Ausgabe 53

3. Quartal 2003

" Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.
Es steht im Dunkel der Kellertür,
seitdem die Welt verrohte...."


Mario Adorf
liest A. Kerr beim
Breslau Forum


Dichterabend
hochkarätig mit:
T. Rózewicz
U. Koziol
R. Kunze u.a.


575 Gedichte
für ELS-Lyrik-
Wettbewerb

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Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder!

Mario Adorf und seine Tochter Stella-Maria Adorf werden erstmals gemeinsam öffentlich auftreten. Sie lesen Texte von Vater und Tochter Alfred und Judith Kerr („Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“). Dieses Ereignis findet im Rahmen des XI. Else-Lasker-Schüler-Forums in Breslau statt: Am Donnerstag, d. 16. Oktober 2003, in der Synagoge Zum Weißen Storch.

In dieser Stadt besuchte der junge Paul Alsberg mit seiner späteren Frau Betti das jüdisch-theologische Seminar an der Wall-Strasse nahe der Synagoge. Der Tempel wurde in der sog. Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 von den Nazis nicht angezündet, weil er in einem geschlossenen Hof liegt und ein Übergreifen der Flammen auf die angrenzenden Wohnhäuser befürchtet wurde. Das Innere der Synagoge wurde geschändet und zerstört. Im Hof des Komplexes mussten sich die Mitglieder einer der größten jüdischen Gemeinden Deutschlands zwischen 1942 und 1944 zum Abtransport nach Auschwitz einfinden. Paul Alsberg, der nach kurzem KZ-Aufenthalt nach Palästina fliehen konnte, wurde später Staatsarchivar Israels und ist der Nachlassverwalter von Else Lasker-Schüler.

Wie bereits in Israel im Jahre 2001 ist die ELS-Gesellschaft unseres Wissens nach die erste deutsche Literaturvereinigung, die sich in Polen mit einem Programm vorstellt. Wir hoffen, daß möglichst viele Mitglieder und andere Interessenten mitfahren. Die Reise nach Breslau und Teilnahme am Forum sind zugleich der 1. Preis für die Klasse 10b der Lessing-Realschule Freiburg, die den diesjährigen Internet-Schulwettbewerb „Exil-Club.de“ gewonnen hat.

Aber warum gehen wir mit dem XI. Else-Lasker-Schüler-Forum vom 12. bis 19. Oktober 2003 nach Polen? Natürlich geht es auch um die Verbundenheit Else Lasker-Schülers mit den Dichtern Schlesiens. Sie war mindestens einmal während ihrer mehrtägigen Lesereise im November 1922 in Breslau (Marbacher Magazin 71/1995).

Doch vor allem sind es die schlesischen Dichter, die später eine wichtige Rolle in Berlin spielten. Etwa Franz Jung und Max Herrmann-Neiße, die auch eine Rolle in der Ausstellung der Sammlung Serke spielen, die „Liebes- und Musengeschichten“ der „verbrannten Dichter“ mit seltenen Exil- und Erstausgaben, Autografen und Fotos im „Haus zur Goldenen Sonne“ am „Ring“.

Auch geht es um die besondere Beziehung der Dichterin zu dem Berliner aus Breslau, zu Alfred Kerr. Der bekannteste und gefürchteteste Kritiker Deutschlands hatte die Aufführung des Lasker-Schüler-Dramas „Die Wupper“ vom 15. Oktober 1927 am Staats-Theater Schauspielhaus in der Inszenierung von Jürgen Fehling zwei Tage später im „Berliner Tageblatt“ rezensiert und das Stück überaus gelobt.

Aus Wuppertal gebürtig ist Armin T. Wegner, der seine Jugend in Breslau verbrachte und bekannt wurde wegen seines Einsatzes gegen den Genozid an den Armeniern durch die Türken und seinen flammenden Brief an den frisch gewählten Reichskanzler Adolf Hitler, in dem er bereits im April 1933 hellsichtig vor den Folgen des Antisemitismus warnte.

Einen wesentlichen Anteil am Programm wird in Breslau auch das Wirken von Edith Stein haben, Schriftstellerin und Jüdin wie Else Lasker-Schüler. Die gebürtige Breslauerin, deren Elternhaus heute von der Edith-Stein-Gesellschaft gepflegt und für Veranstaltungen genutzt wird, konvertierte zum katholischen Glauben und wurde in Auschwitz mit ihrer Schwester ermordet, obwohl sie Nonne war. Vergeblich hatte sie Papst Pius XI. um Hilfe gebeten. Erst 1998 wurde sie heilig gesprochen.

Vor 70 Jahren wurden in mehr als 50 deutschen Städten Bücher „undeutscher“ Dichter und „Asphalt-Literaten“ verbrannt. Am 10. Mai 1933 auch auf dem Schlossplatz in Breslau. Die Bücherverbrennungen waren der Auftakt zu den späteren Verbrechen der Nationalsozialisten. Die 70. Wiederkehr der Bücherverbrennungen sind deshalb ebenfalls ein Grund, in die tausendjährige Stadt an der Oder zu gehen und Werke verbrannter Dichter im ehemaligen Haus zur Goldenen Sonne auszustellen, das heute Münzmuseum ist.

Das XI. ELS-Forum demonstriert zugleich mit einer Fülle von Veranstaltungen wie z. B. einem Jiddisch-Workshop für Jugendliche und dem Abschlusskonzert mit dem Manfred Lemm-Ensemble im Funkhaus des Polnischen Rundfunks, was ein „Zentrum der verfolgten Künste“ leisten könnte. Die Thematik ist eine europäische. Deshalb auch diskutiert Innenminister Otto Schily mit polnischen Intellektuellen im Jahr der EU-Erweiterung zur offiziellen Eröffnung des Forums über „Die Ankunft des Ostens in Europa. Angst und Hoffnung der Deutschen – Hoffnung und Angst der Polen“.

