Stadtspaziergang auf den Spuren von Else Lasker-Schüler

GEBURTSHAUS

Herzogstr. 29, 42103 Wuppertal

im Zweiten Weltkrieg zerstört. Am heutigen Gebäude befindet sich eine Bronzetafel mit dem (leider nicht genannten) Titel „Weltflucht“ und einem Erinnerungstext, der unerwähnt lässt, dass Else Lasker-Schüler auch eine Poetin der Zeichenfeder war, Romane und die drei Theaterstücke „Die Wupper“, „Arthur Aronymus und seine Väter“ sowie „IchundIch“ geschrieben hat: 

„Vormals stand hier das Geburtshaus der bedeutenden expressionistischen Lyrikerin Else Lasker-Schüler. Geboren am 11. Februar 1869, verbrachte sie Kindheit und Jugend in der Sadowastraße 7. Als Jüdin bekam sie frühzeitig die Verfolgung durch den Nationalsozialismus zu spüren. Sie emigrierte 1933 in die Schweiz und starb am 22. Januar 1945 in Jerusalem.“

 

Ich will in das Grenzenlose

Zu mir zurück,

Schon blüht die Herbstzeitlose

Meiner Seele,

Vielleicht ists schon zu spät zurück.

O, ich sterbe unter euch!

Da ihr mich erstickt mit euch.

Fäden möchte ich um mich ziehen 

Wirrwarr endend!

Beirrend,

Euch verwirrend,

Zu entfliehn

Meinwärts!

  

„Meinwärts“ ist eines der vielen Zauberwörter der Sprachalchemistin ELS. Es inspirierte den Münchner Bildhauer Stephan Huber zu dem Denkmal, das sich wenige Schritte westlich befindet, gegenüber dem Haus Herzogstraße 42. Das gehörte Aron Schüler. Er hatte hier im Februar 1894 seiner frisch mit dem Arzt Berthold Lasker verheirateten Tochter eine komfortable Etagenwohnung mit sechs Zimmern, zwei Mansarden und Kellerräumen eingerichtet. Schon wenige Monate später zog das Ehepaar nach Berlin. Heute befindet sich hier das Büro der Else Lasker-Schüler-Gesellschaft mit Fenstern nach Süden, wo sich ca. 500 m entfernt die Historische Stadthalle befindet, in der die Dichterin am 22. Oktober 1912 im „Kaisersaal“ (heute Mendelssohn-Saal) ihre letzte Lesung in Wuppertal hatte. Ein Abstecher zu dem Jugendstilgebäude lohnt sich.

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ELSE LASKER-SCHÜLER-GESELLSCHAFT E.V.

Herzogstr. 42, 42103 Wuppertal

Die Literaturvereinigung, gegründet am 23. November 1990, pflegt das literarische und künstlerische Werk der 1869 in (Wuppertal-) Elberfeld geborenen, während der Nazizeit verfolgten und 1945 in Israel gestorbenen malenden Dichterin Else Lasker-Schüler, um es als wichtigen Beitrag zur deutsch-jüdischen Kultur lebendig zu erhalten. Die Gesellschaft unterstützt die Else-Lasker-Schüler-Forschung, regte die Herausgabe einer kritischen Gesamtausgabe an und vergibt alle zwei Jahre einen Lyrikpreis. Sie versteht sich als „politische“ Lyrikgesellschaft – gegen Antisemitismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit – für Toleranz.  Die ELSG initiierte das „Zentrum für verfolgte Künste“ (in Solingen) als nationale Einrichtung gegen die „Universalität des Vergessens“. Dafür wurde nach Dichterlesungen in Aslybewerberheimen – ausgelöst durch Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte 1992 in Mölln, Hoyerswerda oder Rostock – die Stiftung für ein Else Lasker-Schüler-Zentrum der verfolgten Künste gegründet. 2004 fusionierte die Stiftung mit der „Bürgerstiftung für verfemte Künste mit der Sammlung Gerhard Schneider“. Die Sammlung Schneider umfasst Bilder verfemter Künstler. Die ELS-Stiftung brachte in das „Zentrum für verfemte/verfolgte Künste“ (im Kunstmuseum Solingen, Wuppertaler Str. 160), die (Exil-)Literatur-“Sammlung Jürgen Serke“ ein sowie das virtuelle Zentrum im Internet: www.exil-archiv.de, der Nachfolge-Homepage für das pädagogische Online-Magazin www.exil-club.de. Dauerleihgaben sind 23 Originalzeichnungen von Else Lasker-Schülersowie der Bilderzyklus „Genotzüchtigte Kunst“ I - V und das Bild „Die Heilige Familie“ von Oscar Zügel als Schenkung des Oscar Zügel-Archivs „Kunst und soziale Verantwortung“ an die ELS-Gesellschaft.

