jürgen P. Wallmann

Else Lasker-Schüler: Sämtliche Gedichte. Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2004, 566 Seiten, € 18,80

Mails & Briefe an
ELSG & -Stiftung

„Sehr geehrter Herr Jahn, ihren Bericht über die Vorstellung des ersten Briefbandes (ELSG-brief 56) habe ich mit einigem Verdruss gelesen. So wird der Satz zitiert: Die "Korrespondenz stammt ausschließlich von Else Lasker-Schüler, Antwortbriefe sind nicht überliefert." Vor einigen Jahren ist in Wuppertal eine kleine Ausgabe der Korrespondenz von Else Lasker-Schüler und Franz Marc vorgelegt worden. Dort finden sich circa 25 Briefe von Franz Marc an Else Lasker-Schüler, die auch im ersten Briefband der Kritischen Ausgabe abgedruckt sind. Bereits vor Jahrzehnten hat Margarete Kupper ein Verzeichnis der im Jerusalemer Nachlass erhaltenen Briefe an Else Lasker-Schüler veröffentlicht: Sie nennt 613 Briefe, unter den Absendern finden sich so klangvolle Namen wie Schalom Ben-Chorin, Martin Buber oder Thomas Mann. Ein Brief Martin Bubers aus dem Jahr 1914 wird gleich zu Anfang des zweiten Briefbandes, der bald erscheint, zu lesen sein. Mit freundlichen Grüßen, Karl Jürgen Skrodzki“.

„Sehr geehrter Herr Jahn! Ich danke Ihnen sehr herzlich für die komplikationslose Übersendung Ihrer Forsa-Umfrage. Das ist schon ein sehr interessantes Material, mit dem man gut umgehen kann. Ich habe den Hinweis auf Ihre Umfrage am Dienstag, dem 20. IV., morgens kurz nach 7.00 Uhr im Kulturradio des RBB gehört (quasi bei der Rasiermusik). Autor war Frank Ditschereit, der auch für den Tagesspiegel schreibt. Ich war ziemlich elektrisiert von der Nachricht, denn meines Wissens hat es bisher eine solche spezifische Forsa-Umfrage nicht gegeben. Und dann sprachen die Ergebnisse natürlich für sich. Die Ergebnisse kann man ohne Mühe durchaus auch hochrechnen’.- Mittlerweile habe ich auch Ihre interessante und attraktive Web-Site der Else Lasker-Schüler - Gesellschaft durchgeblättert und mich über Ihr (doch ziemlich ehrgeiziges) Vorhaben eines Exil-Archivs informiert. Ich will Ihnen gern behilflich sein, soweit es in meinen Kräften steht. Jedoch verweise ich Sie - was mein Gebiet Filmexil betrifft - auf das zweibändige Handbuch über das Exil darstellender Künstler, das vor einigen Jahren erschienen ist und das das Modernste und Solideste ist, was es zu diesem Gebiet gibt. Zu einigen dort genannten Leuten gibt es allerdings inzwischen neuere Forschungsergebnisse, ohne dass dadurch die Einträge in dem Handbuch falsch würden, sie werden nur präzisiert (z. B. durch Peter Diezels Buch / Dokumentensammlung zu dem Komponisten Hans Hauska, der für die Kolonne Links komponierte und auch zwei Filmmusiken gemacht hat).
Ich selbst habe in meinem Buch zu dem Exil-Spielfilm Kämpfer’ (1936, Regie Gustav von Wangenheim) auch eine Menge personalia zusammengetragen, die über das Handbuch hinausgehen. Gegen-wärtig bereite ich eine Ausgabe der Zeitschrift FilmExil (die das Filmmuseum Berlin herausgibt) vor, die ausschließlich dem Filmexil in der Sowjetunion / Moskau gewidmet ist - darin werden dann auch neueste Ergebnisse u.a. der Stalinismusforschung einbezogen sein. - Soviel für heute und als umgehende Reaktion auf Ihr freundliches Entgegenkommen.
Nochmals besten Dank und freundliche Grüße!
Günter Agde“.

Meldungen der Stiftung Verbrannter und verbannte Dichter/Künstler

Forsa-Umfrage: Rund jeder Dritte kennt Döblin und Hollaender

Wuppertal (dpa) - Rund jeder dritte Deutsche kennt den Komponisten Friedrich Hollaender (1896-1976) oder den Schriftsteller Alfred Döblin (1878-1957). Dies ist das Ergebnis einer Forsa-Umfrage zur Popularität von Künstlern, die während des NS-Regimes in die Emigration gezwungen worden sind. Hollaender, Komponist des Marlene-Dietrich-Songs «Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt», ist demnach 36 Prozent der Bundesbürger bekannt; Döblin, Autor von «Berlin Alexanderplatz», kennen 32 Prozent der Deutschen.
Bewusst habe die von der Wuppertaler Else-Lasker-Schüler-Stiftung in Auftrag gegebene Befragung unter 1016 Bundesbürgern nicht nach dem Bekanntheitsgrad von weltbedeutenden Emigranten wie Bert Brecht, Thomas Mann oder Albert Einstein geforscht. «Wir wollten etwas zu den Bekannten unter den Unbekannten wissen», sagte der Vorsitzende der literarischen Stiftung, Hajo Jahn, der dpa in Wuppertal. Die nach der expressionistischen Dichterin Lasker-Schüler benannte Stiftung betreibt den Aufbau eines «Zentrums für verfolgte Künste». Hiermit solle nach Jahns Worten «an die mehrheitlich relativ unbekannten Besten der deutschen Kultur» erinnert werden, die während des NS-Systems oder in der DDR verfolgt waren.