Schirmherr Wladyslaw Bartoszewski, der ehemalige Aussenminister und jetzige PEN-Präsident, war Verteidiger der Hauptstadt Warschau beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Er hat am Warschauer Aufstand 1944 teilgenommen, trug in Auschwitz die KZ-Nummer 4427 und wurde später von den Kommunisten inhaftiert. Sein Schicksal, die Geschichte der 100jährigen Stadt an der Oder und diese Zeit, die wir in Erinnerung rufen möchten, sind ein Spiegel der Zerrissenheit jenes schlesischen, polnischen Landstrichs und seiner Menschen... Zugleich mit dem Forum wollen wir das „Zentrum der verfolgten Künste“ bekannter machen, zumal in Ländern, die mit der Thematik während der Nazizeit, aber auch unter den kommunistischen Regimes involviert waren. Deutsche und polnische Autoren, Schauspieler, Wissenschaftler und Musiker stellen Künstler vor, die aus dieser Region stammen. So befasst sich etwa der langjähriger Chef der Ruhrfestspiele, Hansgünther Heyme, mit dem Barockdichter Daniel Casper von Lohenstein, der polnische Germanist Marek Zybura stellt August Scholtis vor.

Glücklich sind wir, neben Mario Adorf auch Tadeusz Rózewicz gewonnen zu haben. Der international renommierte Autor war mehrfach für den Literaturnobelpreis nominiert. Er wird gemeinsam mit Reiner Kunze den ersten Teil eines Lyrikabends gestalten. Rózewicz stammt ebenso aus Breslau wie die bekannte Lyrikerin Urszula Koziol, die ebenfalls lesen wird.

Tadeusz Rózewicz Urszula Koziol

Natürlich gibt es Stadtführungen, speziell auch eine auf den Spuren von Edith Stein. Dabei wird auch das Grab von Ferdinand Lassalle auf dem jüdischen Friedhof in Wroclaw besucht.

Ich hoffe, wir sehen uns in Breslau. Der Vorstand und ich wünschen Ihnen einen schönen Sommer.
Herzlich

Ihr Hajo Jahn


Else Lasker-Schüler Lyrikwettbewerb in Poznan im Vorfeld des XI. ELS-Forums

Die Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft, Wuppertal, veranstaltete im Vorfeld ihres XI. Forums im Frühjahr 2003 für polnische Lyzeen, Gymnasien und Universitäten einen Lyrikwettbewerb, ausgeschriebenen als Hommage an die deutsche Dichterin, die in den 20er Jahren auch in Schlesien Leseveranstaltungen hatte. Der Übersetzer und Autor Eugeniusz Wachowiak hatte 1992 zuerst ein rein polnisches Taschenbuch und später ein zweisprachiges Buch mit Lasker-Schüler-Lyrik herausgegeben, finanziert von der ELS-Gesellschaft, gedacht für Schulen und Universitäten in Polen. Der Lyrikwettbewerb stand unter dem zweisprachigen Motto „Dein Lied, stärker als Feuer und Verbannung/ Lecz pie twoja silniejsza nad ogie i wyganie...“, einem Zitat aus einem Gedicht von Eugeniusz Wachowiak.

Er ist Mitglied der ELS-Gesellschaft und des Polnischen Schriftstellervereins (SPP) in Pozna_, der den Lyrikwettbewerb für die deutsche Literaturgesellschaft in Polen organisierte. Zwischen Ende 2002 und Frühjahr 2003 schickten 52 Lyzealisten und 46 Studenten insgesamt 575 Gedichte ein.

Mitglieder der Jury waren neben Eugeniusz Wachowiak der Lyriker und Chefredakteur Wac_aw Oszajca sowie Sergiusz Sterna-Wachowiak, Lyriker, Essayist und Literaturkritiker.

Ihrer Meinung nach wiesen viele der eingesandten Gedichte in beiden Kategorien eine vergleichsweise hohe Qualität auf. Bei der Einschätzung legte man „Wert auf die Einbildungskraft, poetische Kreativität, Empfindlichkeit und Metaphorik im Sinne der Else Lasker-Schüler“.

In der Kategorie „Lyzealisten“ (16 – 19 Jahre) wurden ausgezeichnet: I. Preis Natalia Weimann aus Zlotniki; II. Preis Wojciech Czerniewicz (Orneta/ Wormditt) und III. Preis Magdalena Nowicka, Lodz; ex aequo: III. Preis Dagmara Walczyk aus Posen. In der Kategorie „Studenten“ (19 – 24jährige) gab es folgende Bewertungen: I. Preis Krzysztof Grzelak, Lodz, II. Preis Krzysztof Woch, Jaworzno und III. Preis Pawe_ Piotrowicz, Wroclaw/Breslau.

Die Preisverleihung erfolgte am 11. April 2003 im Konferenzsaal der Raczy_ski–Bibliothek in Pozna_., eröffnet mit einem Vortrag über „die Poesie von Else Lasker-Schüler“ mit Lyrikbeispielen in deutscher Sprache. Die Preisträger, die ihre prämierten Gedichte vortrugen, erhielten Urkunden und Buchpreise. - Zu den Gästen gehörten Vorstandsmitglieder des Kulturvereine Großpolens, der Jüdischen Gemeinde in Posen, die beiden Direktorinnen des Literaturarchivs bzw. der Bibliothek und Pressevertreter (Protokollauszug).


Reisewege nach Breslau
Direktflüge sind in Deutschland von Frankfurt/M. und München mit LOT möglich und kosten ca. 370 €. Günstiger ist die Eisenbahn, am billigsten sind Busreisen, die von vielen Städten (wie Aachen, Bonn, Düsseldorf, Dortmund, Essen, Paderborn, Bielefeld, Hannover, Göttingen) sogar täglich möglich sind, oft jedoch mit strapaziösen Nachtfahrten verbunden sind: Rd. 80 € kostet das bei SINBAD-Reisen, Telefon 02232 – 923 14-10, Mail info@sinbad-reisen-gmbh.de. Wir empfehlen Anfragen bei Reisebüros. Eine Hotelliste ist bei uns abrufbar per E-Mail: vorstand@else-lasker-schueler-gesellschaft.de oder per Post. Dabei bitten wir um einen frankierten Briefumschlag, freigemacht mit 1,10 €. Für die Mitglieder in den Polen benachbarten Bundesländern lohnt sich natürlich auch die Anreise mit dem Auto.

Für Reisen nach Polen empfiehlt sich der Abschluss einer Auslandsreisekrankenversicherung, die für etwa 10 € von verschiedenen Anbietern zu bekommen ist.


Zum 70. Jahrestag der Bücherverbrennung in München hatte Wolfram Kastner am 10. Mai d. J. auf dem dortigen Königsplatz mit Schriftstellern, Bürgern und Jugendlichen eine Dauerlesung von Texten verbrannter Dichter organisiert. Erstaunlich oft waren Texte von Else Lasker-Schüler dabei, obwohl sich die Forschung bislang nicht darum gekümmert hat, ob auch Bücher des „Prinzen von Theben“ 1933 verbrannt worden. sind.