Zur (ehrenamtlichen) Arbeit gegen das Vergessen gehört Information. Unsere rund 1.200 Mitglieder erhalten alle drei Monate einen Newsletter. Normalerweise ist das Büro während der üblichen Arbeitszeiten besetzt. Gern stehen wir Besuchern in dem Haus, in dem die Dichterin zuletzt in Wuppertal wohnte, für Auskünfte und Gespräche zur Verfügung.

Herzlich willkommen. 

Bildschirmfoto 2019 10 20 um 15.17.19„Meinwärts“: In sich geschlossen stehen sich zwei Stelen aus schwarzem Granit mit dem Porträt der Dichterin gegenüber. Das Bildnis nach einem vom Computer bearbeiteten Foto von 1919/20 wird in Mosaikform seitenverkehrt zurückgeworfen. Erst bei genauerem Hinsehen zeigt sich das scheinbar schwarz-weiße Kunstwerk in 19 zarten Farbtönen aus jeweils 28.000 Steinchen. Die Granitplatten des Fundaments haben die Maße 245 x 365 cm und tragen die Inschrift 

ELSE LASKER-SCHÜLER: MEINWÄRTS

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ELSE LASKER-SCHÜLER-ARCHIV

Kolpingstr. 8

Vom Denkmal aus überquert man die Neumarktstraße und erreicht linker Hand die Kolpingstraße 8 mit der Zentralbibliothek der Stadt Wuppertal. Hier befindet sich das ELS-Archiv mit dem Armin T. Wegner-Zimmer; der Schriftsteller und Pazifist Wegner war Zeit-genosse von ELS und stammt ebenfalls aus Elberfeld (geboren 1886, gestorben 1978 in Rom).

Das Archiv der Stadtbibliothek Wuppertal wurde nach der Befreiung von den Nationalsozialisten gegründet. Es wurde im Laufe der Zeit  nach der Nationalbibliothek Jerusalem und dem Literaturarchiv Marbach eine der umfangreichsten Sammlungen. Bedeutendste  Leihgabe der ELS-Gesellschaft ist eine Replik der Totenmaske der Dichterin.

Zum Archiv in der Kolpingstraße gehören u.a. Originalzeichnungen, Fotos, Erstausgaben, Widmungsexemplare und Zeichnungen sowie Drucke von Gedichten, Essays, Aufsätze, Anthologien, außerdem Zeitungsartikel und Übersetzungen, Dissertationen, Examensarbeiten, Vorträge, Monographien, Tonträger, Fernseh- und Rundfunkaufzeichnungen über ELS, Unterlagen über ihre Familie und ihre Schauspiele.

Öffnungszeiten der Zentralbibliothek:

Montags bis Freitags 10.00 – 19.00 Uhr

Samstags 10.00 – 13.00 Uhr, Mittwochs geschlossen.

Besuch des ELS-Archivs nach telefonischer Vereinbarung unter 0202 563 2762

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Weiter geht die Route über den

LAURENTIUSPLATZ

„Die lutherische Religion hatte nämlich in meiner Heimat über die katholische Religion das Übergewicht gewonnen, und immer gab es Streitigkeiten zwischen den Lutherischen und den Katholischen, zumal in Wupperthal die lutherische Sekte der Mucker lebte. Doch immer mußten es die Juden am Ende auffressen…“

ELS-Essay „St. Laurentius“. Hier wirkte ab 1845 vier Jahre lang der katholische Kaplan Adolf Kolping. Er wurde unsterblich durch eine Idee des Elberfelder Bürgers Johann Gregor Breuer. Der hatte 1846 den Katholischen Gesellenverein gegründet, der als „Kolpingwerk“ noch heute international bedeutsam ist.

