Ausgabe
51
1. Quartal 2003 " Ich habe zu Hause
ein blaues Klavier |
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Sehr geehrte Damen und Herren,
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Unerwartet war das Schreiben am 15. November 2002 zum X. Forum* in Wuppertal eingetroffen. Mit einem Lob des UNO-Generalsekretärs für das Online-Magazin "Exil-Club", einer Initiative der ELS-Stiftung "Verbrannte und verbannte Dichter/Künstler". Dabei stellen deutschsprachige Jugendliche in einem Schulwettbewerb
die Lebensläufe verfolgter Intellektueller ins weltweite Netz.
Das engagierte Projekt zeige, daß das "Internet ein außerordentliches
Werkzeug für Bildung und Aufklärung sei", heißt
es bei Kofi Annan. |
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Wir, die mit ihm verbunden waren, verneigen uns vor dieser künstlerischen Persönlichkeit, deren Impetus wir weiter-tragen möchten in dem, was wir tun. Etwa mit farbigen deutschen Rappern und Rock-musikern, mit jüdischen und christlichen Komponisten, 20 insgesamt, die Lyrik von Else Lasker-Schüler vertont haben und damit die Dichterin bei diesem Jubiläumsforum mit ihren Uraufführungen" ehrten. Peter Kowald vertrat diese Ziele ebenfalls und setzte sich musizierend noch im Sommer 2002 in Berlin bei einer Präsentation des "Exil-Clubs" dafür ein. Umso schöner, daß SchülerInnen der Veit-Stoß-Realschule Nürnberg zu diesem Festabend gekommen waren: 15- und 16jährige, die nicht stehen geblieben sind in ihrem Blick auf die Verfolgung von Menschen zwischen 1933 - 1945. Sie haben den Blick auf die Gegenwart geworfen, in der die Verfolgung weitergeht. Sie sind Preisträger unseres Internetwettbewerbs und deshalb eingeladen worden. Ihre Arbeit entstand in der Aktion der ELS-Stiftung mit Schulen ans Netz e.V., Bonn.
SchülerInnen der Veit-Stoß-Realschule aus Nürnberg als Preisträger des Internet-Wettbewerbs "Exil-Club.de" beim X. ELS-Forum in Wuppertal Die Kinder von Einwanderern haben mit den deutschen Schülern die Biografien verfolgter Intellektueller aus den Heimatländern ihrer Eltern recherchiert und als Homepage aufgearbeitet. Sie haben sich mit jüngster Vergangenheit befasst und dabei gelernt, daß es sich nicht um ein deutsches Thema allein handelt, nur weil es hier mit dem NS-Staat und der DDR gleich zwei Diktaturen im 20. Jahrhundert gab. Begonnen hatte das X. ELS-Forum mit dem Titel "Mein blaues Klavier" im Solinger Museum Baden mit der Eröffnung der Ausstellung "Liebes- und Musengeschich-ten. Das fragile Glück im Unglück von Verfolgung und Exil". "Die Waffe des Lebens gegen den Tod", titelte der Oranie-nburger Generalanzeiger über die Ausstellung, die noch bis zum 23. März 03 andauert, danach über Osnabrück im Felix Nussbaum Museum zum XI. Forum nach Breslau** gehen soll. Weil NRW-Kultusminister Michael Vesper nach Solingen gekommen war und Alfred Grosser, Jakob Hessing, Jürgen Serke und andere prominente Teilnehmer über die Notwendigkeit eines "Zentrum der verfolgten Künste" diskutierten, nahm die Eröffnungsrede des Vorstands der ELS-Gesellschaft darauf Bezug: Wir wissen alles. Wir wissen was im 3. Reich passiert ist. Wir wissen, daß es ein Exil gegeben hat. Wir wissen, wie Exilanten politisch gedacht haben. Wir wissen, daß ihr Verhalten eine Kontinuität verbürgt, die unser Land zwischen 1933 und 1945 und noch darüber hinaus nicht gesehen hat. Wir wissen, was alles zwischen 1945 und 1933 geschehen ist. Aber wir wissen immer noch zuwenig, was zwischen 1933 und 1945 geschehen ist. Peter Kowald (1944-2002) am 30. Juni
