Von Beckmann bis Schmidt-Rottluff

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Das Kunstmuseum Solingen zeigt als Auftaktausstellung des in Gründung befindlichen „Zentrums für Verfolgte Künste" noch bis zum 5. Mai 2013 aus einer der bedeutendsten Privatsammlungen Deutschlands 101 Bilder.

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Alexej von Jawlensky: Bad Wörishofen, 1927

Frank Brabant ist ein Sammler aus Leidenschaft . 1958 hatte der Schweriner in der ehemaligen DDR 1958 den Entschluss gefasst, „in den Westen zu machen". In Wiesbaden war er geschäftlich erfolgreich. 1964 besuchte er „eher zufällig" eine Galerie. Er kaufte einen Holzstich von Max Pechstein. „Der Name sagte mir damals nichts. Picasso ja, aber Pechstein?" 300 Mark zahlte er – und das bei einem Monatsgehalt von 350 Mark.

Mit diesem Kauf wurde er zum Sammler, der sich nun über Pechstein kundig machte und so der Kunst verfiel. Erspartes für den Traum von einem VW-Käfer setzte er dann doch in ein Aquarell von Ernst-Ludwig Kirchner um.

Viele weitere Käufe von Bildern und Büchern folgten im Laufe der Jahrzehnte: expressionistische Meisterwerke von Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Emil Nolde, August Macke, Franz Marc, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel oder Karl Schmitt-Rottluff aber auch Bilder heute nahezu unbekannter Künstler wie beispielsweise Ernst Fritsch, Harry Deierling, Elfriede Lohse-Wächtler, Heinrich Richter-Berlin, Siegfried Donndorf, Carl Gunschmann, Josef Scharl und Fritz Schaefler.– bis hin zur Kunst der Gegenwart. Dabei wurde der Sammler zum Kenner. Sein Geld wollte er nicht in Autos anlegen. Das angesparte Geld für einen VW-Käfer investierte er beispielsweise dann doch lieber in ei Bild von Ernst - Ludwig Kirchner.

Es folgten fast 500 weitere Kunstwerke.

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Hermann Max Pechstein: Fischerkopf, 1922, Holzschnitt

Der Schwerpunkt der Präsentation in Solingen liegt bei den Künstlern der Klassischen Moderne. Die Künstler gerieten von einer unberechenbaren Monarchie über einen Ersten Weltkrieg, die entbehrungsreiche Weimarer Zeit in den Naziterror und in die absolute Katastrophe des Zweiten Weltkrieges.

Ihre farben- und ideenreichen Bilder sind in dieser Zeit der Aufbruch der Expressionisten, die kritische Infragestellung der Gesellschaft und die Suche nach einer Neuen Sachlichkeit.

Neben Bildern von Maria Caspar-Filser, Elfriede Lohse-Wächtler und Otto Möller begeistern die Künstler aus der ersten Reihe. Ludwig Meidners „Betrunkene Straße" (1915) zeigt die Apokalypse der Städte, Lyonel Feiningers „Pariser Häuser" (1920) den Weg zur Abstraktion.

Auch die Künstler der „Brücke" sind vertreten: Kirchner, Heckel, Schmidt-Rottluff, auch die später hinzugekommenen Max Pechstein, Emil Nolde und Otto Müller.

Die Kontakte dieser Künstler nach München zum „Blauen Reiter" sind vielfältig und diese bekannte Künstlergruppe um August Macke, Franz Marc, Wassily Kandinsky und Alexej von Jawlensky wiederum lockte Helmut Macke, William Straube und Heinrich Richter-Berlin an. Auch diese Bekannten und Unbekannten sind mit sehenswerten Bildern in Solingen vertreten.

Eine ganze Reihe von Gemälden von Alexej von Jawlensky aus verschiedenen Schaffensphasen ist alleine die anreise wert:

An der Petersburger Kunstakademie lernte er ab 1890 kurz beim bedeutendsten Vertreter des russischen Realismus, Ilja Repin, dann langfristig bei Marianne von Werefkin. Sie zogen 1896 mit Jawlensky und ihrem Dienstmädchen, Helene Nesnakomoff nach München.

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Karl Hofer: Selbstbildnis, 1928

Ein charakteristisches Ölbild dieser Zeit ist das im Bild signierte und 1900 datierte ganzfigurige Porträt der fünfzehnjährigen Helene im spanischen Kostüm. Stilistisch weist es mit seinen im „Lenbachbraun" gehaltenen Farbtönen auf seine vorausgegangenen realistischen Gemälde, um gleichzeitig den Anfang zu weiterem „Arbeiten mit breiten Linien" der kommenden Jahre zu markieren. 1903 reiste Jawlensky nach Paris. Er traf dort Henry Matisse und Marie Curie*. Ihr Porträt aus diesem Jahr bestätigt einen frühen Einfluss van Goghs. Marie Curie (1867 - 1934 war eine Physikerin polnischer Herkunft, die in Frankreich wirkte. Sie untersuchte die 1896 von Henri Becquerel beobachtete Strahlung von Uranverbindungen und prägte für diese das Wort „radioaktiv". Im Rahmen ihrer Forschungen, für die ihr 1903 ein Nobelpreis für Physik und 1911 der Nobelpreis für Chemie zugesprochen wurde, entdeckte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Pierre Curie die chemischen Elemente Polonium und Radium. Marie Curie ist bisher die einzige Frau unter den vier Mehrfach-Nobelpreisträgern und neben Linus Pauling die einzige Person, die Nobelpreise auf zwei unterschiedlichen Gebieten erhalten hat.1906 war sie die erste Frau, die an der Pariser Universität Sorbonne lehrte.

Im Sommer 1908 kam es zur Zusammenarbeit zwischen Jawlensky, Werefkin, Kandinsky und Münter. 1908 hatten Werefkin, Jawlensky, Adolf Erbslöh und Oscar Wittenstein die Idee, die Neue Künstlervereinigung München zu gründen. 1909 wurde Kandinsky zum ersten Vorsitzenden gewählt. 1910 : zur zweiten Ausstellung der Neuen Münchner Künstlervereinigung kam Franz Marc. Auch August Macke besuchte Jawlensky und Werefkin. Dann kam Kandinsky aus Russland zurück. Schließlich traf Franz Marc ein, zusammen mit Helmuth Macke, dem Vetter von August Macke. Im Herbst 1912 lernte Jawlensky, Emil Nolde auf der Ausstellung in München kennen. 1917 zogen Jawlensky und Werefkin in die Schweiz, wo er seine Reihe der Mystischen Köpfe zu malen begann. Als Inspiration diente ihm nunmehr das menschliche Gesicht. In der Regel handelt es sich um Frauenköpfe.

Alle genannten Künstler sind in der Ausstellung vertreten.

Drei Kataloge werden im Museumsshop zur Ausstellung angeboten.

 

Kunstmuseum Solingen

Wuppertaler Str. 160

42653 Solingen

www.kunstmuseum-solingen.de

di-so 10-17 Uhr