Im Schatten  der Zwillingstürme der Laurentiuskirche erlebte Else Lasker-Schüler als Schulkind Antisemitismus und Sprüche wie: „Hepp, hepp! Jud, hast Speck gefreten! Spuck ut, spuck ut!“

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LYZEUM WEST

Auf den Spuren von „Prinz Jussuf“ folgen wir der Friedrich-Ebert-Straße westwärts und biegen nach links in die Sophienstraße ab. Nach dem Passieren des Fußgängerübergangs kommt man in die Alsenstraße. Wo sich heute ein Parkplatz an der Ecke Bundesallee/Alsenstraße befindet, stand einst das Lyzeum West.

Das Mädchen „Elsken“ besuchte das Lyzeum West, auch „Städtische Höhere Töchterschule“ genannt, ein modellhaftes „Institut für Mädchenbildung“. Möglicherweise wegen antisemitischer Erlebnisse soll sie die Schule abgebrochen, mit dem so genannten „Veitstanz“ reagiert und Privatunterricht erhalten haben. Ob das so war oder eine ihrer erfundenen Geschichten ist, darüber streiten sich die Gelehrten. Sie selbst schildert in ihrem Lebenslauf als einzige Frau in der berühmten Lyrikanthologie „Menschheitsdämmerung“ von Kurt Pinthus den Sachverhalt so: „Ich ging bis 11 Jahre zur Schule, wurde Robinson, lebte fünf Jahre im Morgenland, und seitdem vegetiere ich.“ Privatunterricht habe sie von Fräulein Lichtenstein erhalten, „aber ich lernte nicht bis drei zählen. Damals war mein Herz noch eine frische Herzkirsche, und das war es ja eben, die Schule ließ mich immer den Stein fühlen.“

Über die Bundesallee führt die Route zum Robert-Daum-Platz, rechts in die Briller Straße und nach etwa 400 m links in die Sadowastraße.

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ELTERNHAUS

Sadowastraße 7

In dieses mehrgeschossige Haus am Fuße einer zur „Kaiserhöhe“ steil ansteigenden Straße war die Familie Schüler von der Herzogstraße gezogen. Hier verbrachte Else ihre nach eigenem Bekunden glückliche Jugendzeit bis zur Heirat. Eine an sie erinnernde Gedenktafel wurde erst 22 Jahre nach ihrem Tod 1967 privat initiiert, gestiftet von der Wuppertaler Familie Abeler:

„In diesem Haus verlebte die große deutsche Lyrikerin Else Lasker-Schüler (geb. 1869) ihre Kindheit und Jugend. Sie starb fern von hier am 22.1.1945 in Jerusalem“.

Kein Wort davon, dass sie Jüdin und ein Opfer des Nationalsozialismus war. Und eine Malerin, deren Bilder als „entartet“ 1937 aus der Berliner Nationalgalerie entfernt worden waren.

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JÜDISCHER FRIEDHOF UND ANDERE ERINNERUNGSORTE

Auf dem Friedhof Weißenburgstraße, den man mit der Buslinie 623 vom Hauptbahnhof aus erreicht, liegen die Eltern und Paul Carl Schüler, der Lieblingsbruder von Else Lasker-Schüler, begraben. Den Torschlüssel erhält man nur über vorherige Anmeldung, z.B. über die Begegnungsstätte Alte Synagoge – Telefon 0202 5632843

Weitere Orte, die mit der Dichterin in Verbindung zu bringen sind:

  • Von der Heydt-Museum, Turmhof, liegt in der Verlängerung der Herzogstraße ostwärts. Zur Sammlung gehören zwei Else Lasker-Schüler-Portraits: Das eine stammt von Stanislaus Stückgold, das andere und berühmtere von Jankel Adler; beide Künstler stammen aus Polen.
  • Die Else Lasker-Schüler-Straße, die seit 1968 so heißt, befindet sich in der Nähe der Gesamtschule Else Lasker-Schüler.

Plan

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