„Kunst in der Katastrophe“

Zum ersten Mal werden Exponate aus dem „(Deutschen) Zentrum für Verfolgte Künste" in Berlin präsentiert. Eingeladen hat zu der Ausstellung „Kunst in der Katastrophe" Bundestagspräsident G. Lammert. Damit wird im Paul Löbe-Haus (der Abgeordneten des deutschen Parlaments) das Projekt der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft vorgestellt, mit dem wir seit mehr als 20 Jahren für eine zeitgemäße Form der Erinnerungskultur werben - dazu gehört eine „Erziehung zur Anteilnahme" (Herta Müller): Im Namen der Exilantin Else Lasker-Schüler – die malende Dichterin ist die Brücke zwischen verfolgter Literatur und bildender Kunst (Musik, Theater etc.). Im Anzeiger des Bundestags wurde folgender Beitrag zur Ausstellung veröffentlicht:

Oswald eröffnet Ausstellung "Kunst in der Katastrophe"

Mascha Kaléko: Verse für Zeitgenossen © Kunstmuseum Solingen

Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald eröffnet am Mittwoch, 30. Januar 2013, um 10.30 Uhr im Paul-Löbe-Haus des Bundestages die Ausstellung "Kunst in der Katastrophe". Es handelt sich dabei um eine Ausstellung des Museums Montanelli in Prag und des Zentrums für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen mit der Sammlung "Jürgen Serke: Verbrannte und verbannte Dichter" der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft und der Bürgerstiftung für verfemte Künste mit der Sammlung Gerhard Schneider.

Besichtigung nach vorheriger Anmeldung

Mit dieser Ausstellung, die vom 31. Januar bis 5. März 2013 besichtigt werden kann, stellen das Zentrum für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen und das Museum Montanelli Prag ihre langjährige Zusammenarbeit vor. Die Ausstellung kann montags bis donnerstags jeweils um 11 und um 14 Uhr sowie freitags um 11 Uhr besichtigt werden (Westeingang des Paul-Löbe-Hauses gegenüber dem Bundeskanzleramt). Besucher müssen sich zuvor mit Vor- und Zunamen sowie Geburtsdatum anmelden (Telefon: 030/227-38883, E-Mail: info-ausstellungen-plh) und ein Personaldokument mitbringen.

Nach der Begrüßung durch Eduard Oswald sprechen Dr. Rudolf Jindrák, Botschafter der Tschechischen Republik, die stellvertretende Ministepräsidentin von Nordrhein-Westfalen und Ministerin für Schule und Weiterbildung, Sylvia Löhrmann (Bündnis 90/Die Grünen), sowie Dr. Tomás Kraus, Vorsitzender der Föderation der jüdischen Gemeinden in der Tschechischen Republik und Vizepräsident des jüdischen Weltkongresses, Grußworte.

Situation politisch und kulturelle Verfolgter

Eine Einführung in die Ausstellung gibt Dr. Rolf Jessewitsch, Direktor des Kunstmuseums Solingen. Der Kurator der Ausstellung, Jürgen Kaumkötter vom Museum Montanelli in Prag, lädt anschließend zum Rundgang durch die Ausstellung.

Die Werke verschiedener Künstler sensibilisieren für die Situation politisch und kulturell Verfolgter, fordern demokratische Grundwerte ein und rufen zur Toleranz gegenüber Andersdenkenden auf. Felix Nussbaums Gemälde "Die trostlose Straße" etwa ist ein metaphorischer Blick aus dem Jahr 1928 auf das, was Europa bevorsteht. Der deutsch-jüdische Maler, der 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde, schuf so einen frühen Fingerzeig auf die Vernichtung der abendländischen Kultur.

Mascha Kaléko und Daniel Pešta

Die Dichterin Mascha Kaléko blickt in ihren 1945 erschienenen "Versen für Zeitgenossen" zurück auf ihre alte Heimat Berlin und die Zeit des Krieges. Sie spricht ein "Kaddisch für Polen" und dichtet das "Bittgesuch an eine Bombe", die NS-Deutschland auslöschen und nichts verschonen möge als die Blumen.

Der tschechische Multimediakünstler Daniel Pešta versucht in seinem Werkzyklus "Hell", das Verschwinden dieser Geschichten aufzuhalten. Er hält dem Betrachter in seinen Videos "Scream" und "Narcissus" einen Spiegel vor und zeigt, wie wichtig es ist, sich nicht hinter einer Maske zu verstecken um in Angesicht der Katastrophe nicht zu schweigen.