In Wuppertal lasen am 1. April 2003 sechs Autoren, darunter Karl-Otto Mühl, Hermann Schulz und die Exilschriftstellerin Safeta Obhodjas aus Bosnien, Texte von Klaus und Heinrich Mann, Irmgard Keun, Joseph Roth, Claire und Ivan Goll sowie Fritz Beer. Veranstalter war die ELS-Gesellschaft, Veranstaltungsort die Barmer Gemarker Kirche, die für den Widerstand des Protestantismus während der Hitler-Diktatur steht. In Wuppertal waren in vorauseilendem Gehorsam sechs Wochen vor der reichsweiten Aktion bereits am 1.April 1933 Bücher verbrannt worden. Die meisten Kommunen, auch München und Wuppertal, verweigern bislang ein permanentes Erinnerungszeichen.


Werner Kraft-Bibliographie online
finden Sie jetzt auf der Homepage der Niedersächsischen Landesbibliothek Hannover.


W. Kraft (Mitte) im Kreis seiner Mitarbeiter

Werner Kraft (1896 - 1991), Bibliothekar, Dichter und Essayist, Freund Theodor Lessings, Martin Bubers, Walter Benjamins, Gershom Scholems, Ernst A. Simons und nicht zuletzt (vor allem im Jerusalemer Exil) Else Lasker-Schülers, wurde 1933 als Jude aus dem Dienst dieser Bibliothek entlassen. Er emigrierte 1934 nach Jerusalem, wo er als Schriftsteller deutscher Sprache bis zu seinem Tod im Jahre 1991 lebte. Sein literarisches Werk wird jetzt von der Niedersächsischen Landesbibliothek in einer bibliographischen Datenbank erschlossen und über Internet zugänglich gemacht: 40 Buchtitel und etwa 450 unselbständige Veröffentlichungen, dazu noch gedruckte Tagebücher, Briefe von und an Kraft, Interviews, Biographisches, Literaturwissenschaftliches, Rezensionen etc. Die Datenbank ist über die Homepage erreichbar (http://www.nlb-hannover.de/ Link: Niedersachsen) und ist ein Bestandteil des Niedersächsischen. Informationssystems (NIS). Eine Kurze Einführung informiert über den Aufbau und die Benutzung der Datenbank. Hier befindet sich auch ein Link zur – schon länger auf der Homepage vorliegenden – Lebens-Chronik Werner Krafts http://www.nlb-hannover.de/ Niedersachsen/Werner_Kraft/wkraft.html, die eine biographische Übersicht zu den wichtigsten Lebensstationen bietet. Ulrich Breden, Hannover.

http://els-bib.southalabama.edu/ ist ein hervorragendes amerikanisches Internetprojekt. Die Universität Süd-Alabama bietet damit eine suchbare Online-Bibliografie zu Else Lasker-Schüler im EndNote Datenbankformat, realisiert von Calvin N. Jones unter Mitwirkung von Markus Hallensleben. Im Vergleich zu bisherigen, gedruckten wie im Internet zugänglichen Bibliografien wird der Benutzer Daten in verschiedenen, text-integrierbaren wie bibliografischen Formaten abrufen und eingeben können. Damit ist eine laufend mögliche Aktualisierung des jeweiligen Forschungsstandes vorgesehen, die gegenüber herkömmlichen Bibliografien nicht nur schneller vor sich geht, sondern auch weltweite Forschungsergebnisse zu einem Thema zentral an einem Ort zu bündeln vermag. Benutzer werden gebeten, neue Daten und Kommentar einzureichen. Users are encouraged to submit new data and commentary to the webmasters.

Als Präzedenzfall einer solchen offenen Bibliografie bietet sich die deutsch-jüdische Emigrantin Else Lasker-Schüler (1869-1945) an, zu der zum einen eine Gesamt-Bibliographie (auch in gedruckter Form) noch immer fehlt, und deren Archive wie Forschungsstellen zum anderen bereits über verschiedene Kontinente verteilt zusammenarbeiten. Diese Stellen befinden sich in Deutschland: ELS-Archiv, Stadtbibliothek Wuppertal; Deutsches Literaturarchiv Marbach; Staatsbibliothek Berlin; Stadtbibliothek Dortmund; Stadt- und Landesbibliothek Hamburg; Münchner Stadtarchiv; Theatersammlungen der Universität Köln; Freie Universität Berlin. Österreich: Stadt- und Landesbibliothek Wien. Schweiz: Zentralbibliothek Zürich. Israel: Jerusalem National and University Library. USA: Leo Baeck Archive, New York; Beinecke Rare Book Library, Yale University.

Erfasst werden sollen alle Veröffentlichungen über ELS, aber auch ein Teil der Primärliteratur, besonders Übersetzungen und die Kritische Gesamtausgabe. Über bisherige Bibliografien hinausgehend, kann auch das Archivmaterial erfasst werden und ermöglicht, zusätzlich Textmaterial als Volldatenbanken einzurichten. Damit kann auf bisherigen Datenbanken aufbauend ein Forschungswerk zur Verfügung gestellt werden, das die Forschung in einem bestimmten Bereich bündelt und so voranbringen kann.

In der ersten Phase werden wissenschaftliche Arbeiten betont, aber später werden Kritiken von Veröffentlichungen und dramatischen Aufführungen mit eingeschlossen. Durch ein Stichwortverzeichnis und Klassifizierung nach Art des Eintrags (reference type) können Forscher die ihnen am wichtigsten Informationen holen, z.B. alle wissenschaftliche Artikel, die Die Wupper behandeln oder alle Kritiken von Aufführungen dieses Dramas. Man kann auch, z.B. nach allen Werken in englischer Sprache suchen, die ELS-Lyrik behandeln. Abfragen nach Autor, Jahr, Titel, Verlag, Stichworten, Abstracts, Kommentaren, Art der Publikation sowie Internet-Adresse sind einzeln oder als vereinfachte Gesamtabfrage möglich. Der offene Rahmen einer On Line Bibliografie macht es möglich, den Stichwortkatalog auszuweiten oder zu verändern. Damit ergeben sich mehr Möglichkeiten zur Erfassung des Materials, da z.B. neue Forschungsrichtungen oder Begriffsfindungen Berücksichtigung finden können. In Zukunft wird die Bibliografie durch Kommentar in den Abstract und Notes Feldern erweitert. Mit dem Projekt ist eine ausführliche zweisprachige Dokumentation (Deutsch/ Englisch) verbunden.