2002 bei seinem Konzert Die Perspektive zwischen 1933 und 1945 ist die Aufgabe, die sich die ELS-Gesellschaft gestellt hat. Wir wollen nicht das Besserwissen derjenigen darstellen, die von heute auf die Geschichte von damals schauen. Wir wollen die Not und die Bedrängnis derjenigen zeigen, die damals eine Entscheidung zu treffen hatten und die immer in Zeiten der Diktatur eine Entscheidung treffen müssen. Sie sind diejenigen, die im Widerspruch zu einer Diktatur die Kontinuität von Geschichte bewahren. Wer in der Kategorie von 1933 bis 1945 denkt, weiß, daß
die Widerständigen immer wieder auf eine Mehrheit setzten, deren
Beistand sie erhofften und den sie aus vielerlei Gründen nicht
geleistet haben. Die Widerständigen waren keine Heiligen. Man muß
sie sich vorstellen mit allen Hoffnungen, Ängsten und Befürchtungen
der Mehrheit. Aber sie haben sich in der Situation, die die Mehrheit
durchaus nachvollziehen konnte, anders als sie entschieden. Was wir
bis heute kennen, sind politische Haltungen der Widerständigen. Sein Buch "Die verbannten Dichter" löste die Wiederentdeckung jener Dichter aus, um die sich die Lasker-Schüler-Gesellschaft bemüht. 25 Jahre sind die Verbrannten Dichter ununterbrochen auf dem Markt und haben mehrere Generationen begleitet. Der Jubiläumsausgabe liegt eine CD bei, die auf einer Veranstaltung des VIII. Forums basiert, mit Rezitationen von Angela Winkler, Otto Sander und Christian Quadflieg zugunsten der Stiftung "Verbrannte und verbannte Dichter/ Künstler***. Über das Exil wissen wir vieles, die politischen Hintergründe, die ideologischen. Die ästhetischen Fragen sind beantwortet. Aber wir wissen sehr wenig, wie die Exilanten ihr Exil erlebt haben. Darüber gibt es - außer in der sehr subjektiven Memoireliteratur - wenig Auskunft. Die Liebe ist das intensivste Gefühl unseres Lebens. Diese Privatsphäre des Lebens ist über alle Jahrhunderte der Kern von Literatur gewesen. Jürgen Serkes Ausstellung zeigt, wie Dichter schreibend in Zeiten der Verfolgung auf ihre Liebe reagieren. |
Topsy Küppers rezitierte beim
X. ELS-Forum aus Lasker-Schülers Pamphlet "Ich räume
auf" Die Lust des Lebens, die Lust am Leben ist eine Konstante, die selbst in schlimmsten Situationen nicht verloren geht. Es klingt fast zynisch: Aber in der Zeit größter Gefahr und Bedrängnis wird dieses Gefühl am intensivsten erfahren. Und wenn wir Nachgeborenen Glück haben, wird daraus große Literatur. Nicht immer in der ästhetischen Vollendung, sondern im Nachvollzug jener Brüche des Lebens, die die Folgen sind einer richtigen ethischen oder politischen Entscheidung. Erinnern ist wichtig. Aber diejenigen, die noch eine Erfahrung von der Zeit vor 1945 haben, werden immer weniger. Erinnerung läuft über das vermittelte Wissen. Und das vermittelte Wissen, so es einen Wert haben soll, findet nur bei denjenigen Anklang, deren Lust für dieses Wissen geweckt wird. Das X. Forum suchte diese Lust zu wecken. Mit Literatur von Else Lasker-Schüler, die ihren Weg in die Musik findet. Mit Lyrik der verbrannten Dichter, die Hanna Schygulla, Erika Pluhar, Mechthild Grossmann und Topsy Küppers lasen. Mit einer Podiums-diskussion über die Problematik, Dichtung in Musik zu übersetzen. Und mit einer musikalischen Antwort einer jungen Generation auf die "Urmutter aller Hippies", wie Else Lasker-Schüler genannt wird.