Jeder fünfte Deutsche kennt laut Forsa-Umfrage den Namen der Schauspielerin Elisabeth Bergner und 18 Prozent wissen, wer die Lyrikerin Lasker-Schüler war. «Erschreckende Wissenslücken» hätten
sich jedoch dann aufgetan, wenn nach dem Werk oder dem Emigranten-Schicksal der betroffenen Künstler gefragt worden sei, erklärte der Stiftungs-Vorsitzende. Immerhin hätten mehr Bürger aus der ehemaligen DDR als Westdeutsche gewusst, dass der Kabarettist und Komponist Friedrich Hollaender «Kunst-schaffender» gewesen sei. – Doch dass die fünf Künstler, nach denen gefragt worden war, Juden waren, wusste nur eine erschreckende Mini-Minderheit.
(Internet: www.exil-archiv.de)
dpa ko yynwd wä 141121 Apr 04

PS: Mit der Umfrage hat Forsa die Arbeit der ELS-Stiftung und Gesellschaft unterstützt. Wir danken Prof. Manfred Göllner, dem Chef des Meinungsforschungsinstituts. Die komplette Umfrage ist auf der Homepage www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de veröffentlicht. Auf Wunsch schicken wir Ihnen die Ergebnisse auch per Post gegen eine Kostenbeteiligung von 3 € in Briefmarken zu.

Mehr als 300 Biographien
stehen inzwischen auf den Seiten des „Virtuellen Zentrums der verfolgten Künste“ unter www.exil-archiv. Nach einem ausführlichen Fünfspalter in der „Frankfurter Rundschau“ vom 28. 4. 04 unter der Überschrift „Wenn ich nur Geld hätte“ von Uta Grossmann meldeten eine Reihe von Lesern Interesse an. Sogar kleine Spenden gingen ein. Gern nehmen wir Hinweise auf verfolgte Intellektuelle und Künstler auf und Manuskripte über Begegnungen mit Opfern und Gegnern der Nazidiktatur oder des kommunistischen Regimes in der DDR entgegen. Ansprechpartnerin ist Ulrike Müller, Telefon 0202 – 946 3867, e-Mail redaktion@exil-archiv.de
Für die Spenden danken wir herzlich.

Termine
(auch von Künstlern unter den ELSG-Mitgliedern)

16. - 24. Oktober 2004
Prag: XII. ELS- Forum „Manchmal habe ich Sehnsucht nach Prag“

Freitag bis Sonntag, 5. – 7.11.2004
Wuppertal, VHS, Auer Schulstraße 20
„Ethik der Erinnerung“
14. Internationale, interdisziplinäre Tagung der Arbeitsgemeinschaft Frauen im Exil in Kooperation mit der ELS-Stiftung „Verbrannte und verbannte Dichter – für ein Zentrum der verfolgten Künste“. Bei dieser dreitägigen öffentlichen Veranstaltung geht es um die „Problematik der Vermittlung von Verfolgungs- und Exilerfahrungen“
Änderungen vorbehalten

 
Impressum
Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft e.V.; Herzogstr. 42; D-42103 Wuppertal; Tel: 0202-305198; Fax: 0202-7475433; E-mail: vorstand@else-lasker-schueler-gesellschaft.de. Homepage: www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de Vorsitzender: Hajo Jahn; Stellvertreter: Heiner Bontrup; Schatzmeisterin: Monika Knopp; Schriftführerin: Anne Grevé; Beisitzer: Prof. Manfred Brusten, Monika Fey, Dorothee Kleinherbers-Boden, Wolfgang Drost sowie die Autoren Ulla Hahn und Jiri Gruša, Tschechien. Bankverbindung: Stadtsparkasse Wuppertal, BLZ 33050000, Kontonummer: 968768.
Stiftung „Verbrannte- und verbannte Dichter-/ KünstlerInnen“. Kuratorium:Hans-Dietrich Genscher, Annemarie Renger, Dr. Jörg Mittelsten Scheid, Ingrid Bachér, Ursula Schulz-Dornburg, Jürgen Serke.
Bankverbindung: Stadtsparkasse Wuppertal, BLZ 33050000, Kontonummer: 902999.
 
 
 
 
 

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