Bisherige Vorarbeiten erstrecken sich in erster Linie auf die Sammlung von bibliografischen Daten im Rahmen des von Calvin N. Jones veröffentlichten Forschungsberichts The Literary Reputation of Else Lasker-Schüler: Criticism, 1901-1993 (Columbia S.C.: Camden House 1994) und der von Markus Hallensleben abgeschlossenen Gesamtinterpretation des Werkes Else Lasker-Schüler. Avantgardismus und Kunst-Inszenierung (Tübingen: Francke 2000). Der bisherige Stand beläuft sich auf derzeit 1500 Titel. – Kompliment für Dr. Jones zu dieser Online-Biografie, wir haben eine Verlinkung eingerichtet.


Buchtipp
Zwischenbilanz und Vexierspiel
Einfach „Die Fünfzig. Gedichte“, nennt Lutz Rathenow seinen 3. Band fortlaufender Gegenwartsvergewisserung. Der Titel signalisiert zugleich geschickt den Anlass seiner lyrischen Zwischenbilanz: Der Autor (50) macht sich sein Älterwerden bewusst.
25 Arbeiten aus den Endachtzigern in der DDR und 25 aus diesem und dem letzten Jahr korrespondieren unerwartet miteinander und bilden einen irritierenden Spannungs-Bogen. In ihnen begegnen sich Endzeit- und Aufbruchstimmung. Zwischen Versteckspiel und Selbstentblößung, Sinnsuche und böser Komik finden sich unerwartet sensible Reflexionen: „Am Grab / Der Enkel, sehr klein / und gar nicht richtig traurig, / er harkt die Erde über Opa. / Langsam, nicht zu sanft, / vor allem gleichmäßig, so / hat es Großvater immer gern. / Wenn er seinen Rücken kratzt. / Und manchmal, mit dem kleinen Finger, / kitzelt Enkel seinen Opa. So wie immer.“
Auch etwas wie in sich gehende Verunsicherung ist zu entdecken, wenn der Autor anstelle der erwarteten Autobiographie in „Verfrühte Autobiographie“ bekennt: „Zu früh schreibst du dich zurück. / Lauter Schlüssel, noch mehr Schlösser. / Und du suchst, suchst, welches passt.“ An anderer Stelle kristallisieren sich nachdenklich Spirituelles und religiöse Bezüge heraus: „Ich glaube, / daß ich nicht gläubig bin. / Aber eigentlich glaube ich / daran immer weniger“. Nach den Straßenkämpfen zum 1. Mai notiert er: „Im Urban-Krankenhaus die Verletzten. / Autonome / neben Polizisten. Blut gibt es für alle. / Das Abendmahl als Transfusion.“

Im Kontrast dazu stehen Verse voller naiver Freundlichkeit. Sogar Kindergedichte finden sich in diesem Band. Wie die meisten aus Rathenows Feder stimmen sie optimistisch wie in „Kinder lieben den Winter / Es regnet Schnee- / bälle. Sie fliegen / dem Frühling entgegen.“
Das eigentlich Bemerkenswerte an dieser lyrischen Zwischenbilanz des gleichermaßen als zeitkritischen Kolumnisten, Erzähler und Satiriker bekannten Autors: sie zeigt einen in Veränderung befindlichen Rathenow, einen pointierten Beobachter, der nicht nur kokettiert, wenn er sich eingesteht, die Kontrolle über seine Perspektive verloren zu haben. Vom Kampf - auch gegen sich selbst - handeln drei Prosatexte am Schluss. Es sind 12 Seiten zwischen Versteckspiel und Selbstentblößung. Alle Möglichkeiten sind offen: „Jemand fühlt sich verfolgt. Er wird immer schneller. Sein Verfolger erreicht ihn fast, da bricht er zusammen. Der Verfolger kümmert sich um ihn. Bis er wieder zu Kräften kommt.“
Wie neu geboren und verwandelt, verfremdet, sogar als Vexierspiegel seiner eigenen Prosa und Lyrik erscheinen ihre Interpretationen durch den Rockmusiker, Sprachkünstler und Multitalent Heinz Ratz. Die Begegnung der beiden und das daraus entstandene Hörbuch RR- Projekt Texte Töne Trash darf als Glücksfall gelten. Udo Scheer

Lutz Rathenow: Die Fünfzig. Gedichte, Landpresse-Verlag 2003, 80 S., 13 €. Lutz Rathenow ist Mitglied der ELS-Gesellschaft und war Teilnehmer der „Dichterlesungen in Asylbewerberheimen“ (1992/93)
Das RR-Projekt. Texte Töne Trash. Heinz Ratz singt liest spielt Lutz Rathenow. Edition HörZeichen Gerichshain 2002, ISBN 3-934492-15-0, 45 Min.., 14 €


Vereinsinterna

Aihong Jiang, Germanistin und Else-Lasker-Schüler-Expertin an der Universität Peking, mailte Anfang Mai 2003 auf eine besorgte Anfrage wegen der Sars-Seuche: „Wahrscheinlich werden wir noch 2 Wochen keinen Unterricht geben. Ich benutze diese Zeit, um zu lesen und Artikel zu schreiben. An unserer Uni ist noch kein Student angesteckt. Die Uni ist gesperrt, kein Student darf ausgehen. Sie wohnen in Studentenheimen, essen in der Mensa und lernen in den Klassenzimmern. Ich treffe mich jede Woche einmal mit meinen Studenten und beantworte ihre Fragen. Wir hoffen, dass die Krankheit bald vorbei ist.“ Am 20.5.03 schrieb sie uns: „Die Situation in Beijing wird immer beruhigender. Gestern gab es nur noch 7 Neuenerkrankungen. Ab dieser Woche finden alle Vorlesungen und Seminare wieder statt. Die Studenten, die inzwischen in ihre Heimat gefahren sind, sollen der Reihe nach zurückkommen und die Semesterprüfungen machen.“