Hanna Schygulla |
Mit dem "Zentrum der verfolgten Künste" können
wir auf eine Vision verweisen, die ein Gedenken im Auge hat, das über
museale Vorstellungen hinausgeht. Und ein solches Zentrum, von der Landesregierung
gewollt, würde nicht nur uns schmücken, sondern auch die Landesregierung
NRW. Und nicht zuletzt die Widerständigen, die im Kampf gegen den
Totalitarismus gestorben sind und die durch unser Erinnern wieder ihr
Leben zurückgewännen. * Programm-Magazin X. ELS-Forum "Mein blaues Klavier", 136 S., 5,-- € incl. Versandkosten, zu beziehen über ELS-Büro, Herzogstr. 42, D-42103 Wuppertal ** Breslau - XI. Forum, 12.-19.10.03, siehe "Polen rückt näher". Wir hoffen auf eine rege Beteiligung unserer Mitglieder. *** "Die verbrannten Dichter", aktualisierte, erweitere Neuauflage,
Beltz u. Gelberg, mit eingelegter CD vom VIII. Forum: Angela Winkler,
Otto Sander und Christian Quadflieg lesen Texte von Else Lasker-Schüler,
Albert Ehrenstein, Max Herrmann Neisse, Ivan Goll, Jakob Haringer u.
Carl Einstein, Moderation: Jürgen Serke. Benefizaufnahme zugunsten
der ELS- Stiftung "Verbrannte und verbannte Dichter/Künstler.
Buchhandelspreis € 16,90; für Mitglieder über Else-Lasker-Schüler-Büro:
€ 13,-- plus Versandkosten. So ehrt man seine Dichter: Limringerode im Kreis Nordhausen hat seit kurzem ein Sarah Kirsch-Haus. Die aus der Harz-Kommune stammende Dichterin hat bei der Eröffnung die Tür ihres Geburtshauses - ein ehemaliges Pfarrhaus - symbolisch aufgeschlossen. In dem restaurierten Gebäude bietet ein Förderverein literarische Veranstaltungen, Musik und Ausstellungen. Sarah Kirsch, seit langem Mitglied der ELS-Gesellschaft, ist eine der bedeutendsten Lyrikerinnen der Gegenwart und wurde u.a. mit dem Georg-Büchner-Preis ausgestattet. |
Vereinsinterna Neue Mitglieder Ausgetreten: Dietrich u. Christiane Böttcher, Adalbert Stamborski (umgez.), Marie-Luise Schulz, alle Wuppertal; Edelgard Matthies, Dortmund; Hartmut R. Rau, Bad Vilbel; Sabine Köhne, Essen; Erich Czernoch, Grafenau. Wir trauern um... Siegfried Unseld (1924-2002)
Peter Kowald. Der Wuppertaler Jazz-Bassist ist am 21. September 2002
in New York an Herzversagen gestorben. Daß zur Trauerfeier ins
Wupper-Tal Musiker und Freunde aus Amerika (und anderen Kontinenten)
angereist waren und umgekehrt in den USA eine Gedenkveranstaltung organisiert
wurde, unterstreicht die Beliebtheit dieses Aus-nahmemusikers. Willi Dirx, 1917 in Recklinghausen geboren, am 9. Oktober 2002 in Wuppertal gestorben, Bildhauer und Maler, geprägt durch seine Bekanntschaft mit Künstlern wie Alfred Kubin, Otto Pankok und Richard Seewald. Einer seiner bekanntesten Holzschnitte ist der "Zug der Juden durch das rote Meer", inspiriert durch die umherirrenden Flüchtlingstrecks des 2. Weltkriegs, den er als Soldat miterlebte. - Wir stellen Arbeiten (Linolschnitte) von ihm zu Else Lasker-Schülers Drama "Die Wupper" aus. Eröffnung der Ausstellung ist am 10. Februar, dem Geburtstag der Dichterin, um 19.30 Uhr in der City-Kirche Elberfeld (siehe auch Termine) mit Axel Dirx, dem Sohn des Künstlers, und Klaus Becker. |
"Erinnern für die Zukunft"...
