Ist das staatlich finanzierte virtuelle Museum „Künste im Exil" eine Doppelung?

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Courtesy Exile Archiv

von Alexander Forbes, ARTINFO Deutschland

Published: 15 Mai 2012

Die Wuppertaler Else-Lasker-Schüler-Gesellschaft hat Kulturstaatsminister Bernd Neumanns Ankündigung eines geplanten virtuellen Museums zu Ehren bildender Künstler, Musiker, Schriftsteller und Filmemacher, die während des Aufstiegs der Nazis vertrieben wurden, scharf kritisiert. In einem Brief an den Minister heißt es, das geplante Museum sei eine „teure Doppelung", eine solche Datenbank vertriebener Künstler existiere bereits.

Seit fast zehn Jahren sammelt www.exil-archiv.de die Biografien und Geschichten marginalisierter Künstler, Kreativer und Intellektueller. Nach Angaben von Hajo Jahn, der das Archiv initiierte und als dessen Vorsitzender auftritt, ist in dieser Zeit eine Sammlung von 1600 Quellen entstanden. Laut der Website des Archivs wird das Projekt laufend aktualisiert: „Dieses virtuelle ,Zentrum der verfolgten Künste' wird nie fertig werden können, es ist eine unendliche Geschichte", steht dort zu lesen. Das Archiv kombiniert biografische Angaben mit Zitaten und originalen Tonaufnahmen, die einen eindrucksvollen Überblick über die Vielzahl prominenter wie unbekannter Exilanten geben.

Das von Neumann geplante Projekt sieht keine Erweiterung dieser Datenbank vor, sondern einen mit 745.000 Euro finanzierten Neustart. Realisiert werden soll das virtuelle Museum vom „Deutschen Exilarchiv" der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt, dem Literaturarchivs in Marbach und weiteren Partnern.

Das aktuelle Exilantenarchiv entstand ebenfalls nicht als Privatinitiative. Laut Jahn wurde es vor zehn Jahren durch die damalige rotgrüne Regierung finanziert. Da die Finanzierung auslief und keine Anschlussfinanzierung zustande kam, haben sich die Aktivitäten der Datenbank in den vergangenen Jahren jedoch merklich verringert. Für den Bund wäre es einerseits einfacher, ein Projekt ganz neu aufzuziehen, da ein Initiator wie Jahn weder der Gestaltung widersprechen, noch eine Beteiligung am möglichen Erfolg für sich beanspruchen könnte. Andererseits würde dieses Vorgehen das Projekt von vorneherein eher zu einer Prestige-Angelegenheit machen, denn zu einem geerdeten, gesellschaftlich orientierten Unternehmen.