Klaus Goebel, Historiker an der Universität Dortmund, ist von der Gemeinde Boitzenburger Land (Uckermark) mit der Ehrenbürgerschaft ausgezeichnet worden. Ausgangspunkt war das von ihm herausgegebene Buch von Heinrich Wolfgang Seidel „Drei Stunden hinter Berlin“ (Insel-TB).
Goebel lernte dadurch Boitzenburg kennen und unterstützte die Gründung eines Fördervereins. Dies war der Anstoß zur Restaurierung der zu DDR-Zeiten marode gewordenen bedeutenden Kirche. Das Augenmerk des Ehrenbürgers gilt weiter diesem Projekt: Die Sanierung des riesigen Kirchendachs, der Außenfassaden, Innenräume und Gruft-Gewölle steht noch aus. Wer sich beteiligen möchte, kann die Kontonummer des Fördervereins St. Marien auf dem Berge Boitzenburg in Anspruch nehmen: 356 1001 750, Sparkasse Uckermark, BLZ 170 560 60. Oder von K. Goebel: 881 755, Volksbank Remscheid/Solingen, BLZ 340 600 94 (Spendenquittungen). Hilfe ist auch deshalb vonnöten, weil die Uckermark ein wunder-schönes Land mit wirtschaftlichen Sorgen und 25 - 40 Prozent Arbeitslosen ist.

Der Förderverein Ehemaliges Jüdisches Gemeindehaus Breisach ist eine beispielhafte Vereinigung engagierter Bürger im Breisgau. In dem durch Privatinitiative restaurierten Gemeindehaus fand im Frühling 2003 eine Lesung der ELS-Biografie aus dem Doppelband „Momente in Jerusalem“ statt. Das Gemeindehaus und weitere Wohnhäuser der ehemaligen jüdischen Bürger Breisachs sind wie eine realistische Theater-Kulisse erhalten geblieben, während die benachbarten Häuser der christlichen Täter im Krieg zerstört wurden.

Der Verein, zu dem auch Mitglieder der ELS-Gesellschaft wie Rita Binder gehören, hat soeben ein Buch herausgegeben, das einen größeren Leserkreis verdient: Ein-drucksvolle Schwarzweißfotos von Josef Arie Kornweitz, die bereits in einer Ausstellung gezeigt wurden, zeigen die erhaltenen Gebäude, überblendet mit Aufnahmen der einstigen Bewohner. Sie erhalten damit ihre Namen und Gesichter zurück.

In englischer, französischer und deutscher Sprache sind die Begleittexte gehalten. Fotos vom jüdischen Friedhof bei Meckenheim im Unterelsass ergänzen den Band. Es ist die bisher wichtigste Arbeit des Fördervereins. Das Gemeindehaus soll ein Hort der Erforschung und Dokumentation der Regional-Geschichte der Juden werden.

Josef Arie Kornweitz, Christiane Walesch-Schneller, Günter Boll: ZONE 30. Rückkehr aus dem Exil, 124 S., zahlreiche farbige u. Duotone-Abb., Hardcover. ISBN 3-922675-93-X, modo Verlag Freiburg, € 18,--
Hajo Jahn ist mit dem Bundesverdienst-kreuz am Band ausgezeichnet worden. Diese Anerkennung gilt nicht nur der Arbeit des gesamten Vorstands der ELS-Gesellschaft und –Stiftung, sondern dankt zugleich allen Mitgliedern, die durch ihre Mitgliedschaft das Projekt eines „Zentrums der verfolgten Künste“ unterstützen.

Herta Müller, ehemaliges langjähriges Vorstandsmitglied der ELS-Gesellschaft, erhält gemeinsam mit Christoph Meckel und Harald Weurich den mit 120.000 € dotierten Joseph Breitbach-Preis der Akademie der Wissenschaften, Mainz. Preisverleihung ist am 20. September in Koblenz, wo der Autor Breitbach vor 100 Jahren geboren wurde. Wir gratulieren herzlich.

Verfolgt unter Stalin
Reinhard D. Flender, Komponist („Der blaue Reiter“), ist mit seinem Hamburger Peermusic Classical-Verlag Herausgeber von 27 Werken des bedeutenden russischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg. Weinberg gehört zu der großen Zahl von Komponisten des 20. Jahrhunderts, die aus rassistischen und politischen Gründen diskriminiert wurden und bis heute relativ unbekannt geblieben sind: 1919 in Warschau geboren, wo sein Vater als Komponist und Violinvirtuose in einem jüdischen Theater war. 1941 verbrannten die Nazis Weinbergs gesamte Familie, während er selbst nach Minsk und Taschkent fliehen konnte. 1943 übersandte er Dimitri Schostakowitsch die Partitur seiner ersten Symphonie, die Schostakowitsch derart beeindruckte, dass er für Weinberg eine offizielle Einladung nach Moskau erwirkte, wo Weinberg bis zu seinem Tode 1996 als freischaffender Komponist und Pianist blieb.

Er und Schostakowitsch wurden Freunde, die sich auch fachlich sehr schätzten und beeinflussten. 1948 mußte Weinberg erleben, dass Antisemitismus nicht nur unter den Nazis herrschte. Sein Schwiegervater, der bekannteste jüdische Schauspieler der damaligen Sowjetunion, Solomon Mikhoels, wurde im Auftrag Stalins ermordet. 1953 internierten die Stalinisten Weinberg. Er kam jedoch, bedingt durch den Tod Stalins, nach drei Monaten wieder frei. - Weinberg schrieb 26 Symphonien, 7 Konzerte, 17 Streichquartette, 28 Sonaten, 7 Opern, Ballette, Schauspiel- und Filmmusiken, Lieder und ein Requiem. Große russische Interpreten wie Leonid Kagan, David Oistrach, Mstislaw Rostropowitsch, Emil Gilels, das Borodin-Quartett und Vladimir Fedoseyev haben ihn uraufgeführt. Dank der großen Leistung des englischen Labels Olympia, das in den 90er Jahren 16 CD’s mit Weinbergs Musik eingespielt hat, ist es heute möglich, eine Neubewertung vorzunehmen, die Schönheit, Originalität und Tiefe von Weinbergs Musik kennen zu lernen und über die ihr innewohnende Wärme und Kraft zu staunen - nicht zuletzt angesichts des leidvollen Lebens ihres Schöpfers. - Zu den ersten Kompositionen Weinbergs, die Peermusic Classical veröffentlichen wird, gehören das Klavierquintett op. 18 aus dem Jahre 1944 und das Streichquartett Nr. 16 op. 130 von 1981.