... nennt Manfred Lemm seinen Jiddisch-Workshop, initiiert vor mehr als zehn Jahren in Bonn-Bad Godesberg durch Dagmar Gutmann, die damals am Cusanus Gymnasium Physik unterrichtete. Aus diesem Toleranzprogramm wurde ein EU-Projekt mit Stationen in Deutschland (Königswinter, Idar Oberstein), Polen (Krakau), und im Oktober 2002 in Wuppertals ostslowakischer Partnerstadt Koice. Hier trafen sich etwa 60 Jugendliche aus Polen, Deutschland, Tschechien und der Slowakei, um mit dem Musiker jiddische und hebräische Lieder zu erarbeiten, die in der ehemaligen Synagoge zu Koice aufgeführt wurden. "Erinnern für die Zukunft" - Konzert und Workshop von und mit Manfred Lemm , hier in der ehemaligen Synagoge von Koice in der Slowakei Europäische Jugendkulturarbeit, verbunden mit dem Versöhnungsgedanken. Lemm hat kürzlich in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Rheinland einen 30-minütigen Dokumentarfilm über diese Projekte fertiggestellt. Der Film ist für € 15,- unter dem Stichwort "Erinnern für die Zukunft" beim Medienzentrum Düsseldorf zu erwerben. - Manfred Lemm wird mit seinem Jiddisch-Workshop auch beim XI. Else-Lasker-Schüler-Forum in Wroclaw (Breslau) im Oktober 2003 vertreten sein. Mobbing und neue Anfänge Mit mutigen Entscheidungen macht Christoph Haacker von sich reden: Er ist Vorsitzender der Armin T. Wegner-Gesellschaft und Leiter des Arco-Verlags, beide im abgelaufenen Jahr in Wuppertal gegründet. Schon einmal hatte es eine Wegner-Gesellschaft gegeben, ins Leben gerufen von dem Wegner-Biografen Dr. Martin Rooney. Der Engländer in Bremen fühlte sich jedoch gemobbt und gab seine verdienstvolle ehrenamtliche Tätigkeit enttäuscht auf. Beigetragen hatte zu diesem Schritt auch die komplizierte deutsche Vereinsgesetzgebung Die von Martin Rooney organisierten Wegner-Ausstellungen fanden ihr vorläufiges Ende im Jahr 2001 zum 115. Geburtstag des Autors in seiner Gerburtsstadt Wuppertal-Elberfeld, initiiert von der ELS-Gesellschaft. Eher finden Gourmets Perlen in Austern als solche Idealisten öffentliche Unterstützung. Christoph Haacker und Vereinsfreunde, darunter auch Angehörige von Armin T. Wegner, haben sich dennoch nicht schrecken lassen.