Gelebte europäische Partnerschaft

Seit 2009 arbeiten das Zentrum für verfolgte Künstle im Kunstmuseum Solingen und das Museum Montanelli zusammen, konzipieren gemeinsam Ausstellungen, zeigen wechselseitig ihre Sammlungen und leben eine europäische Partnerschaft.

Das Museum Montanelli (MuMo) in Prag ist eines der wenigen privaten Museen für zeitgenössische Kunst in Tschechien. Initiiert von der Mäzenin und Kunstsammlerin Dadja Altenburg-Kohl, entstand das MuMo 2009 unter der Schirmherrschaft des ehemaligen tschechischen Präsidenten Václav Havel im Stadtzentrum von Prag.

Verbindung von Literatur und bildender Kunst

Das Zentrum für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen wurde 2008 mit der Ausstellung "Himmel und Hölle zwischen 1918 und 1989. Die Verbrannten Dichter. Sammlung Jürgen Serke" ins Leben gerufen. Das Zentrum ist Sammlungs- und Ausstellungsort für die Kunst verfolgter Künstler, aber auch Dokumentations- und Forschungsstelle für die Lebenswege und Leistungen Intellektueller im Exil.

Die in Europa einzigartige Institution verbindet Literatur mit bildender Kunst und bezieht sich auf die zwei Totalitarismen des vergangenen Jahrhunderts. (jg/vom/23.01.2013)

Bildergalerie

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1. Dr. Dadja Altenburg-Kohl vom Prager Museum Montanelli, Siegmund Ehrmann, MdB, kulturpolitischer Sprecher der SPD- Fraktion, und Dr. Rolf Jessewitsch vom (Deutschen) Zentrum für verfolgte Künste im Kunstmuseum Solingen. (Foto: Hajo Jahn)

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2. Sylvia Löhrmann, stellvertr. Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen. Dr. Rudolf Jindrak, Botschafter der Republik Tschechien (links) und Dr. Tomas Kraus; stellvertr. Präsident des Jüdischen Weltverbands, rechts. (Foto: Hajo Jahn)

 

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3. Tschechiens Botschafter in Berlin eröffnete die Ausstellung „Kunst in der Katastrophe", an der auch das Prager Museum Montanelli beteiligt ist. An der Stellwand die Leihgabe eines eindrucksvollen Bildes von Felix Nussbaum, Leihgabe aus dem (Deutschen) Zentrum für Verfolgte Künste, Solingen. (Foto: Hajo Jahn)

 

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4. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse war ebenso Gast der Ausstellungseröffnung wie die Abgeordneten Deutschmann, FDP, und Hardt, CDU. (Foto: Hajo Jahn)

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5. Ministerin Sylvia Löhrmann mahnte in ihrer Rede höflich an, dass auch das Zentrum für Verfolgte Künste durch den Bund gefördert werden sollte. Bislang wird das von der Wuppertaler Else Lasker-Schüler-Gesellschaft und dem „Exil-PEN" initiierte Zentrum lediglich vom Landschaftsverband Rheinland finanziell mit rd. 300.000 € jährlich unterstützt. Zum Vergleich: Das Zentrum gegen Vertreibungen erhält jährlich 2 Millionen Euro vom Bund. (Foto: Hajo Jahn)

 

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6. Dr. Tomas Kraus (rechts) repräsentiert den Jüdischen Weltverband und die jüdischen Gemeinden in der Republik Tschechien. Er war auch Gastgeber verschiedener Veranstaltungen des XII. Else Lasker-Schüler-Forums 2004 in Prag – eines einwöchigen Symposiums mit Ausstellungen, Konzerten, Zeitzeugen in Schulen, Diskussionen, Kabarett, etc. – als Beispiel für eine aktive, lebendige Erinnerungskultuir über Grenzen von Ländern und Kultursparten hinweg. (Foto: Hajo Jahn)

 

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7. Bundestagsvizepräsident Eduard Oswald, CSU, eröffnete die Ausstellung in Vertretung von Bundestagspräsident Dr. Norbert Lammert, der die anschliessende Holocaust-Gedenkveranstaltung im Parlament vorbereitete. (Foto: Hajo Jahn)