Neue Mitglieder
Gerd Müller, Breisach; Prof. Erich Meffert, Wuppertal; Mechthild Kösters-Eckelmann, Hattingen; Hans von der Golz, Ammerndorf; Andrea Henneke-Weischer, Hagen; Christian Menardus und Paul Manteuffel, Lenningen; Elsa Zettel-Kunde, Köln.

Ausgeschieden: Kurt Drawert, Jutta Hummel, Karl-Heinz Baumann, Hanne Nestler, Katja Landgrebe Mareike Homann, Kerstin Sokolowski, Sigmund Alte, Axel Bernhardt, Ulrike Musial, Manfred Lichtwitz; B. u. W. Hundeck-Henkel.

Wir trauern um Helga Lohmann, Witten, die im Alter von 63 Jahren am 27. Mai 2003 gestorben ist. Nicht als Ehefrau des dortigen Bürgermeisters erwiesen mehr als 400 Trauergäste und Abordnungen der Partnergemeinden aus Israel, Frankreich und England ihr die letzte Ehre, sondern der eigenständigen Persönlichkeit, die maßgeblich Kulturarbeit und –austausch engagiert initiiert und gestaltet hat.


Forum der Kreativen

George Dreyfus, in Australien lebender, in Wuppertal geborener Komponist und Fagottist, feierte am 22. Juni 2003 sein 75. Lebensjahr. Weltweit wurden ihm zu Ehren „Birthday-Performances“ ausgerichtet, u.a. in Brisbane, Rheinhausen, Bremen, St. Petersburg, Wiesbaden und Kew (Victoria). In seiner Heimatregion richtet das Museum Baden in Solingen am 4. November ein Konzert von und mit George Dreyfus aus. (siehe auch Termine).

Anant Kumar bekam den 3. Preis beim Poeticus-Literaturwettbewerb "Kurzgeschichte" http://www.poeticus.org/page57.html Eingesandt wurden 337 Shortstorys. Mehr über in Kassel lebenden indisch-deutschen Autor unter: http://www.anant-kumar.de.vu

Andrea Henneke-Weischer hat ihre Promotionsarbeit über Else Lasker-Schüler vorgelegt: Sie erscheint unter dem Titel "Poetisches Judentum. Die Rezeption der Bibel bei Else Lasker-Schüler" im Matthias-Grünewald-Verlag. Die Autorin wurde damit 2002 an der Universität Tübingen (Fakultät für Katholische Theologie) promoviert. Die Dissertation ist bei Prof. Karl-Josef Kuschel entstanden, der sich sehr stark mit dem Verhältnis zwischen Theologie und Literatur beschäftigt. Die Verfasserin hat Theologie und Germanistik studiert und das Werk Else Lasker-Schülers einer interdisziplinären Fragestellung unterzogen. Andrea Henneke-Weischer wird bei Gelegenheit in Wuppertal das Dissertationsprojekt vorstellen; auf Anfrage gern auch andernorts.

ARTCORE goes Berlin and Breslau...
Neuere elektronische Musik wird im Sommerprogramm 2003 vertreten durch das Solinger Künstlerkollektiv »Artcore«. Dahinter verbirgt sich ein Multimedia-Projekt auf den Spuren der Dichterin Else Lasker-Schüler. Mit Dub House, Ambient und feinstem Vocal House unterlegt, werden die ins Englische übertragenen Gedichte zu Songs, die unter die Haut gehen. Die Sängerin und Schauspielerin Claudia Gahrke, DJ Kic und der Punk-Freunden bestens bekannte S.Y.P.H.-Bassist Jojo Wolter sorgten bereits auf der Expo 2000 sowie beim X. ELS-Forum 2002 in Wuppertal für Furore. Am 12. Juni d. J. stellten sie ihr »Real Poetry«-Programm im Jüdischen Museum erstmals in der Hauptstadt vor. Die optische Umsetzung lag bei den Video-Künstlern von Optic Nerve, Regie bei Andreas Schäfer. Neu sind die ELS-Gedichtvertonungen A Love Song; Secretly at Night; I am Sad; Pirates - My Love Song; My Dance Tune; Lullaby - Mother Baboon Sings her Baby Baboon Asleep und Flight From the World. Eine CD soll folgen. Im Internet unter: http://www.real-poetry.de/ Am 17. Oktober ist ARTCORE beim XI. ELS-Forum in Breslau/Wroclaw in Polen mit dabei im Rahmen des Programms „Else Lasker-Schüler and Friends“.

Tina Strohekers neuer Prosaband Vermessung einer Distanz. Aufzeichnungen in der Umgebung Josef Mühlbergers ist mit dem Josef Mühlberger-Preis 2003 ausgezeichnet worden (eislinger edition ISBN 3-929947-31-5, 13.- €). Die Notate der Lyrikerin Tina Stroheker gehen auf den Kollegen ein und lösen sich von ihm, sprechen von dem sudetendeutschen Kollegen Josef Mühlberger und von der eigenen Person. Der Abstand bleibt immer bewußt, aber zunehmend stellt Nähe sich ein. Letztlich stellt das Buch die Frage, ob es eine die Grenzen der Generationen, Sprachen und Kulturen verbindende Welt des Geistes gibt.- Tina Stroheker ist Teilnehmerin des XI. ELS-Forums in Breslau, bei dessen Vorbereitungen sie dankenswerterweise hilft. Von ihr liegen mehrere Bücher über Polen vor, ein weiteres ist in Vorbereitung.

Neuer Forschungsblick
Einen Neuzugang für das kaum bekannte zweite Schauspiel Arthur Aronymus und seine Väter hat Thomas Höfert vorgelegt. Im Gegensatz zur „verharmlosenden“ Rezeption wird hier erstmals Else Lasker-Schülers Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus-Problem ausführlich analysiert und gewürdigt. Lasker-Schülers Augenmerk liegt v.a. auf der gewaltsamen psychischen Besetzung der antisemitischen Ideologie. Verbunden wird dies mit einem weiteren Aspekt: mit dem Interesse der Autorin am Unbewussten, an wissenschaftlicher Psychologie. Der Mythos einer eher welt- und wissenschaftsabgewandten Autorin erweist sich nicht nur als unhaltbar, sondern vielmehr als eine sehr langlebige Verkennung der beachtlichen Intellektualität der jüdischen Autorin. – Das Buch wurde von der Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft unterstützt.
Thomas Höfert, Signaturen kritischer Intellektualität. Else Lasker-Schülers Schauspiel Arthur Aronymus, St. Ingbert 2002, 428 S., 32 Euro; ISBN 3-86110-322-2.