Der Vorsitzende der neuen Armin T. Wegner- Gesellschaft ist auch optimistisch, was die Chancen seines Verlags angeht. Schwerpunkt: Der Erstling "Kaddisch für meinen Vater" ist Fritz Beer gewidmet, dem (vorläufig) letzten Präsidenten des P.E.N. Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland, dessen "Erbe" gewissermaßen die Lasker-Schüler-Gesellschaft antreten soll. Mit der Londoner Exil-Organisation hat die Wuppertaler Literaturvereinigung die Stiftung Verbrannte und verbannte Dichter und Künstler 1994 initiiert, um ein Deutsches Zentrum der verfolgten Künste zu reali-sieren, bei dem es thematisch um Zensur und Verbot von Büchern und Kunstwerken, um Bücherverbrennungen, Vertreibung und Exil von Intellektuellen geht, von der NS-Zeit über die kommunistische DDR bis in die Gegenwart, also um die intellektuellen Opfer von Gewaltregimen. - Im Augenblick laufen Bemühungen einiger Mitglieder des "Exil-P.E.N.", diese traditionsreiche Organisation neu zu beleben. Doch ehrenamtliche Mitarbeiter für die anfallende Arbeit zu finden ist mindestens so schwer wie die Finanzierung solcher Unterfangen. |
Buchtipps Mit seiner beim II. ELS-Forum "Exil ohne Ende" 1994 in Schulen
vorgestellten Autobiografie "Hast du auf Deutsche geschossen, Grandpa"
schrieb der 1911 als Sohn liberaler jüdischer Eltern im mähri-schen
Brünn geborene Autor Fritz Beer seine Lebensgeschiche vor allem
für die jungen Generationen. Fritz Beer Als Präsident des "Exil-P.E.N." seit 1988 und Zeitzeuge,
dem als 18jährigen in der tschechoslowakischen KP seine Ideale
ausgetrieben wurden, hat er immer wieder engagiert Stellung bezogen
gegen "die Prediger des Vergessens, des Unter-den-Tisch-Kehrens
der roten und der braunen Vergangenheit". Mit diesem Buch werden Essays, Erzählungen und Erinnerungen von Fritz Beer vorgestellt. Er schildert Begegnungen u.a. mit Milena Jesenská, Thomas Mann, Egon Erwin Kisch, Julius Fucik, Erwin Piscator und Bertolt Viertel, Johannes R. Becher, Gustav Regler, Eduard Goldstücker, Ludvik Vaculik und - Prince Charles: Vielleicht ein Vermächtnis, ganz sicher ein Kaleidoskop seines literarischen Schaffens, darunter bislang unveröffentlichte Texte aus sechs Jahrzehnten. Christoph Haacker beschreibt in seinem Nachwort das Leben des inzwischen 91jährigen Fritz Beer. Über das 1994 in Wuppertal von der ELS-Gesellschaft veranstaltete II. Forum zu Ehren des 60. Gründungstags des P.E.N. Zentrums deutschsprachiger Autoren im Ausland heißt es, dass dabei "wie kaum (bei) einer anderen Veranstaltung zahlreiche Persönlichkeiten des Exils" versammelt gewesen seien, "darunter Konrad Merz, Peter Fürst, Hans Keilson, Harry Zohn, Helmut Hirsch, John Spalek, Uwe Westphal. Im Rahmen dieser Veranstaltung machten Fritz Beer und Chaim Noll ihren kontroversen Briefwechsel über dessen Buch 'Nachtgedanken über Deutschland' zum Gegenstand einer öffentlichen Debatte" - abgedruckt im Programm-Magazin des ELS-Forums "Exil ohne Ende" und dokumentiert in diesem Buch, dem wir eine große Leserschaft wünschen. Besser noch, "Kaddisch für meinen Vater" würde Unterrichtsmaterial in den Schulen. Fritz Beer "Kaddisch für meinen Vater". Bibliothek der
Böhmischen Länder, Brot und Salz Selten hat ein Buch in jüngster Zeit so begeisterte Kritiken erhalten. Es wurde in eine Reihe mit dem "Tagebuch der Anne Frank" gestellt. Der Vergleich bietet sich an, liest man Kapitel wie "Unter einem Dach und doch getrennt", "Etwas Brot, ein bisschen Salz", "Ihr müsst vorsichtig sein", "Helft, daß ich bald erlöst werde". Es sind die bewegenden Briefe der "Volljüdin" Lilli Jahn und ihrer Kinder, die den ausweglosen Kampf um den Zusammenhalt der Familie dokumentieren, eingebettet in behutsame Erklärungen und Hintergrundinformationen des Autors Martin Doerry, einem Enkel Lilli Jahns - eine "private Katastrophe inmitten der politischen" (FAZ): Der Ehemann Ernst hält dem äußeren Druck nicht stand, das "Gift der nationalsozialistischen Politik" frisst sich langsam in das Leben des Paares - beide sind Ärzte, zusammen haben sie fünf Kinder. Nach der Scheidung 1942 ist Lilli dem Regime schutzlos ausgeliefert.
