Kontroverse

„Öffentliche und infame Ausgrezung"?

Norbert Küpper, Köln: „Seit geraumer Zeit macht sich in Wittlich, der Stadt in bis 2010 das Georg-Meistermann-Museum stand, Unmut über die Stadtverwaltung breit. Zwei ehemalige Kulturreferenten und Bürger der Stadt äußerten sich unabhängig von einander in der Tageszeitung Trierischer Volksfreund mittels Leserbriefen zu den Entscheidungen der Verwaltung, des Stadtrates und dem Führungsstil des Bürgermeisters Joachim Rodenkirch. Wie im Trierischen Volksfreund nicht unüblich, gab es eine Erwiderung mittels eines anderen Leserbriefes, den das Stadtratsmitglied Klaus Petry verfasste. Dieser grenzte die beiden Leserbriefschreiber in beleidigender Form aus und lobte das „quirlige kulturelle Leben" der Stadt, das sich in einem neuen Wir-Gefühl entfalte. Diese öffentliche und infame Ausgrenzung der zwei Personen im Widerspruch zu dem vermeintlichen „Wir" und die unprofessionelle Kulturpolitik veranlassten mich auch einen Leserbrief an den Trierischen Volksfreund zu senden. Dieser wurde am 4. September 2012 veröffentlicht. Allerdings nahm die Redaktion drei nicht unerhebliche Kürzungen vor. Hier nun der vollständige Wortlaut zur Diskussion gestellt":

Das teure Wir einer desaströsen Kulturarbeit

Ulrike Möhn enttarnt Klaus Petry als Kulturabstinenzler, der über das Wirgefühl der angeblich quirligen, neuen Wittlicher Kultur schwärmt. Nach außen dringen nur die Ausstellungen eines „traditionsbehafteten" Oberscharführer der Hitlerjugend, „modern" vorgegaukelte, über 500 Jahre alte Kunstschätze aus Südamerika und das zerstörende Zerschnibbeln von Georg-Meistermann-Kartons. Die dazu verwendete Schere reichte man dann einem Pianisten, der mit „an"biedermeiernden Scherenschnitten Gedenkarbeit (?!) in der Alten Synagoge leistete. Dies ist doch allenfalls gequirlte städtische Ausstellungsarbeit, für die man im Vergleich zu früher heute fast das Achtfache an Gelder verpulvert. Den Erfolg macht Petry in dem von Bürgermeister Rodenkirch propagierten „Wirgefühl" fest. Zu diesem „Wir" gehört auf keinen Fall die US-Restaurant-Chefin H. Murray mit neuen Geschäftsideen, die „unsrer Sache"(ital. „cosa nostra") entgegensteht bzw. „uns" als altbacken entblößt. Der Anlass von Petrys Leserbrief war die Kritik der ehemaligen Kulturamtsleiter Hansen und Dr. Calleen an der heftig dahinsiechenden Stadt. Auch diese beiden Wittlicher Bürger schließt Petry explizit aus dem „Wir" aus, weil sie zum einen erfolgreiche Kulturarbeit geleistet haben und zu anderen die Schwachstellen im heutigen Wittlicher Kulturleben aufdecken. Das wahre „Wirgefühl" haben heute nur noch die absoluten Jasager in Verwaltung und Rat. Und die „ehrenwerten" Elite möchte alle anderen gleichschalten. Diese Form von Wir(r)gefühl findet sich bundesweit immer wieder bei Liebhabern von NS-Kunst, wie die Hanns-Scherl-Werke zeigen. Ulrike Möhn und der Rechnungshof von Rheinland-Pfalz dürfen sich nicht mehr zu diesem Wirgefühl zählen. Und so werden es immer weniger! Hoffentlich bildet sich in Wittlich neben dem offiziellen „Wir" eine Gruppe der ausgeschlossenen „Ihr", die ihren Unmut deutlicher kundtut. Zu wünschen wäre es.

Norbert Küpper M.A., Maler und Kunsthistoriker, Köln

Leserbriefe stellen die persönliche Meinung des Verfassers dar. Die Else Lasker-Schüler-Gesellschaft stellt diesen Raum für kontroverse Themen und Auseinandersetzung im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur Verfügung, um eine Diskussion zu ermöglichen.

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