Angela Winkler spielte unter der Regie von Peter Zadek am Deutschen Theater Berlin die Hauptrolle in Brechts „Mutter Courage und ihre Kinder“, das beste Stück, „über normale Menschen im Krieg“ (Zadek). Premiere war am 5. Juni 2003.

Briefe an die Gesellschaft
„Carl Conil hat für ,ARTpresents der ELS-Gesellschaft eine Bildkomposition zum Gedicht &Mac226;Mein blaues Klavier’ übereignet, als Mahnung gegen die Verrohung in der Gesellschaft.

Die Künstler von ARTpresents wollen mit ihren Bildern dazu beitragen, dass die Ereignisse der Vergangenheit nicht vergessen bzw. verdrängt werden.
Die individuell gestalteten Motive (auch als Auftragsarbeiten) verstehen wir als Motivation oder, wenn Sie so wollen, als Aufschwung für die Seele. Sie sollen Lieblingsgedichte täglich vor Augen führen.“ Karl Eschweiler, Simmrockstr.74, 50823 Köln


Mitteilungen der Stiftung Verbrannte und verbannte Dichter – für ein Zentrum der verfolgten Künste

Kreative Schüler – Freiburg siegt
Eindrucksvoll war die Themenpalette der Arbeiten für den Internet-Wettbewerb „Exil-Club.de“, den die ELS-Stiftung Verbrannte und verbannte Dichter – für ein Zentrum der verfolgten Künste“ gemeinsam mit „Schulen ans Netz“, Bonn, organisierte. 14 Arbeiten hatte die Jury zu bewerten, den 1. Preis, eine Reise nach Breslau zum XI. ELS-Forum gewann die Lessing-Realschule Freiburg. Deren 10b recherchierte die bis 2001 vergessene „Jüdischen Volksschule“ an der eigenen Realschule. Die Jugendlichen machten sich auf die Suche nach Überlebenden, erstellten eine Website, Arbeitsberichte. Die Arbeit ist modellhaft für unser Anliegen, hat lokalen Bezug, ist hervorragend dokumentiert und brachte die Schüler mit Zeitzeugen zusammen.

- Den 2. Preis erhielten die Marokkanerin Hafida El Masoudi und die Kurdin Oya Tekin von der Gesamtschule Duisburg-Mitte, die sich aus eigenem Antrieb mit dem „Leben in zwei Kulturen“ auseinander setzten.

Wie 2002 kam erneut die Veit-Stoß-Realschule Nürnberg auf den 3. Platz für eine Powerpoint-Präsentation dreier Schülerinnen der Klasse 10 über „Nürnberg und der Nationalsozialismus“. In dieser Nürnberger Realschule wird besonders intensiver Geschichtsunterricht betrieben, verbunden mit den modernen Medien, denn es war auch noch eine Homepage-Arbeit über „Nürnberg und die Menschenrechte“ eingereicht worden. Kompliment den Schülern, Lehrern und der Schulleitung!

Ähnliches Lob verdienen auch die Beteiligten der Wilhelm-von-Oranien- Schule in Dillenburg, die mit zwei Homepage-Arbei-ten und einer Word-Datei über das Massaker von Srebrenica, die schwierigen Friedensbemühungen in Bosnien-Herzegowina und den Kosovo-Konflikt beteiligt waren. Andere Beiträge befassten sich mit dem Schicksal eines während der NS-Zeit versteckten Juden in der Illegalität, mit den Erscheinungsformen des Rechtsradikalismus oder mit Kindermorden der Nazis in Hamburg. Das Deutsch-Französische Gymnasium Saarbrücken befasste sich mit Jugendbüchern über Schicksale jüdischer Kinder. Das Coubertin-Gymnasium Berlin stellte seine Ergebnisse einer Internet-Befragung über das Holocaust-Mahnmal vor und das Carl-Fuhlrott-Gymnasium Wuppertal hat mit einem Filmteam der FH Düsseldorf eine beispielhafte Videodokumentation über Recherchen zur Aufarbeitung der NS-Geschichte vorgelegt – zu empfehlen für andere Schulen.

Verfemt. Vergessen. Wiederentdeckt.
Unter diesem Titel wurde die „Sammlung Gerhard Schneider“ 1999 im Solinger Museum Baden erstmals einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt – Bilder, die in der NS-Zeit oder in der DDR verfemt waren, geschaffen von Künstlern, die Mal- und Ausstellungsverbot hatten oder ausgegrenzt wurden. Dr. Fritz Jacobi, renommierter Kustos der Neuen Nationalgalerie Berlin, hat in einem ausführlichen Gutachten „Einzigartigkeit“ bescheinigt und u.a. erklärt: „Deshalb sollte alles getan werden, diese Sammlung in ihrer Gänze zu bewahren und in angemessener Form der Öffentlichkeit – und das gilt insbesondere für die nachwachsenden Generationen und ausländischen Besucher, die sich mit deutscher Kunst und Geschichte vertraut machen wollen – zugänglich werden zu lassen. Ich schließe mich vollinhaltlich den Gutachten von Prof. Dr. Heinz Spielmann und der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle durch Frau Dr. Katja Schneider und Wolfgang Büche an und empfehle nachdrücklich die Überführung der Sammlung in eine Stiftung und hoffe sehr, dass alles unternommen wird, um einen solchen Schritt zu gewährleisten.“
Die Sammlung Schneider soll ebenso wie die Büchersammlung Jürgen Serke den Grundstock eines Zentrums der verfolgten Künste bilden.