500 Briefe, die dank glücklicher Fügung überliefert sind, werden zwischen Mutter und Kindern heimlich gewechselt - ein Band, das im Juni 1944 endet: Lilli Jahn kommt in Auschwitz ums Leben. Martin Doerry: "Mein verwundetes Herz". Das Leben der Lilli Jahn 1900-1944, 384 S., 30 Abbildungen. DVA, ISBN 3-421-05634-X, € 24,90 Jubiläumsausgabe - aktualisiert Frankfurt (AP) "Das Buch Die verbrannten Dichter' von Jürgen Serke, mit dem in der alten Bundesrepublik die Wiederentdeckung der von den Nationalsozialisten verfolgten Literatur begann, wird im Herbst 2002 fünf-undzwanzig Jahre alt. Der Verlag Beltz und Gelberg feiert den Erfolg dieses Standard-werke, das seit 1977 ununterbrochen auf dem Markt ist, mit einer erweiterten Jubiläumsausgabe. Außerdem (wurde) aus demselben Anlass am 14. November im Museum Baden in Solingen eine Ausstellung der Literatur-sammlung Serke eröffnet.
Die Resonanz auf die "Verbrannten Dichter", die zuerst als Serie im "Stern" und dann als Buch erschienen, veranlasste die Verlage der Bundesrepublik, die in vielen Fällen bisher nicht gedruckten Original-werke der von Serke porträtierten Dichter und zahlreiche andere mehr herauszubringen. Die Jubiläumsausgabe ist erweitert um ein Porträt des völlig vergessenen Her-mann Adler (1911-2000), einem Nachwort über die Rezeptionsgeschichte des Buches, einem Vorwort von Jakob Hessing, einem Nachwort von Jürgen Serke und einer CD, auf der Angela Winkler, Christian Quadflieg und Otto Sander Texte der "Verbrannten Dichter" lesen. Die CD ist Mitschnitt einer Veranstaltung des VIII. ELS-Forums im April 2000, die Jürgen Serke moderierte. Die Ausstellung seiner Sammlung unter dem Titel Liebes- und Musengeschichten - Das fragile Glück im Unglück von Verfolgung und Exil' zeigt die Auswirkungen der Liebe auf die Lite-ratur der "Verbrannten Dichter" und findet im Rahmen des X. Lasker-Schüler-Forums statt. Das Erich Maria Remarque Friedens-zentrum in Osnabrück übernimmt die Aus-stellung und wird sie 2003 zum 70. Jahrestag der Bücherverbrennung zeigen." Soweit die amerikanische Presseagentur AP über den Klassiker, der in einer exzellenten Aufmachung neu im Handel ist. Von Osnabrück soll die Ausstellung "Liebes- und Musengeschichten", die Bestandteil des Zentrums der verfolgten Künste werden könnte, zum XI. Forum der ELS-Gesellschaft nach Breslau gehen (ab 13. Oktober 2003). Jürgen Serke "Die verbrannten Dichter", Beltz und Gelberg, ISBN 3-407-80899-2, ca. 440 Seiten, € 16,90 mit CD zugunsten der ELS-Stiftung für ein Zentrum der verfolgten Künste. |
Lebenswerk
Jeanette Litman-Demeestère wurde 1945 in New York geboren. Ihre Eltern waren 1938 aus Deutschland geflohen. Von Kind auf sprach sie Deutsch und erwarb schon früh die Grundlagen einer literarischen Bildung. Sie studierte an der Universität Berkeley englische Literatur und Malerei. Während eines zweijährigen Aufenthaltes in Jerusalem lehrte sie an der hebräischen Universität und entdeckte hier die beeindruckende Lyrik von Else Lasker-Schüler. Nach ihrer Rückkehr 1977 begann sie in Berkeley gemeinsam mit Audri Durchslag erste Übersetzungen der von dato bis heute in der englischsprachigen Welt zu Unrecht weitgehend unbekannten Dichterin. Aus dieser entscheidenden literarischen Begegnung erwuchs ihr ein Lebenswerk, das sich nun in diesem Gedichtband offenbart. Jeanette Litman-Demeestère lebt heute mit Mann und Familie in Paris, lehrt am Institut für politische Wissenschaften und ist aus ganzem Herzen eine - anerkannte - Malerin. I, the burning desert wind,/ Cooled off and took on form. / Where is that sun, which could dissolve me,/ Or the lightning, that could shatter me! / Now raise your eyes, Sphinxhead of stone, / To all the heavens- in anger. So lautet die englische Version des Lasker-Schüler-Gedichts "Weltschmerz". Von Yehuda Amichai stammt die Kurzbiografie der Dichterin. Die Herausgeberinnen des Taschenbuchs haben eine ausführlichen Einführung geschrieben. Das handliche Format ist benutzerfreundlich. Angenehm auch die Zweisprachigkeit, die Originale stehen neben den Übersetzungen. Dem Buch wünschen wir viele Leser, vor allem in den angelsächsischen Ländern. Es ist auch über das Internet zu beziehen. Else Lasker-Schüler "Selected Poems", transl. By Audri
Durchslag-Litt and Jeanette Litman-Demeestère with a preface
by Yehuda Amichai. Ca. 260 S., Green integer 49, ISBN 1-892295-86-5,
11,95 US $
Der in Kassel lebende indische Schriftsteller Anant Kumar wurde nominierter
Finalist des Würth-Literatur-Preises 2002 (Tübinger Poetik-Dozentur).
Seinen Essayband "Die galoppierende Kuhherde, Essays und andere
Prosa" hat er in diesem Herbst auf einer Lesereise vorgestellt.
Auszüge davon stellte das ELSG-Mitglied auch schon in Wuppertal
vor.
Die neue CD des "Ensemble Noisten", Wuppertal, ist da . Sie heißt "Good Morning Mrs. G". (€ 15,--, zu beziehen über www.sacramusica.de). "Die wahre Melodie lässt sich ganz ohne Stimme singen - jüdische Klezmermusik und mehr" heißt es im Booklet. Das Ensemble Noisten gestaltet das musikalische Rahmenprogramm der ELS-Matinee am 19. Januar 2003 im Solinger Museum Baden (siehe Termine). Für ihre herausragende Übersetzung von Jürgen Serkes Böhmische Dörfer erhielt Veronika Dudkovká am 2. Dezember 2002 den Preis für tschechische Übersetzungen deutschsprachiger Literatur der Robert Bosch Stiftung. Damit hat dieses Buch insgesamt drei Auszeichnungen erhalten, darunter den erstmals verliehenen nationalen Literaturpreis Tschechiens. Angela Winkler steht wieder auf der Bühne. In dem von Peter Zadek am Wiener Akademietheater inszenierten Redestück "Die Nacht des Leguans" von Tennessee Williams spielt sie zusammen mit Ulrich Tukur. Margret Wohlfahrt war mit Bildern über "Prinz Jussuf von Theben" beteiligt an der Veranstaltungsreihe "Elses Töchter" Ende 2001/Anfang 2002 in mehreren rheinischen Städten. 13 dieser Arbeiten hat sie in einem Büchlein publiziert. Titel "Elses Ritt ins 3. Jahrtausend" , Preis € 4,-- ,zu beziehen über den Verlag "wort und mensch", Ingendorfer Weg 71, 50829 Köln. Fremdenfreundlichkeit ist das Thema der Anthologie 2002 des "wort und mensch-Verlags", Köln, herausgegeben von Waltraud Weiß. In Lyrik und Prosa schreiben die AutorInnen über ihre positiven Erfahrungen mit dem/der Fremde/n. "Der liebe Gott schuf die Fremden, damit es uns nicht langweilig werde" (Reinhild Rollar). "Schön bist du, Fremde/r", ca. 300 S., gebunden, illustriert. € 16,50, ISBN 3-9806002-4-6 Waltraud Weiß hat Gedichte zur Sterbebegleitung von Verwandten
und Freunden geschrieben, getragen von großer Tiefe und Gläubigkeit
- ein Buch, das nicht unberührt lässt. "Rosa Haus" erst später - und auch Ricarda Dick, bislang an der Bergischen Universität beschäftigt