Neues vom Exil-Club
„Outfit“ und Team geändert
Die letzten Monate hatten es in sich: inhaltlich, räumlich und menschlich. Nach vielen heissen Diskussionen zwischen Schulen ans Netz/ Bonn und der Else Lasker-Schüler-Stiftung/ Wuppertal sind die Würfel nun ein erneutes Mal gefallen und fest steht: das Projekt wurde (wieder einmal) völlig umgekrempelt und wird federführend von Bonn aus weitergehen. Das kleine Büro in der Obergrünewalder Strasse in Wuppertal-Elberfeld existiert nicht mehr; Möbel und Menschen sind mittlerweile auf den Bonner Hardtberg zu Schulen ans Netz umgezogen: Christof Köhler betreut das Online-Magazin www.exil-club.de weiterhin, dort aber gemeinsam mit einer neuen (Lehrer-)Kollegin. Die Verwaltung des Exil-Clubs verbleibt mit Brendan Botheroyd allerdings bei der Else Lasker-Schüler-Stiftung in Wuppertal, die als VertragspartnerIn von Schulen ans Netz das Projekt inhaltlich weiter begleitet. Aus der anfänglich mehr journalistischen Ausrichtung ist eine methodisch-didaktische geworden: als Internet-Handreichung für Schüler- und LehrerInnen zum Thema Exil in Vergangenheit und Gegenwart. Dies in angemessener Weise sachkundig zu betreuen, braucht es allerdings pädagogische Experten, sprich: LehrerInnen. Für - zuweilen - quer- und anders denkende JournalistInnen ist dabei kein Platz. Hier trennen sich Welten. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Ich habe das schweren Herzens nach Monaten harter Auseinandersetzungen mit Schulen ans Netz letzten Ende so akzeptieren müssen und werde das Projekt Exil-Club mit Wirkung zum 30. Juni (mit mehr als einem weinenden Auge!) verlassen. Aber in jedem Ende wohnt auch ein neuer Anfang, und es wird weitergehen: mit meiner ZeitzeugInnen-Arbeit - für Gesellschaft und Stiftung - und damit unser aller Engagement, die Zentrumsidee eines Tages realisieren zu können. Der Exil-Club ist hierfür als Vorläufer im virtuellen Raum ein erster großer Schritt nach vorn. Ich möchte Sie bitten, die KollegInnen in der Bonner Redaktion weiterhin mit Rat und vor allem: Tat! zu unterstützen und bedanke mich ausdrücklich bei allen, die dies in den letzten Monaten immer wieder getan haben. In diesem Sinne - zum letzten Mal in dieser Funktion –
Ihre: Ulrike Müller, Redaktionsleitung.


Termine / Kalendarium

Sonntag, 13.Juli 2003, 20.00 Uhr
Wasserturm, Bei der Ratsmühle 19, Lüneburg: „Die Nixe im Teich und Gedichte von Else Lasker-Schüler“. Ein Theaterabend von und mit Angelika Achinger

Mittwoch, 30. Juli 2003
Melba Conservatorium, Richmond, Victoria
„Galgenlieder“ – von u. mit George Dreyfus
Mittwoch, 13. August 2003
St. John’s Southgate, Melbourne
„Love your Animal“ – von u. mit George Dreyfus

Sonnabend, 16. August 2003
Sidney, Town Hall, „Terrigal“ – zu Ehren des 75. Geburtstags von George Dreyfus
13. – 19. Oktober 2003

Montag, 8. September 2003, 19.30 Uhr

Katholisches Bildungswerk, Laurentiusstr. 7, Wuppertal-Elberfeld
Gemeinschaftsveranstaltung der ELS-Gesellschaft mit dem Katholischen Bildungswerk und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit.

Der Schriftsteller-Arzt Hans Keilson - debütiert als letzter jüdischer Autor, 1933 im alten S. Fischer-Verlag und legt noch 1934 in Deutschland sein ärztliches Staatsexamen ab. Er ist heute tatsächlich der letzte Überlebende des literarischen Exils in den Niederlanden. Geboren 1909 studiert der Sohn einer liberal-jüdischen Familie in Berlin Medizin und Sport. Gemeinsam mit seiner Frau emigriert Keilson 1936 in die Niederlande und arbeit in der Zeit der deutschen Besatzung im Untergrund als Arzt und Kurier für den Widerstand. Nach dem Krieg begründet Hans Keilson, gemeinsam mit anderen Überlebenden, eine Organisation zur Betreuung jüdischer Kinder, die Versteck, Konzentrations- und Vernichtungslager als Waisen überlebt haben. Keilson lebt heute in Bussum/ NL.

Dienstag, 9. September 2003, 19.30 Uhr Vortrag. Prof. Dr. Hans Keilson: „Gedanken zur massiven kumulativen Traumatisierung von Kindern“
Gedenkstätte Alte Synagoge, Genügsamkeitstr. Wuppertal-Elberfeld. Eine Gemeinschaftsveranstaltung der Bergischen Universität Wuppertal, FB Erziehungswissenschaften und d. Gedenkstätte Alte Synagoge

XI.-Else-Lasker-Schüler-Forum, Breslau
Wroclaw-Polen im Rahmen der 300-Jahrfeier der Universität Wroclaw
„Güte ist unsterblich“ – „Dobro_ jest nie_miertelna“ in Kooperation mit der Universität Wroclaw, Willy Brandt-Zentrum Wroclaw, Deutsche Sozial-Kulturelle Gesellschaft und Edith-Stein-Gesellschaft, Breslau; gefördert von: Kunststiftung des Landes NRW; Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, Warszawa, DLF, Friedrich-Ebert-Stiftung und von Peer Steinbrück, Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen.
Das endgültige Programm wird im nächsten Rundbrief veröffentlicht. Auskunft erhalten Sie über das ELS-Büro, Herzogstr. 42, 42103 Wuppertal.



e-mail: Hajo.Jahn@Else-Lasker-Schueler-Gesellschaft.de Homepage: http://www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de/
Vorsitzender: Hajo Jahn; Stellvertreter: Dr. Klaus Becker; Schatzmeister: Herbert Beil; Pressesprecher: Christian Sabisch, Schriftführerin: Anne Grevé; Beisitzer: Wendla Boettcher-Streim, Prof. Manfred Brusten, Renate Dohm, Monika Fey sowie
die Autoren Ulla Hahn und Jií Grusa, Tschechien.
Bankverbindung: Stadtsparkasse Wuppertal, BLZ 330 500 00, Beitrags- u. Spendenkonto-Nr. 968 768
Stiftung "Verbrannte und verbannte Dichter -/Künstler-Innen" - Kuratorium: Hans-Dietrich Genscher,
Annemarie Renger, Dr. Jörg Mittelsten Scheid, Ingrid Bachér, Ursula Schulz-Dornburg, Jürgen Serke.
Konto: Stadtsparkasse Wtal. 902 999 000, BLZ 330 500 00
Internet-Gemeinschaftsprojekt von ELS-Stiftung und Schulen ans Netz e.V., Bonn als Online-Magazin:
http://www.exil-club.de/


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