und wissenschaftliche Redaktorin der Kritischen ELS-Gesamtausgabe, ist
jetzt Mitarbeiterin von Vol-ker Kahmen. Die Eröffnung des Literatur-
und Kunstinstituts Hombroich, in dem die Lasker-Schüler, Celan-
und Kafka-Collection dieses herausragenden Sammlers künftig präsentiert
wird, verzögert sich. Die Räume im "Rosa Haus" auf
der Museumsinsel Hombroich werden derzeit behutsam renoviert. Sie können
frühestens im Herbst 2003 zugänglich gemacht werden. |
Polen rückt näher: XI. ELS-Forum vom 12. bis 19. Oktober 2003 in Breslau/Wroclaw "Güte ist unsterblich - Dobroc jest niesmiertelna" lautet das XI. Else Lasker-Schüler-Forum vom 12. bis 19. Oktober 2003 in Breslau/Wroclaw. Wladyslaw Bartoszewski, Außenminister a. D. und Präsident des polnischen P.E.N., ist Schirmherr. Zum einwöchigen Programm gehören Lesungen mit Reiner Kunze, Ryszard Krynicki, Stefan Chwin, Tina Stroheker, Klaus Rohleder, Vorträge von Hansgünther Heyme und Marek Zybura, Konzerte und ein deutsch-polnischer Kabarettabend, ein Jiddisch-Workshop mit Manfred Lemm und die Anna Kamienska-Ballade "Gebirtigs Tisch", ferner eine prominent besetzte Diskussion über "Die Ankunft des Ostens in Europa: Angst und Hoffnung der deutschen - Hoffnung und Angst der Polen", moderiert von Cornelius Bormann, dem früheren ARD-Fernsehkorrespondenten in Warschau.
Wladyslaw Bartoszewski Natürlich gibt es Stadtführungen auf den Spuren der jüdischen und deutschen Vergangenheit Breslaus, der Stadt von Edith Stein. Hier liegt Ferdinand Lassalle begraben, wurde Alfred Kerr geboren und der Widerständler Dietrich Bonnhoeffer. Hier begann die heiße Liebe zwischen Armin T. Wegner und Lola Landau; um Liebes- und Musengeschichten in Zeiten von Verfolgung und Exil geht es in der um Autoren aus Schlesien ergänzten Ausstellung der Sammlung Jürgen Serke. Busreise nach Polen Alle Veranstaltungen sind öffentlich; über eine rege Teilnahme würden wir uns freuen. Selbstverständlich kann man auch mit dem eigenen Auto oder per Bahn nach Breslau kommen. Über den Fortgang der Vorbereitungen berichten
wir in den nächsten Ausgaben. Dann können wir auch eine
Hotelempfehlung geben. |
Wenn es um das liebe Geld geht: Jahresbeitrag
und das Thema Finanzen
Im Februar wird wieder der Jahresmitgliedsbeitrag eingezogen (sofern eine Vollmacht besteht). Für alle anderen Mitglieder haben wir einen Zahlschein beigefügt, der auch für Spenden genutzt werden kann, denn viele von Ihnen dürften wie wir auf jeden Cent angewiesen sein. In Zusammenhang mit dem Kontoauszug, auf dem Ihre Bank den Einzug festhält, gilt der Zahlschein auch als Spendenquittung. Einige Mitglieder haben sicher übersehen, daß sie mit der Zahlung ihres Beitrags im Rückstand sind. Eine sehr hilfreiche und sorgenfreie Art, mit Zahlungen aktuell zu sein, ist die Einzugsermächtigung für eine Abbuchung. Wir hoffen sehr auf Ihr Verständnis und danken für Ihre Unterstützung. Übrigens: Kündigungen müssen bis zum 30. September erfolgen und Adressenänderungen können Sie auch per Mail vorstand@else-lasker-schueler-gesellschaft.de oder Fax 0202-7475433 mitteilen. Sie helfen, Kosten und Arbeit zu sparen. |
e-mail: Hajo.Jahn@Else-Lasker-Schueler-Gesellschaft.de
Homepage: http://www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de/ |
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